• Der SCL-Kanadier Jeff Campbell will noch nicht aufgeben. Er arbeitet bereits jetzt hart an seinem Comeback. · Bild: Leroy Ryser

29.06.2018
Sport

«Ich will Eishockey spielen»

Jeff Campbell, SC Langenthal – Jeff Campbell will weitermachen – das hat der SC Langenthal am Donnerstagabend am Sommernachtsfest bestätigt. Auch wenn es keine Garantien gibt, will der 37-Jährige diese Herausforderung auf sich nehmen. «Das Feuer brennt immer noch in mir», sagt er.

Eishockey · Es könnte eigentlich ein ganz gewöhnliches Interview sein. Ein Interview im Fitnesszentrum mit einem professionellen Sportler. Das Gespräch ist aber nicht nur packend, weil sich der Protagonist mit Krücken und geschientem Knie fortbewegt. Vor allem ist es brisant, weil es endlich ein bisschen Licht ins Dunkel der wichtigsten SCL-Akte wirft.

Die Integrationsfigur
Jene Akte hat es wahrlich in sich: Der 37-Jährige, der sich den Fragen des Journalisten stellt, ist beim SC Langenthal zur Integrationsfigur geworden. Bester Mittelstürmer der Liga, jahrelang als Topskorer im Einsatz und mit-entscheidend bei den beiden einzigen NLB- Titelgewinnen Langenthals. Und nun, in seiner neunten und womöglich letzten Saison für die Oberaargauer – sein Vertrag läuft aus – stehen Steine in seinem Weg. Nach seinem verletzungsbedingten Ausfall im März der Meistersaison 2017 folgten mittlerweile drei Operationen, die letzte vor sechs Wochen. Und vorerst ist keine definitive Besserung in Sicht.
Jeff Campbell, der 178 Zentimeter grosse Mann, der abgesehen von seinem linken Knie weiterhin topfit und sportlich gebaut aussieht, ist aber nicht grundlos im Fitnesszentrum. Er will mit den metaphorischen Steinen etwas Schönes bauen. Ein Comeback, das ihm den Abschluss ermöglicht, den er nach seiner erfolgreichen Karriere verdient hat. Im besten Fall mit einer Meisterfeier, gemeinsam mit dem wohl ebenfalls abtretenden Freund und langjährigen Mitspieler Brent Kelly.

Ausländer gesucht
Noël Guyaz hat dies bestätigt. Auch wenn die Langenthaler vorerst nicht auf Jeff Campbell hoffen dürfen, so planen sie die Saison mit ihm. «Wir hoffen auf eine Rückkehr im Januar», sagt der SCL-Sportchef. Dazwischen soll ein weiterer Ausländer verpflichtet werden, damit die Oberaargauer mit zwei ausländischen Spielern antreten können. Der Vertrag des heute noch unbekannten dritten Mannes wird vielleicht befristet ausgehandelt und mit allfälliger Option zur Verlängerung ausgestattet, sollte der Kanadier doch erneut nicht fit werden. Dass diese Möglichkeit besteht ist auch Jeff Campbell selbst klar. Wie man es von ihm seit Jahren aus anderen Interviews gewohnt ist, wählt der 37-Jährige seine Worte auf entsprechende Fragen bedacht. Er scheint weder euphorisch, noch leichtgläubig. Und dennoch ist er von seinem Unterfangen überzeugt. Ohne, dass eine Antwort nötig wäre, fragt er: «Was würde ich sonst hier tun?» Bereits im letzten Sommer habe er eine ähnliche Phase erlebt, weshalb er weiss, worauf er sich eingelassen hat. Er weiss um den Aufwand, den es braucht um ein Comeback zu ermöglichen. Aber die Abkürzung nehmen und auf maximal vier weitere Monate als Eishockeyprofi verzichten? Das war nie ein Thema. «Ich will Eishockey spielen. Und zurzeit habe ich einen Vertrag beim SCL. Zurücklehnen kommt für mich nicht in Frage.»

Professionalität hilft
Das würde auch nicht zu Jeff Campbell passen. Der mit der Schweizerin Lea Campbell-Stalder verheiratete Eishockeyspieler fiel alljährlich durch seine hochprofessionelle Art auf. Fitness bezeichnet er als sein Hobby, auf die Ernährung achtet er längst und für andere Spieler ist er das ideale Vorbild Punkto Fleiss und Wille. Er relativiert zwar mit den Worten, «ich will nicht mit dem Kopf durch die Wand. Die Heilung des Knies hat höchste Priorität.» Die Rückkehr aufs Eis bleibt aber im Hinterkopf präsent. «Da ist immer noch ein Feuer in mir», erklärt er. «Ich will Eishockey spielen.» Mit glänzenden Augen zählt er seine nächstwichtigen Etappen auf, wenn es das Knie zulässt. Das erste Teamtraining. Oder der erste Match. Und vielleicht das erste Tor. Seine Augen beweisen: Die Hoffnung auf einen späten, zweiten Frühling in seiner Karriere lebt.

Karrierenende vorbereitet
Zugleich ist er noch weit entfernt, bis zum ersehnten Moment kommen noch ganz andere Ziele. «Manchmal gibt es harte Tage», sagt Campbell, zurück in der Gegenwart. Frustrierend sei diese Verletzung allemal. Dann relativiere er die Situation aber. Verglichen mit anderen Spielern hatte er eine herausragende Karriere. Und verglichen mit anderen Menschen ein wahrlich privilegiertes Leben. «Klar möchte ich den Zeitpunkt meines Karrierenendes selbst bestimmen. Aber ich versuche mir darüber keine Gedanken zu machen. Es ist, wie es eben ist», sagt er.
Immerhin hat er sich für den Fall der Fälle vorbereitet. Möglichkeiten gebe es bei einem verfrühten Wechsel ins «normale» Leben mehrere. Auch weil er mit einer Schweizerin verheiratet ist. «In den USA habe ich einst eine Ausbildung zum Lehrer angefangen, weil Sportlehrer eine Option für mich war», erklärt der Kanadier. Generell würde er gerne in einem sportverbundenen Beruf weiterarbeiten, noch weiss er aber nicht einmal in welchem Land das sein wird. «Ich und Lea sprechen darüber. Aber zuerst soll mein Knie heilen.»
Bis dahin lässt er die Fans des SC Langenthal zurückhaltend träumen. Und vielleicht ein bisschen fantasieren. Denn noch ist der Traum vom perfekten Abschied zweier überragender Figuren in gelb-blau nicht ausgeträumt. Es bleibt die Hoffnung, dass Jeff Campbell im nächsten April gemeinsam mit seinem Sturmkollegen Brent Kelly und dem Swiss-League-Pokal dem Spitzensport auf Wiedersehen sagt. Eine letzte Party zu Ehren der von ihnen geprägten Atomlinie. Nach neun überragenden Saisons gemeinsam mit Stefan Tschannen wäre es den beiden vergönnt.

Von Leroy Ryser