• Die zweite Mannschaft beim SC Langenthal wird aufgelöst. Beide Seiten müssen nun nach neuen Lösungen suchen. · Bild: zvg

28.05.2018
Sport

Auf zwei Seiten viel Geschirr zerschlagen

SC Langenthal – Der SC Langenthal hat bekanntgegeben, dass die vereinseigene zweite Mannschaft aufgelöst wird. Während die eine Seite der anderen vorwirft, vor allem zu konsumieren und wenig zu leisten, beklagt die zweite Seite, zu wenig Zeit erhalten zu haben, um etwas für das Fortbestehen zu leisten. Am Schluss ist beidseitig viel Geschirr zerbrochen – und das trifft auch den SCL-Nachwuchs.

Eishockey · Bereits zwei Wochen ist es her, dass der SC Langenthal in einer Mitteilung vermeldet hat, dass er künftig auf Aktiv-teams in der Nachwuchsorganisation verzichten wird. Das eigentliche Ziel war es, die beiden Mannschaften – die SCL-Damen und das zweite Herrenteam des SC Langenthal – in den Verein überzusiedeln. Dafür gab es aber Auflagen, welche die beiden Mannschaften erfüllen mussten. Gemäss Thomas Fürderer, neuer Geschäftsführer der SCL Nachwuchs AG, war dies in erster Linie die finanzielle Unabhängigkeit sowie das Stellen von genügend Spielern und einem Trainer. Die Damen haben diese Auflage erfüllt, die zweite Mannschaft aber nicht. Die Konsequenz erscheint auf den ersten Blick drakonisch: Das «Zwöi» wird aufgelöst.

Drei Auflagen erteilt
Doch was war passiert? Schon im November hatte die SCL Nachwuchs AG entschieden, dass sie künftig keine Aktivteams mehr in ihrer Organisation führen will. In der Medienmitteilung steht nun geschrieben: «Primäre Aufgabe der Nachwuchs AG ist die Jugendförderung und -ausbildung.» Das Führen und Unterhalten von Aktivteams gehört da nicht dazu. «Anfangs Februar haben wir erste Gespräche mit Verantwortlichen von den Damen und der zweiten Mannschaft geführt», erklärt Thomas Fürderer.
Anfang April hat der Verein SC Langenthal diesen Personen die Auflagen mitgeteilt, um den Fortbestand der Teams im Verein sicherzustellen. Per Ende April werden im Eishockey jeweils die Teams für die neue Saison gemeldet, weshalb per 24. April die Auflagen erfüllt sein mussten – so blieb noch eine letzte Zeitreserve.
Zwischenzeitlich hat sich bei der zweiten Mannschaft ein eigener Vorstand von Helfern gebildet. Michael Widmer war bei dieser Entwicklung von Anfang an dabei und versuchte, die zweite Mannschaft zu retten. «Wir haben die Aufgaben verteilt und versucht, die Auflagen zu erfüllen», erklärt der «Zwöi»-Spieler.

