• Martin Geiser liest aus seinem neuen Roman «Beethoven in Sneakers». · Bild: bma

28.01.2019
Langenthal

Die Dirigenten-Trilogie ist vollendet

Klassische Musik und Schreiben sind die grosse Passion von Martin Geiser. In den Geschäftsräumen der Bader Büro Design AG in Langenthal las der Langenthaler Lehrer aus seinem aktuellen Roman «Beethoven in Sneakers» und vervollständigt damit seine Dirigentenbuch-Trilogie.

In den Räumlichkeiten der Bader AG Büro Design in Langenthal finden regelmässig Anlässe mit Kunstschaffenden oder Lesungen statt. David Bader freut sich über das grosse Interesse und kann rund 100 Besucher begrüs-sen. Locker lehnt sich Autor Martin Geiser an den Tisch und liest vor der eigentlichen Vernissage einen humorvollen Kurztext über Verben und Präpositionen; dies dokumentiert die Verbindung seines Lehrerberufs mit dem Schreiben. Im Oktober 2018 wurde der aktuelle Roman «Beethoven in Sneakers» veröffentlicht. Erneut eine Musikergeschichte, verquickt mit einem Familiendrama und durchwoben von Thriller-Elementen. Lars van Loon und sein Zwillingsbruder Gregor haben sich vor Jahren aus den Augen verloren. Während Lars als Musiker weltweite Erfolge feiert, hat Gregor sein Leben umgekrempelt und lebt auf der Strasse. Auf dem Titelbild sind ein Paar Turnschuhe zu sehen. Ob sich der Autor für seinen Buchtitel «Beethoven in Sneakers» von Kobe Bryants hat inspirieren lassen? Der ehemalige NBA-Star ist ein grosser Bewunderer von Beethoven und daher kreierte Nike vor einigen Jahren einen Basketballschuh «Kobe 9 Beethoven» in Schwarz und Weiss (für Pianotasten).

Schüler lesen mit
Mit Anida Latic und Aswin Ramanesch haben eine Schülerin und ein Schüler aus seiner 10. Schulklasse spontan zugesagt, ihn während dem ersten Teil der Lesung zu unterstützen; nach kurzer Bedenkzeit, wie der Lehrer schmunzelnd bemerkt. Ein mutiger Entscheid der jungen Menschen, die vom Publikum mit Beifall belohnt wird.
Der Einstieg beginnt, als Lars in einer psychiatrischen Klinik erwacht und nicht weiss, weshalb und wo er sich befindet. Nach anfänglicher Geduld ist die burschikose Schwester Hanife sichtlich genervt und führt den Patienten ins Sprechzimmer des Psychiaters. Diesem erzählt Lars von Billardpartien mit Mozart, den Trinkgelagen mit Brahms oder seinen angeregten Gesprächen mit Old Louis, gemeint ist Ludwig van Beethoven.
 Man erfährt von seinen Drogenexzessen und dass er, ein begnadeter und gefeierter Künstler, nur einen einzigen Freund hat, seinen italienischen Manager Carbotti, den er liebevoll Papa Carbonara nennt.
Das Publikum hört gespannt zu, nickt, raunt oder lacht mit. Genauso leichtfüssig wie er schreibt, liest Geiser vor. Wortgewandt und mit kräftiger Stimme. Zwischen den einzelnen Kapiteln, kommt der Autor ins Erzählen:
«Schreiben ist vergleichbar mit der Planung einer Reise. Das Ziel ist definiert, aber der Weg ist offen, mit Kreuzungen und vielen Abzweigungen. Im Kopf habe ich eine Grundidee, die stetig wächst, daraus entwickelt sich eine Handlung mit dem Aufbau und der Dramaturgie.» Der aufwendigste und schwierigste Teil sei das Zusammenführen der verschiedenen Erzählebenen und das Überarbeiten des Stoffs. In seinem zweiten Handlungsstrang macht der Autor einen eindrücklichen Abstecher in die Obdachlosenszene, wo der Zwillingsbruder von Lars verkehrt.

Leben auf der Gasse
Gregor erwacht auf der Parkbank, an einem sonnigen Frühlingstag mit Blick auf die Münsterplattform. Seine wenigen Habseligkeiten, Flachmann mit Kirsch, Filzhut und iPod, finden in einer Ikea-Tasche Platz. Er macht sich auf dem Weg ins Stübli, dem öffentlichen Wohnzimmer von Bern.
Hier in dieser Oase der menschlichen Wärme ist jeder willkommen, hier braucht sich keiner zu schämen. Man darf sich selbst sein wie «Oma» Kurti mit zerzauster Perücke und struppigem Bart. Eine gescheiterte Existenz auf der Schattenseite des Lebens, aber eine Seele von Mensch. Sie zieht mit Jakobeli, einem einäugigen, verfilzten Teddybär im Kinderwagen, durch Berns Gassen.

«Fis, Lars, Fis»
Die erste Begegnung mit Mozart hatte Klein-Lars im Schweinestall seines Opas Willy. Dieser hatte in der alten Scheune eine Musikanlage aufgebaut, um den Eber namens «Churchill» mit Klängen zu beschallen. Aufmerksam lauschte der vierjährige Lars dem langsamen Satz des Klarinettenkonzerts: «Musik!». Opa Willy nickt zufrieden und schenkt seinem Enkel ein zahnloses Lächeln. «Das ist Mozart. Churchill schwört darauf.» «Ozat», echote der kleine Lars und strahlt über das ganze Gesicht. «Mozart. Das grösste Genie, das diese Welt je gesehen hat», betonte der Alte. Die Melodien und Harmonien versetzten Lars in einen Zustand völliger Glückseligkeit. Seine ersten Versuche auf dem unbenutzten Klavier im Nähzimmer seiner Mutter liessen nicht lange auf sich warten. Die wundervollen Töne noch genau im Ohr versuchte er sie wieder zu geben. «Fis, Lars, Fis», hört er Opa Willy jeweils rufen. Und die schwarzen Tasten nicht vergessen! Lars übt beharrlich, bis er Mozarts Melodie fliessend spielen konnte. Vor versammelter Familie strahlt er seinen Grossvater an: «Ozat!» Als seine Mutter bemerkt, wenn seine Locken blond wären, sähe er aus wie ein Engel, streichelt Zwillingsbruder Gregor die Katze auf seinem Schoss und murmelt: «Mein Bruder ist ein Engel.»
Es gelingt dem Autor, die Neugier der Zuhörer zu wecken, sie zum Mitfiebern anzuregen. Man ist gespannt, welches Geheimnis die Zwillinge verbindet oder getrennt hat. Führt das Schicksal die ungleichen Brüder wieder zusammen?

Gut zu wissen
«Beethoven in Sneakers» erhältlich als Taschenbuch ISBN 978-3-7467-7440-4 oder eBook ISBN 978-3-7467-7229-5.

Von Brigitte Meier