• Neu und modern eingerichtete Sprech- und Behandlungszimmer an der St. Urbanstrasse 22 in Langenthal. · Bild: Walter Ryser

13.04.2017
Langenthal

Grossandrang beim Neurozentrum

Das Neurozentrum Oberaargau hat seine Tätigkeit am neuen Standort an der St. Urbanstrasse 22 in Langenthal aufgenommen. Bei der Eröffnungsveranstaltung im Parkhotel Langenthal und später in den Praxisräumen herrschte Grossandrang. «Viele aufmunternde Worte haben uns beim Neustart begleitet und uns motiviert», zeigte sich Dr. med. Andreas Baumann, Leiter des Neurozentrums, beeindruckt von den vielen positiven Rückmeldungen.

Das Neurozentrum Oberaargau wurde von Dr. med. Andreas Baumann (Aarwangen) aufgebaut und war bis Ende März beim Spital Region Oberaargau eingemietet. Letzten Herbst erhielt Baumann und sein Team die Kündigung, weil sich laut den SRO-Verantwortlichen die Zusammenarbeit mit dem Facharzt immer schwieriger gestaltet habe. Was im ersten Moment ein Schock gewesen sei, habe sich bald als grosse Chance herausgestellt, berichtete Baumann im Parkhotel Langenthal vor rund 600 Gästen, die den Feierlichkeiten der Neueröffnung des Neurozentrums Oberaargau beiwohnten. Baumann fand an der St. Urbanstrasse 22 in Langenthal einen neuen Standort für sein Zentrum. Er sei froh, dass man die Tätigkeit nahtlos fortsetzen könne, betonte er weiter. Dies sei aber nur gelungen durch die grosse Unterstützung der Bauleitung und allen involvierten Handwerker und Lieferanten. Baumann versprach: «Wir werden dauerhaft für unsere Patienten da sein und unsere Dienstleistungen weiter ausbauen, aber auch räumlich und personell unser Zentrum weiterentwickeln.»

Diverse Fachärzte sowie eine Anzahl Praxismitarbeitende bieten im Neurozentrum Oberaargau eine breite Palette an neurologischen Behandlungen an. Das Neurozentrum Oberaargau ist spezialisiert auf die Diagnostik und Behandlung von Krankheiten des zentralen und peripheren Nervensystems. Durch die enge Zusammenarbeit mit Akutspitälern, führenden Privatkliniken und Rehabilitationskliniken in der Umgebung sorgt man, laut Andreas Baumann, für eine systematische Vernetzung von ambulanter und stationärer Behandlung.

Folgende Bereiche deckt das Neurozentrum Oberaargau ab: Die Neurologie Oberaargau bietet das ganze Spektrum der Diagnostik und der Therapie neurologischer Erkrankungen. Im Zentrum für Multiple Sklerose Oberaargau werden Betroffene begleitet. Dabei wird das ganze Spektrum der heute verfügbaren und in der Schweiz zugelassenen Therapien für diese Erkrankung angeboten. In der Neurochirurgie Oberaargau werden Patienten mit neurochirurgisch behandelbaren Problemen am Gehirn und Rückenmark oder an der Wirbelsäule umfassend beraten. In der Neuropädiatrie Oberaargau werden Kinder mit neuropädiatrischen Problemen ab 6 Jahren untersucht. Im Rahmen eines gemeinsamen Konzeptes wird eng mit der neuropädiatrischen Abteilung des Inselspitals Bern zusammengearbeitet, so dass es auch möglich ist, Patienten gemeinsam zu betreuen. Im Zentrum für Parkinsonerkrankungen werden betroffene Patienten behandelt. 


«Zukunft braucht Herkunft»

«Zukunft braucht Herkunft», unter diesem Motto stand die Ansprache von Regierungsrat Christoph Neuhaus, der bei der Eröffnungsveranstaltung als Gastreferent auftrat. Dabei stellte er die Frage, was uns Menschen ausmacht, in den Mittelpunkt seiner Ansprache. «Wo kommen wir her? Wo stehen wir heute? Wo gehen wir hin? Diese drei Fragen machen unser Leben aus», betonte der Regierungsrat. Erst durch das Miteinander von Herkunft und Zukunft gewinne unser Leben seine Dimension. «Wo komme ich her?» Neuhaus ist überzeugt, dass wir Menschen keine Eintagsfliegen sind. «Wir sind geprägt durch unsere Geschichte. Schon mein Leib, meine Kopfform, meine Art zu gehen, trägt die Spuren meiner Eltern und Grosseltern. Meine Art im Leben zu stehen ist durch meine Herkunft geprägt», entgegnete er den Anwesenden im Parkhotel.

«Wo stehe ich heute?» Zwischen Herkunft und Zukunft stehe der Augenblick der Gegenwart, betonte Neuhaus. Es gehe darum, zu erkennen, dass man das, was gestern war, nicht mehr ändern könne. «Ich kann es lediglich begreifen, aber für das Heute bin ich verantwortlich, da kann ich meinen Teil leisten und mich für etwas einsetzen», sagte der Regierungsrat. «Wo gehe ich hin?» Auch das mache uns zu Menschen, dass wir über uns selber und das, was heute sei, hinausschauen könnten, erläuterte Christoph Neuhaus weiter. «Nur weil wir Menschen nicht mit dem zufrieden sind, was schon immer da war, gestalten wir unsere Zukunft und verändern sie, sonst bliebe alles für immer beim Alten», schloss der Regierungsrat seine Ansprache. 

100 Millionen Nervenzellen

Zum Schluss der Veranstaltung sprach Professor Dr. med. Tobias Derfuss, Leiter Abteilung für Multiple Sklerose sowie Leiter Neurologische Poliklinik am Universitätsspital Basel, über das Thema: «Die Faszination Neurologie». Die Neurologie sei ein Fachgebiet der Medizin, das sich mit dem Gehirn, den Nerven sowie den Muskeln beschäftigte, klärte er auf. Der Franzose Jean-Martin Charcot (1825 bis 1893) gilt als Ur-Vater der Neurologie. Kein anderer Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts habe die Entwicklung der Neurologie so nachhaltig beeinflusst wie er, erwähnte Derfuss.

Das Gehirn sei das wohl faszinierendste Organ im Körper, fuhr der Mediziner fort. Es könne mit rekordverdächtigen Zahlen aufwarten. Es ist mit etwa 100 Milliarden Nervenzellen ausgestattet. Obwohl es mit rund zwei Kilogramm nur ungefähr drei Prozent des Körpergewichts ausmache, verschlinge es enorme Mengen an Energie, hielt Derfuss fest und wies darauf hin, dass das Gehirn etwa 15 Prozent des Gesamtenergiebedarfs des Körpers beanspruche. Die Länge der Nervenbahnen beträgt im Körper eines Erwachsenen rund 5,8 Millionen km. Damit könnte man 145 Mal die Erde umrunden. Im Laufe der Evolution habe sich das Gehirn weiterentwickelt. In der Folge seien alte Teile des Gehirns von neuen Teilen überbaut worden. «Aber unser Verhalten ist nach wie vor von alten Instinkten geprägt», erläuterte er. Die weitere Erforschung des Gehirns sowie neue Behandlungsmethoden bei neurologischen Erkrankungen bilden, gemäss Tobias Derfuss, den besonderen Reiz des Fachgebietes Neurologie.
Von Walter Ryser