Grösstes Problem: Die Finanzen
Gerade die finanzielle Komponente war für ihn nur schwer lösbar. Eine Zweitliga-Mannschaft verschlingt jährlich ein Budget von etwa 60 000 Franken, alleine mit Mitgliederbeiträgen – pro Spieler 1180 Franken, inklusive Sponsorenlauf – und Einnahmen vom Weihnachtsmarkt konnte dies aber nicht gedeckt werden. Die Sponsorensuche verlief derweil harzig. «Wir hatten zwei bis drei Sponsoren, letztlich blieb aber bis zur Deadline ein Betrag von rund 15 000 Franken ungedeckt», gibt Widmer zu. Immerhin wurden neue Spieler gefunden, ein Trainer sei auch vorhanden gewesen, meint Widmer. Fürderer aber verneint später, dieser sei erst nach der Deadline vermeldet worden. Sowieso, sagt Widmer, sei es für die Spieler, meist «Büezer», schwierig gewesen, diesen Aufwand zu leisten.
Für Michael Widmer ist deshalb klar: «Es war ein Effort von uns vorhanden. Uns wurde gesagt, dass man einen Effort sehen will, den haben wir geleistet.» Entsprechend gross ist die Enttäuschung gegenüber dem Schlittschuhclub Langenthal, auch wenn er versteht, dass der Verein keine Defizit-Garantie für eine Zweitliga-Mannschaft leisten will. «Die Zeitspanne war schlicht und einfach zu kurz. Uns hätte wahrscheinlich nur ein Monat gefehlt.» Der radikale Schritt des Vereinsvorstandes habe die Mannschaft enttäuscht.
Thomas Fürderer versteht den Unmut und gesteht auch Fehler ein. «In den letzten Jahren haben wir uns in sportlicher Hinsicht wahrscheinlich zu wenig um dieses Team gekümmert. Unsere Prioritäten lagen bei anderen Aufgaben», sagt der Nachwuchs-Geschäftsführer. Was zuerst noch gut lief – früher war die zweite Mannschaft selbsttragend und erfolgreich – wurde für den SCL immer mehr zum Klotz am Bein. «Wir haben ihnen die Situation klar mitgeteilt und drei Auflagen bekanntgegeben. Am 24. April konnten sie aber nicht eine davon erfüllen.» Der Vereinsvorstand habe deshalb einstimmig entschieden, das «Zwöi» im Vereinskonstrukt nicht aufzunehmen. Das Risiko sei insbesondere in finanzieller Hinsicht zu gross, eine Defizitgarantie wollte zudem kein aussenstehender Sponsor sprechen. «In dieser Mannschaft ist eine Konsum-Haltung entstanden. In letzter Zeit wurde vor allem konsumiert und nur wenig geliefert», zeigt sich Fürderer enttäuscht. Hätten sich beispielsweise einzelne Spieler als wertvolle Nachwuchs- oder Vereinsfunktionäre herausgestellt, so wäre die Situation anders beurteilt worden. Meist konnte die Mannschaft aber nicht einmal Funktionäre für die eigenen Spiele auftreiben. Vom letztjährigen Team sei aber kein einziger Spieler beispielsweise als Juniorentrainer oder -funktionär im Einsatz. Die Mannschaft als Absicherung im Falle eines Konkurses des NLB-Teams am Leben zu erhalten, sei ebenfalls kein Thema gewesen, weil dieses Szenario dank dem Stadionentscheid in weite Ferne gerückt ist.
Dass der SCL wegen der fehlenden zweiten Mannschaft in der vierten Liga neu beginnen müsste, sei kein Problem, weil ein Konkurs in den nächsten Jahren keineswegs droht. Auch andere Nationalliga-Teams führen zudem längst keine ähnliche zweite Mannschaft mehr.

Auslagerung zu Zuchwil Regio
Die Konsequenz der Irrungen und Wirrungen? Beide Seiten müssen sich nach einer Lösung umsehen. Während die SCL Nachwuchs AG kein Auffangbecken für mittelmässig talentierte Spieler besitzt, brauchen die Spieler der ehemaligen zweiten Mannnschaft einen neuen Verein. Während Fürderer sagt, dass nun Lösungen gesucht werden – «Wir suchen immer für jeden Spieler eine Anschlusslösung» –, verkündet Michael Widmer bereits freudig die Lösung für die Ex-Spieler der zweiten Mannschaft. «Zuchwil Regio hat nach dem Zwangsabstieg Spieler gesucht, die eine Rückkehr in die zweite Liga schaffen können. Unsere 15 Spieler gehen geschlossen nach Zuchwil», sagt Widmer. Die Lösung sei sehr gut, auch weil man nun den Status einer «ersten Mannschaft» hat. Die Unterstützung sei vorhanden, entsprechend sei die Freude im Team nach den Querelen mit Langenthal zurückgekehrt.
Damit kühlt sich der Ärger auf beiden Seiten bereits ab. Auch Fürderer gibt sich versöhnlich: «Wir streben eine Partnerschaft mit einem Team an, in welchem unsere austretenden Junioren mitspielen können, wenn sie in der Swiss League oder der MySports League keinen Anschluss finden. Zuchwil Regio kann dafür, wenn sie den Aufstieg schaffen, ein Thema sein.» Vorerst bleibt das Geschirr zerschlagen, mit ein bisschen Zeit – oder Leim – wird vielleicht aber auch hier Heilung folgen.

Von Leroy Ryser