• Der Rohrbacher Töffpilot Dominique Aegerter wird in der Moto2-Saison 2018 nicht zu übersehen sein: Sowohl das Rennkombi wie auch die Rennmaschine leuchten in Aegerters geliebtem neongelb. · Bild: Keystone

16.03.2018
Sport

«Ein solcher Support ist wunderbar»

Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Dominique Aegerter, Moto2-Pilot aus Rohrbach – Der 27-jährige Rohrbacher Motorradprofi Dominique Aegerter nimmt am Sonntag in Katar seine neunte Moto2-WM-Saison in Angriff. Trotz der Erfahrung von 181 WM-Rennen und einer Crowdfunding-Aktion, die über eine Viertelmillion Franken einbrachte, ist die Situation des bekanntesten Oberaargauer Sportlers schwierig.

Motorsport · Ihre Crowdfunding-Aktion «I Believe in You» war der Wahnsinn. Sie sammelten eine Viertelmillion – genau 253 418  Franken – in wenigen Tagen. Gingen Sie von diesem rekordverdächtigen Ergebnis aus?
Niemals. Es war ein riesiges Erlebnis. Ich habe immer wieder gespannt auf den Zwischenstand geschaut – und mir die Augen gerieben. In nur drei Tagen war die Hälfte des angestrebten Betrags von 200 000 Franken gesichert. In nur zwölf Tagen war der gesamte Betrag gesammelt. Ein unglaublicher Erfolg. Natürlich möchte ich mich hiermit bei allen Crowdfunding-Mitmachenden ganz herzlich bedanken.

Sie sind ein unerhört beliebter Sportler. Schmeichelt Ihnen dies?
Es ist wunderbar, einen solchen Support zu wissen. Ich bin allerdings meinen Fans auch nahe. Ich brauche meine Fans. Ich kapsle mich nicht ab von ihnen. Besonders freuen mich immer wieder die unzähligen Schweizer Kreuze und Fahnen mit der Nummer 77 an den Rennstrecken. Oder daheim: Die vielen Autos mit der Nummer 77 darauf. Und die vielen Fans mit irgendwelchen Fanshop-Artikeln. Ich bemühe mich natürlich auch, meinen Fans etwas zu geben. Beispielsweise mit der jährlichen Domi-Fighter-Party oder meinen Social Media-Aktivitäten.

Der gesammelte Betrag verteilt sich auf 1497 Geldgeber. Sie stehen nun doppelt unter Druck. Zum einen müssen Sie dieser Vielzahl an Gönnern mit sportlicher Leistung danken.
Ganz klar, diese Leute, die mich finanziell unterstützen, wollen mich fahren sehen. Sie freuen sich, wenn ich Spitzenresultate schaffe. Ich glaube aber, dass diese Fans auch hinter mir stehen, wenn ich einen 10. Platz oder so erziele. Logischerweise möchte ich ihnen aber mit starken Ergebnissen für ihren Support Dankeschön sagen.

Zum anderen gibt es nun bei ausbleibenden Resultaten nicht die Möglichkeit, auf fehlendes Geld für renntaugliches Material zu verweisen. Es ist da – gesprochen von ihren Fans.
Ich habe Top-Material, eine Top-Unterstützung und ein Top-Team mit Kiefer-Racing. Dies stimmt alles. Bloss konnten von den zehn Testtagen des Wetters wegen nur an deren drei gefahren werden. Damit konnte ich mich noch nicht ganz wunschgemäss mit dem neuen Material einfahren. Es konnte in der kurzen Zeit nicht die gewünschte oder notwendige Anzahl Daten gesammelt werden. Zusammengefasst: Es fehlen mir  ganz viele Kilometer von Testfahrten. Der Saisonstart kommt, so gesehen, zu früh. Ich werde aber mein Bestes geben.  

Ihre sportliche Ausgangslage ist sowieso nicht rosig. Bisher kamen Sie mit den KTM-Maschinen überhaupt nicht klar. Wieso sollte sich dies nun 2018 ändern?
Was war, ist geschehen. Vorwärts blicken, heisst die Devise. Und wenn ich das Vertrauen zur Maschine habe und die Feinabstimmung passt, dann ist mit dem KTM-Töff einiges möglich.

