• Professor Marcus Vinicus Mazzari von der Universität Sao Paulo liest an der Vernissage aus «A Aranha negra». · Bild: Ernst Mart

22.06.2017
Emmental

Jeremias Gotthelfs «Schwarze Spinne» wütet nun auch auf Portugiesisch

Seit kurzem ist Gotthelfs «schwarze Spinne» auch in portugiesischer Sprache erhältlich. Zu verdanken ist das dem brasilianischen Professor Dr. Marcus Vinicus Mazzari der im Rahmen einer Vernissage im Gotthelf-Zentrum im Beisein von Fátima Ribeiro Bezerra, Leiterin des Departements Kultur der brasilianischen Botschaft in Bern, sein neuestes Werk gleich selber vorstellte.

Lützelflüh · Wer kennt sie nicht, Jeremias Gotthelfs wohl bekannteste Novelle «Die schwarze Spinne», welche schon in viele fremde Sprachen übersetzt wurde. Sofern man den betreffenden Sprachen mächtig ist kann man das Werk sogar auf Hebräisch oder Japanisch lesen. Zu Recht gilt das Werk als eine der wichtigsten Novellen der ganzen deutschen Literatur. Eingebettet in eine Rahmenhandlung erzählt Gotthelf eine alte Volkssage über die Pest im Mittelalter. Verbindendes Element zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit ist dabei ein alter Fensterpfosten mit einem durch einen Holzzapfen verschlossenes Loch.
Auch den 59-jährigen brasilianischen Professor Marcus Vinicus Mazzari von der Universität Sao Paulo faszinierte dieses Werk. Verständlich, denn Mazzari ist Präsident der Goethe-Gesellschaft Brasiliens und beschäftigte sich schon seit Jahren mit der deutschsprachigen Weltliteratur. Klar, dass er dabei auch auf die Werke Gotthelfs und damit auf die «schwarze Spinne» gestossen ist.
An der Vernissage war von Heinrich Schütz zu erfahren, dass ein erster Kontakt von Mazzari mit dem Gotthelf Zentrum bereits im Jahr 2013 stattgefunden hat. «Ein nicht allzu grosser Mann, begleitet von einer Dame, erkundigte sich damals nach mir und von Anfang an haben wir uns wunderbar verstanden. Seitdem entstand eine fruchtbare und freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen Marcus Mazzari, Werner Eichenberger und mir. Dass wir heute gemeinsam die Vernissage deiner portugiesischen Übersetzung durchführen dürfen bereitet uns grosse Freude» sagte Henrich Schütz unter grossem Applaus der Vernissagegäste.

«Kindbettimann» und «Channebireschnitz» auf Portugiesisch
Doch wie kam der Literaturprofessor aus der Millionenstadt Sao Paulo überhaupt dazu sich mir der schwarzen Spinne auseinander zu setzen? «Einen ersten Hinweis erhielt ich von Thomas Mann der schrieb, dass er das Werk die schwarze Spinne als eines der besten Werke der Weltliteratur bewundere», erzählte Mazzari dem «Unter-Emmentaler». «Das gab mir den Anstoss zum Lesen der Novelle, wobei ich bald einmal eine Beziehung vom Werk Gotthelfs zum brasilianischen Erzählwerk feststellte. Ich fand die Geschichte grossartig und kam zum Schluss, dass die Übersetzung der schwarzen Spinne mit Sicherheit einen grossen Beitrag zum Verständnis der brasilianischen Literatur bedeuten würde.» Und so entstand in ungefähr anderthalb Jahren die portugiesische Übersetzung der schwarzen Spinne oder eben «A Aranha negra».
Natürlich gab es für Mazzari bei der Übersetzung ab und zu auch Verständnisfragen, wenn in Gotthelfs Text Ausdrücke wie «Kindbettimann» oder «Channebireschnitz» auftauchten.
Dann lief laut Leitungsmitglied Werner Eichenberger jeweils der e-mail-Verkehr zwischen  Sao Paulo und dem beschaulichen Lützelflüh auf Hochtouren. Auch in der portugiesischen Übersetzung ist die Geschichte hier im Emmental und nicht irgendwo in Brasilien angesiedelt. «Dank den Leitern des Gotthelf-Zentrums lernte ich die Emmentaler Landschaft doch recht gut kennen und am Tag nach der Vernissage werden wir nochmals eine ausgiebige Tour in dieser Gegend machen», sagte voller Vorfreude der brasilianische Professor.
Abwechslungsreich an der Vernissage die «Dreier Präsentation» einer Zusammenfassung der schwarzen Spinne. Während Werner Eichenberger in einer Zusammenfassung den Gang der Novelle aufzeigte, las Heinrich Schütz ausgewählte Stellen aus Gotthelfs Original vor.  Marcus Mazzari präsentierte gleich anschliessend die entsprechenden Abschnitte in seiner melodiösen Sprache. Auch wenn man der portugiesischen Sprache nicht mächtig ist, war doch in einzelnen Abschnitten die Dramatik des Geschehens richtig spürbar.
Umrahmt wurde der Anlass von Jan Trösch mit seiner akustischen Gitarre, der etwas Samba und Bossa-Nova Stimmung in und um das Gotthelf-Zentrum zauberte.

Von Ernst Marti