• Wo Fragen auftauchen, bespricht man sich gemeinsam.

  • Hausdienst als Bestandteil der Hotellerie.

  • Osterzeit – über 2000 Ostereier werden gefärbt und gekocht.

  • Backen erfordert Genauigkeit … · Bilder: ljw

21.03.2018
Oberaargau

Aufgeblüht im geschützten Rahmen der WBM

Stiftung WBM (1): Hotellerie. Celine Blaser ist Lernende Hauswirtschaftspraktikerin EBA im ersten Lehrjahr. Ihre Ausbildung absolviert sie in der Hotellerie der Stiftung WBM Madiswil. Beim Besuch des «Unter-Emmentaler» stellt sie ihren Alltag im Betrieb vor, ihre ehrgeizigen Zukunftspläne, und sie lässt daran teilhaben, weshalb sie sich in der WBM so wohl fühlt.

Madiswil · «Was, der Guss ist schon auf dem Kuchen? Hast Du nicht etwas vergessen? Macht nichts, nimm ihn aus dem Ofen. Wir machen zuerst Pause, dann kannst du das in Ordnung bringen.» Celine Blaser erklärt der Kollegin ruhig nochmals den Ablauf, widmet sich noch kurz ihrem «Mise-en-place», damit sie nach der Pause gleich mit dem Caketeig beginnen kann und klopft dann dem Kollegen freundschaftlich auf die Schulter: «Chumm, mir mache Pouse». Sie lässt die Viertelstunde kaum verstreichen, steht sie schon wieder in der Küche. «Ist die Essensbestellung noch nicht gekommen? Es sollte jemand nachfragen gehen. Oh, du suchst Arbeit? Dann kannst Du die Schoggistängeli schneiden.» Zwischen dem Abwägen der Zutaten gibt sie hier einen kleinen Tipp, zeigt dort, wie hoch der Rand für die Osterflädli sein muss. «Der Teig zieht sich zusammen. Wir backen diese Osterfladen für einen Kundenauftrag – sie müssen perfekt aussehen und beste Qualität haben», erklärt sie bestimmt. Als kurze Zeit später die Gruppenleiterin Simona Thöny in die Küche tritt, die an diesem Tag für eine erkrankte Kollegin eingesprungen ist, findet sie alles ruhig und in Ordnung vor. Jedes ist mit seiner Arbeit beschäftigt.

Gegenseitige Unterstützung
Da wird das Salatbuffet vorbereitet, wird Rösti gebraten, wird Käsekuchen gebacken. «Hat jemand die Kaffeemaschinen gereinigt?», fragt Celine Blaser unvermittelt. Die Crew blickt von der Arbeit auf. Nein ... Einer meint: «Ich weiss nicht mehr wie, habe es noch nicht oft gemacht.» «Also, komm, ich zeige es dir.» Celine Blaser überlässt Simona Thöny das Teigrühren und geht voraus, erklärt den Vorgang bei der einen Maschine: «Jetzt kannst Du die andere selbst fertig machen. Dann weisst Du morgen noch wies geht.» Die Maschinen sind nun bereit für den Ansturm am Mittag. Ebenso ruhig wie in der Küche geht die Crew später an den Service. Jedes hilft nach seinen Fähigkeiten mit. Dass man sich gegenseitig unterstützt scheint selbstverständlich. Die Mittagspause dauert eine halbe Stunde. Nach dem Mittag folgt die Reinigung nach Wochenplan.
Celine Blaser öffnet Kühlschrank, Backofen … «Sehen Sie, das muss eben regelmässig gereinigt werden, innen und aussen. Der Chromstahl ist aufwändig in der Pflege; jeder Fingerabdruck ist sichtbar …»

Oster(eier)zeit
Die Arbeitspläne lassen auch Raum für saisonale Projekte. Zurzeit ist dies das Eierfärben. Über 2000 Ostereier werden es schlussendlich sein, die an Kunden geliefert oder für die beliebte Eiertütschete am Gründonnerstag in der WBM verwendet werden.
Nachmittags um 16.15 Uhr ist Feierabend; in der Hotellerie geht ein guter, erfüllter Tag zu Ende.
Kaum zu glauben, dass die junge Frau erst vor einem halben Jahr ihre Lehre begonnen hat. Celine Blaser hat eine ausgesprochene Fähigkeit, den Überblick in der Küche zu bewahren, setzt mit Leichtigkeit die Rezepte um, und die Arbeit geht ihr rasch von der Hand. Dazu kommt ihre grosse Sozialkompetenz; ganz selbstverständlich fragen Kolleginnen und Kollegen sie um Rat. Sie hat die Küche perfekt im Griff, obwohl sie nur wochenweise hier ist, denn zur Ausbildung gehören ebenso die Raumpflege und die Wäscheversorgung.
«Wenn ich in der Küche bin, gefällt es mir hier am besten. Arbeite ich in der Wäscherei, mache ich dies ebenso gerne. Die Abwechslung macht meine Ausbildung spannend und vielseitig», strahlt die Lernende.