Was passiert, wenn die Resultate in der Moto2-WM ausbleiben?
Daran denke ich gar nicht. Die Voraussetzungen sind gut. Und ich verfüge über eine langjährige Moto2-Erfahrung, die mir zugute kommt. Die Resultate werden früher oder später kommen. Mir wäre recht, wenn es schon in Katar soweit wäre.

Alleine für Ihren Durchhaltewillen, Ihr inneres Feuer für den Töffsport ,hätten Sie den Sprung ganz nach vorne verdient. Immer und immer wieder werden Sie aber mit erschütternden Ereignissen konfrontiert, welche Sie daran hindern. Wie denken Sie darüber?
In der Tat hatte ich in den letzten drei Jahren ein riesiges Pech. Nach der Saison 2014 mit WM-Rang 5 und vier Podestplätzen reihte sich ein Zwischenfall an den anderen. Darunter litten die Ergebnisse. Jetzt erhoffe ich mir wieder einmal eine Saison ohne Nebengeräusche. Dann sollte es auf den Rennstrecken klappen.  

Im Januar gab MotoGP-Pilot Jonas Folger bekannt, dass er in dieser Saison keine Rennen fährt. Sie hätten seinen MotoGP-Platz beim Tech3-Yamaha-Team haben können. Wieso haben Sie nicht zugesagt?
In der Tat hatten mein Manager Robert Siegrist und ich mit dem Tech3-Team Kontakt. Es waren aber nur Gespräche – nichts mehr. Dies, weil meine Moto2-Saisonplanung mit dem Kiefer-Team und KTM bereits zu weit fortgeschritten und die Verträge unterzeichnet waren.

Sie sind jetzt 27 Jahre alt. Ist Ihr Traum von der MotoGP damit für immer geplatzt?
Nein, keinenfalls. Es bleibt weiter mein Ziel, einmal in dieser Klasse zu fahren. Tom Lüthi beispielsweise ist im Alter von 31 Jahren in die MotoGP aufgestiegen. Klar, ich habe nicht mehr alle Zeit der Welt. Möglich ist es aber durchaus. Um den Sprung zu einem Topteam der MotoGP zu schaffen, muss ich in der Moto2 konstant starke Leistungen abliefern.

Die Moto2-WM 2018 steht bevor. Es ist ihre neunte Saison in dieser Töffklasse. Was setzen Sie sich für Ziele?
Ich möchte im WM-Gesamtklassement eine Top-5-Rangierung schaffen.
Nennen Sie die stärksten Gegner im Kampf um die Top-Plätze in der Moto2?
Dies ist sehr schwierig zu sagen, weil eine ganze Menge Piloten schnell fahren können. Trotzdem dürften am Ende Alex Marquez, Miguel Oliveira, Francesco Bagnaia, Mattia Pasini und Xavi Vierge vorne anzutreffen sein.

Aufgrund der schwierigen finanziellen Situation fahren Sie umsonst, verzichten auf einen Lohn. Fällt Ihnen dies schwer?
Mir fällt es natürlich schwer, ohne Lohn zu fahren. Aber es geht nicht anders. Weiter muss ich rund 65 Prozent der Moto2-Saisonkosten von 1,2 Millionen Franken selber aufbringen, was im Sponsoringbereich grossen Aufwand erfordert.  

Und wie halten Sie sich finanziell über Wasser, bezahlen die monatlich anfallenden Rechnungen?
Ich bin ein sehr sparsamer Mensch und muss nun halt etwas von meinen Reserven zehren. Ausserdem habe ich das Privileg, noch im Elternhaus zu wohnen.

Was tun Sie, wenn Sie beim Saisonauftakt in der Wüste von Katar mit Ihrer leuchtgelben Maschine auf das Podest fahren?
Dies wäre natürlich der absolute Hammer. Ich würde garantiert ausgiebig feiern. Und ich würde möglichst viele Leute, die mir immer wieder helfen, daran teilhaben lassen.