• Sie haben über die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten für Freiwillige informiert (hinten, von links): Matthias Mürner, Armin Brüllhardt, John Weber und Sandra Lambroia Groux. (Vorne, von links): Patrizia Käser, Hanna Stalder, Julia Burkhard und Maja Amstutz. · Bild: war

01.09.2017
Huttwil

Brückenbauer für Flüchtlinge gesucht

Die Gemeinde Huttwil sucht Freiwillige im Bereich der Integration. Zu einem entsprechenden Anlass erschienen erstaunlich viele Interessierte, die sich über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in diesem Bereich informieren liessen. «Wir möchten eine Brücke schlagen zu fremden Kulturen und wir wollen aufeinander zugehen», äusserte Gemeinderätin Sandra Lambroia Groux einen Wunsch gegenüber den Anwesenden.

In der Gemeinde Huttwil leben knapp 600 ausländische Staatsangehörige. Darunter befinden sich momentan 72 Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene, die verteilt in einzelnen Wohnungen leben. Um die kommenden Herausforderungen im Bereich der Integration von Asylsuchenden zu meistern, sucht die Gemeinde Huttwil Freiwillige. Zusammen mit der Reformierten Kirche und der Schule will die Einwohnergemeinde die Organisation «Freiwilligenarbeit Integration» aufbauen. Dazu wurde ein Infoanlass veranstaltet, an dem die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten für Freiwillige vorgestellt wurden. Rund 60 Personen waren in der Aula des Schulhauses Hofmatt anwesend, um sich von den diversen Referenten informieren zu lassen.
Gemeinderätin Sandra Lambroia Groux (Ressort Soziales, Kultur und Freizeit) gab eingangs zu verstehen, dass eigentlich jeder in unserer Gesellschaft einen gewissen Anteil an Freiwilligenarbeit leisten sollte. Viele würden dies auch tun, dennoch wolle man mit dem Aufbau der Organisation «Freiwilligenarbeit Integration» ein neues Angebot schaffen und Leute ansprechen, die sich nicht unbedingt in einem Verein, dafür eher im sozialen Bereich engagieren möchten. «Mit unserem Angebot wollen wir eine Brücke schlagen zu fremden Kulturen in unserer Gemeinde. Wir wollen aufeinander zugehen», formulierte Lambroia Groux ihr Ziel. Für die Gemeinderätin ist klar, dass man mit dem neuen Angebot den Asylsuchenden in erster Linie Unterstützung im alltäglichen Leben bieten möchte. So wolle man damit erreichen, dass die Asylsuchenden innert nützlicher Frist in einem ihnen fremden System eigenverantwortlich handeln können. Freiwillige sollen hier helfen, dass sich die Asylsuchenden in alltäglichen Situationen zurechtfinden. Damit entlaste man beispielsweise die Schulen oder Hausärzte.

Hilfe zur Selbsthilfe
Für interessierte Freiwillige gibt es verschiedene Möglichkeiten und Institutionen, wo sie sich engagieren können. Eine davon ist beispielsweise die Heilsarmee Flüchtlingshilfe (HAF). Diese könne auf eine grosse Erfahrung in der Zusammenarbeit mit freiwilligen Mitarbeitenden zählen. Zudem seien diese Einsätze klar strukturiert und rechtlich abgesichert, erläuterte Armin Brüllhardt, Leiter der HAF-Regionalstelle Langenthal. Er zeigte auf, in welchen Bereichen Freiwillige tätig sein könnten, beispielsweise als Begleiter bei Arzt- oder Spitalbesuchen sowie Gänge zu Ämtern. Auch könne man Unterstützung bieten bei der Freizeitgestaltung, bei der Wohnungs- oder Stellensuche oder man könne gemeinsam kochen, Fahrdienste oder Aufgabenhilfe anbieten oder Deutschunterricht erteilen.
Viele Asylsuchende hätten enorm Mühe, sich hier zurechtzufinden, deshalb sei man auf Freiwillige angewiesen. Auch das Schweizerische Rote Kreuz bietet im Bereich der Freiwilligenarbeit Integration Einsatzmöglichkeiten an, wie Julia Burkhard, Sozialarbeiterin und Freiwilligenkoordinatorin zu verstehen gab. Dazu habe man das Projekt «Freiwilligenarbeit eins zu eins» ins Leben gerufen. Dabei würden Freiwillige Einzelpersonen oder Familien während drei bis zwölf Monaten begleiten und so Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Die Rolle der Freiwilligen sehe während dieser Zeit vor, Vertrauen aufzubauen, soziale Kontakte herzustellen, bei Fragen zu informieren und zu erklären, die Asylsuchenden zu Terminen zu begleiten, administrative Hilfe anzubieten (Post erledigen, Formulare ausfüllen usw.), Hausaufgabenhilfe zu leisten, Deutsch zu üben oder Kontakte zu weiteren Personen in der Nachbarschaft, der Arbeitswelt oder der Bevölkerung herzustellen.

«Café International»
Aber auch die Gemeinde Huttwil wird aktiv. So soll Ende Oktober das «Café International» starten. Dabei handelt es sich um einen Treffpunkt für Einheimische und Menschen mit Migrationshintergrund. Dieser findet jeden Mittwoch von 15.30 bis 17.30 Uhr im Kirchgemeindehaus statt. Hier sollen Kontakte geknüpft werden, will man gemeinsam spielen, die deutsche Sprache üben, aber auch konkrete Hilfe anbieten. «Mit Freiwilligenarbeit im Bereich der Integration können auch unsere Werte vermittelt werden und wir können zudem die Lebensqualität der Asylsuchenden verbessern», ermunterte Armin Brüllhardt die Anwesenden, sich anschliessend in den aufgelegten Freiwilligen-Listen einzutragen.
Auch Schulleiter Pierre Zesiger zeigte sich froh über das neue Angebot und gab der Hoffnung Ausdruck, dass sich möglichst viele in diesem Bereich engagieren mögen. «Die Schule leistet Integration, dennoch sind wir über jede Unterstützung froh, denn unsere Möglichkeiten in diesem Bereich sind begrenzt.»
Der reformierte Pfarrer John Weber und Hanna Stalder vom Heilsarmee-Korps Huttwil erzählten zum Schluss von ihren Erfahrungen im Bereich der Freiwilligenarbeit Integration. Sowohl Weber wie auch Stalder haben Asylsuchende bei sich aufgenommen, leben mit ihnen in einer Wohngemeinschaft und unterstützen die Leute im täglichen Leben. Beide sprachen davon, dass der Kontakt, der Austausch und das gemeinsame Leben mit den Asylsuchenden bereichernd sei, aber hin und wieder auch Enttäuschungen enthalte.

Von Walter Ryser