Gewachsen im richtigen Umfeld
Sie ist aufgeblüht. Die Vorlehre in einem Landwirtschaftsbetrieb und dann das Jahr in der WBM als Praktikerin nach INSOS (Nationaler Branchenverband der Institutionen für Menschen mit Behinderung) PrA Hauswirtschaft haben ihr wertvolles Selbstvertrauen gegeben und schliesslich auch die Voraussetzung, die höherschwellige Ausbildung HWP EBA zu beginnen. Aber nicht nur das Selbstvertrauen, sondern auch der Ehrgeiz ist erwacht. Celine Blaser ist auf dem besten Weg dazu, nach dem EBA-Abschluss die Berufslehre als Fachfrau Hauswirtschaft EFZ anzuschliessen. Auch das EFZ-Berufsdiplom wird sie dereinst in der WBM erwerben können. Seit Jahren engagiert sich die Stiftung WBM mit grosser Kompetenz im Bereich der beruflichen Ausbildungen.
Sie verfügt über ein vielseitiges, wirtschaftsorientiertes Ausbildungsangebot in ganz unterschiedlichen Berufsgruppen und mit auf die jeweilige Person abgestimmten Lernzielen. Begleitet durch qualifiziertes Fachpersonal können hier das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis EFZ, die zweijährige berufliche Grundbildung mit Eidgenössischem Berufsattest EBA oder die praktische Ausbildung nach INSOS PrA abgeschlossen werden.
Oder eben wie im Fall von Celine Blaser eine Ausbildungsstufe nach der andern im Hotellerie-Bereich. Die Hotellerie der WBM umfasst die Wäscheversorgung (Verarbeiten von Betriebswäsche, Berufskleidung, Bewohnerwäsche und Wäsche von privaten Kunden, Restaurants und weiteren), die Reinigung und Hygiene in der Werkstätte und im Wohnheim, die Verpflegung (Produktion von Salaten, Desserts und Apéros) sowie die Pflanzenpflege, den Raumservice und die Dekoration. Ständig werden Betriebszweige ausgebaut, um noch vielseitigere Ausbildungen oder Beschäftigungen anbieten zu können. So besteht seit längerem das Vorhaben, auch die warmen Speisen selber zu produzieren. Die Infrastruktur ist vorhanden. Wegen der unsicheren Finanzlage seitens des Kantons musste diese Idee bisher jedoch aufgeschoben werden.

Ausbildung und Arbeitsplätze
Nebst verschiedenen Arbeitsplätzen für Menschen mit Beeinträchtigung bietet die Hotellerie der WBM Ausbildungsplätze für zurzeit zwei Lernende Fachfrauen Hauswirtschaft EFZ, drei Lernende Hauswirtschaftspraktikerinnen EBA (in einer IV-Massnahme für eine erstmalige berufliche Ausbildung), eine Praktikerin nach INSOS – PrA Küche (mit finanzieller Unterstützung der IV), ab Sommer 2018 eine Lernende Praktikerin nach INSOS – PrA Hauswirtschaft (mit finanzieller Unterstützung der IV) und ebenfalls ab Sommer 2018 erstmals für eine Studierende als Betriebsleiterin in Facility Management HF.
Leiterin der Hotellerie ist Susanne Rentsch. Ihre Aufgaben sind die Evaluation der Lernenden (Absprachen und Vertragsabschlüsse mit den involvierten Stellen sowie Coaching und Begleitung durch alle Stufen bis hin zu einer eventuellen weiterführenden Ausbildung). Dazu kommt das Erstellen von Einsatzplänen, welche auch die umfassende Ausbildung der Lernenden sicherstellen; die Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden, Berufsschulen und überbetrieblichen Kursen (ÜK); unterrichten in ÜK’s; Expertin bei praktischen und schriftlichen Qualifikationsverfahren; erarbeiten von Bildungsplänen/Bildungszielen zusammen mit Lernenden und Gruppenleiterinnen/Gruppenleitern sowie das Erstellen von Bildungsberichten, das Führen von Standortgesprächen und die Personalführung der ganzen Abteilung. Die Gruppenleitenden übernehmen die Betreuung und Begleitung der Lernenden in den jeweiligen Fachbereichen während deren praktischen Einsätzen. Sie vermitteln Fachwissen, begleiten und unterstützen das Erreichen der Bildungsziele. Zudem tragen sie zur Erarbeitung der Bildungsberichte bei.

Von Liselotte Jost-Zürcher