• Nina Zulliger überreicht Dieter Braun (und den andern Referenten) als Dank einen Geschenkkorb. · Bild: Felix Deprez

05.12.2016
Oberaargau

«Älter werden» von Fachreferenten durchleuchtet

An einer öffentlichen Informationsveranstaltung der SVP Madiswil im Saal des «Bärens» referierten Dieter Braun, François Felber, Rudolf Graf und Christian Zaugg. Sie präsentierten eindrücklich die verschiedenen Aspekte zum Thema «älter werden».

Madiswil · Christian Zaugg, Leiter Alterszentrum Lotzwil, wartete mit zwar wenig überraschenden, doch sehr bemerkenswerten Zahlen auf. So weisen die Schweizer weltweit die höchste Lebenserwartung auf. Der Anteil Senioren werde bis 2030 noch um zirka 40 % steigen, parallel dazu auch die Pflegebedürftigkeit. Dabei seien im Oberaargau 1088 Pflegeplätze vorhanden, es würden jedoch keine weiteren geschaffen, habe doch der Kanton diese Obergrenze festgelegt.
Folglich, so der Referent, müssten eigene Ressourcen verstärkt ausgeschöpft werden, indem Alterwohnungen, Betreutes Wohnen oder die Spitex stärker benutzt würden. Mit dem Hintergrund, dass Pflegekosten und der Selbstkostenanteil ansteigen werden, müsse die Spitex intensiver genutzt, zusätzlich auch ausgebaut werden. Und schliesslich sei ein Eintritt ins Alterspflegeheim erst bei mittlerer Pflegebedürftigkeit ins Auge zu fassen. Vorher zahle der Kanton nichts an die Kosten.

Bewegung und gesunde Ernährung
«Wann ist, wann wird man alt?», diese Frage stellte Dieter Braun, Gruppenpraxis Zelgli Madiswil, zu Beginn seiner spannenden Ausführungen. «Wir werden älter, kränker und teurer», so der Arzt weiter.  Die heute 60- bis 80-Jährigen würden als aktive Senioren gelten; ab 80 jedoch setze eine Fragilisierung ein, ab 90 folgen Pflegebedürftigkeit und Lebensende.
Nicht zufällig lebe in der Schweiz jeder achte Arbeitnehmer vom Gesundheitswesen; einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor stelle es also dar. Im Alltag wesentlich für ein gesundes Altern sei die Aufnahme von Omega3-Fettsäuren, Vitamin D, welches über die Sonneneinstrahlung produziert werde, sowie viel Bewegung. Menschen, welche sich immer schon bewegt hätten, wiesen eine siebenfach höhere Lebenserwartung auf. Der Eiweissbedarf müsse ebenfalls abgedeckt werden, um dem Muskelabbau vorzubeugen. Die richtige Ernährungsweise sei dabei grundlegend.
Im Weiteren äusserte sich François Felber von Pro Senectute Langenthal zu Grundlage und Dienstleistungen der Pro Senectute. Diese arbeite im Auftrag des Bundes, ausserdem zahlten Kanton und Gemeinden finanzielle Beiträge. Als essentiellen Bestandteil ihrer Arbeit hob er die kostenlose und vertrauliche Sozialberatung hervor; zu persönlichen und familiären Fragestellungen wie auch zu Aspekten des Wohnens, der Zusammenarbeit mit Behörden und auch bei rechtlichen Problemen böten sie Hilfestellungen an. Zudem stünden Fragen zu finanziellen Problemen, Patientenverfügungen, zu Ergänzungsleistungen wie auch Hilfen zu Hause im Vordergrund; stets mit dem Ziel, die Selbständigkeit zu bewahren. Mehr gesunde Lebensjahre zu Hause und weniger pflegeaufwändige Tage im Heim – so das Motto. Ein reichhaltiges Bildungsangebot rundeten das Angebot ab.

Hintergrund und Ausblick
Rudolf Graf, Notar, Aarwangen, erinnerte gleich zu Beginn seiner Ausführungen daran, dass die AHV 1925 in die Bundesverfassung aufgenommen, erst 1948 jedoch die erste Rente ausbezahlt worden sei. 1966 wurde das Versicherungswerk mit den Ergänzungsleistungen verfeinert und aufgewertet; mit weiteren beeindruckenden Zahlen setzte er seine Erläuterungen fort. So sei 1985 das Pensionskassen-Obligatorium hinzugekommen. Im vergangenen Jahr hat die AHV 41 Milliarden Franken Versicherungseinnahmen verzeichnet, anderseits hätten die Pensionskassen an 700 000 Pensionierte 120 Milliarden Franken ausbezahlt.
Der Bundesrat hat 2014 Reformbestrebungen aufgegleist, in welchen beabsichtig ist, die erste und zweite Säule gleichzeitig zu aktualisieren. Man geht von einem gemeinsamen Rentenalter 65 aus; allerdings wäre die Pensionierung individuell zwischen 62 und 70 Jahren wählbar. In vier Etappen würde dabei eine Rentensenkung von insgesamt 12 % angestrebt, eine Mehrwertsteuererhöhung von 1,5 %, sowie der Beiträge von Arbeitnehmern und -gebern zur Diskussion gestellt. Neu würde auch der gesamte Lohn versichert (also ohne Koordinationsabzug), was bedeutet, dass jeder noch so wenig Verdienende, das Einkommen ab 14 000 Franken für die AHV angeben müsste. Stände- und Nationalrat haben erste Beratungen durchgeführt und dabei unterschiedliche Auffassungen kundgetan.

Von Felix Deprez