• Myria Poffet (Piano), Michel Poffet (Bass) und Anne Hodler (Gesang) bieten als «Die Lombardis» nostalgische Lieder – schwermütige und heitere. Bild: Hans Mathys

23.02.2017
Langenthal

Marlene Dietrich, Hildegard Knef, Zarah Leander

Mit schwermütigen und heiteren Liedern von Marlene Dietrich, Hildegard Knef, Zarah Leander & Co. erinnerten «Die Lombardis» in der Alten Mühle an deutsche Diven vergangener Zeiten und entzückten das Publikum.

«Ich brauch’ Tapetenwechsel», titelt  ein Lied von Hildegard Knef (1925 bis 2002), und «Tapetenwechsel» nennt sich das aktuelle Programm von «Die Lombardis», mit dem das vierköpfige Ensemble vor rund zwei Monaten in Bern Premiere feierte und nun in Langenthal – erstmals ausserhalb der Bundesstadt – auftrat. Anne Hodler (Gesang) als Leonore Lombardi, Myria Poffet (Piano und Gesang) als Marina Lombardi, Michel Poffet (Bass) als Viktor Lombardi und Peter Horisberger (Schlagzeug) als Timothy Lombardi lassen bei ihrem Auftritt in Langenthal den Funken sofort ins Publikum überspringen. Sie seien seit zwölf Jahren in Deutschland und der Schweiz unterwegs, «heute im schönen Langenthal», begrüsst Anne Hodler.

«Singfräulein» am Piano  
«Myria Poffet war schon als Chantemoiselle in Langenthal», tuschelt jemand im 113-köpfigen Publikum zum Sitznachbarn. Dieses «Singfräulein» – auf dem Piano spielend – stimmt denn auch gleich mit ein, als Anne Hodler zum Auftakt des Abends «Eins und eins das macht zwei, drum küss und denk’ nicht dabei» von Hildegard Knef singt. Der Schluss des Liedes sieht jedoch kein Happy-End vor: «Erst kommt der erste Kuss, dann kommt der letzte Kuss, dann der Schluss.»
Das nächste Stück ist eine Hommage an Marlene Dietrich (1901 bis 1992): «Ich bin von Kopf bis Fuss auf Liebe eingestellt» – gefolgt vom Lied «Wir wollen niemals auseinandergeh’n». Dieses hätte eigentlich Zarah Leander (1907 bis 1981) am Grand Prix d’Eurovision de la Chanson 1960 für Deutschland singen sollen. Weil man sich mit einer jungen Sängerin grössere Chancen ausrechnete, schickte man aber die damals 17-jährige Heidi Brühl (1942 bis 1991) ins Rennen. Mit der Teilnahme in London wurde dann aber letztlich doch nichts, weil das von Heidi Brühl gesungene Lied in der deutschen Vorentscheidung nur den zweiten Rang belegte. Das nächste von Anne Hodler gefühlvoll vorgetragene Lied nimmt philosophische Züge an: «Liebe macht selige Stunden, Treue macht gar keinen Spass. Ich weiss nicht, zu wem ich gehöre, ich glaub’, ich gehöre nur mir ganz allein.»
Zwischenapplaus des köstlich unterhaltenen Publikums gibt es für die beindruckenden Soli von Myria Poffet (ganz in Rot, Piano), Michel Poffet (mit Mütze, Bass) und Peter Horisberger (mit Hut, Schlagzeug). Der 1956 geborene Bassist Michel Poffet spielt seit 1975 mit renommierten Musikern und Bands aus der Schweiz, aus Europa und den USA zusammen. In der Schweizer Musikszene ist er einer der Aktivsten, Vielseitigsten.  
Sanft und melancholisch sind die nächsten Lieder von Hildegard Knef «Ich brauch’ Tapetenwechsel», «Wieviel Menschen waren glücklich, dass du gelebt?» und «17 Millimeter fehlten mir zu meinem Glück». An die Zeit kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erinnert das Lied von Zarah Leander aus dem Jahr 1937, «Der Wind hat mir ein Lied erzählt». Nun lassen «Die Lombardis» das Publikum nochmals mit einem Lied von Zarah Leander in Erinnerung schwelgen: «Ich weiss, es wird einmal ein Wunder gescheh’n».

«Gut eingekauft, Reto»
Die angeregten Pausengespräche verdeutlichen, wie gut dieser Abend mit nostalgischen Liedern ankommt. «Gut eingekauft, Reto», dankt eine Seniorin dem Langenthaler Theaterleiter Reto Lang. Rote Rosen gibts aber nicht für ihn, sondern – gesungen von der in Bern geborenen Anne Hodler – fürs Publikum mit dem Lied «Für mich solls rote Rosen regnen», das Hildegard Knef 1968 sang und so beginnt: «Mit 16 sagte ich still: ich will. Will gross sein, will siegen, will froh sein, nie lügen. Mit 16 sagte ich still: Ich will – will alles oder nichts.»

Ein Lied, das unter die Haut geht
Unter die Haut geht das Lied von Marlene Dietrich, «Sag mir, wo die Blumen sind – wo sind sie geblieben?». Anne Hodler dazu: «Wir haben das erstmals gespielt, als der Irak-Krieg ausbrach.» Meisterhaft verstehen es «Die Lombardis», den Text dieses Liedes musikalisch umzusetzen, indem vorerst Schlagzeuger Peter Horisberger so richtig loslegt und am Schluss Pianistin Myria Poffet für sanfte Töne sorgt: «Wann wird man je versteh’n?»
In der Alten Mühle in Langenthal kommt am Ende auch noch Marika Rökk (1913 bis 2004) zu Ehren. Dies mit dem Evergreen «Kauf dir einen bunten Luftballon» aus dem gleichnamigen Film des Jahres 1961. Die adrette Sängerin Anne Hodler – sie ist Mutter zweier Kinder, lebt in Bern und ist seit 1998 Schauspielerin, Moderatorin sowie Sprecherin – bläst dazu bunte Luftballons auf und befördert diese schwungvoll Richtung Tribüne ins Publikum. Den Schlusspunkt setzen «Die Lombardis» mit dem 1945 geschriebenen, von Edith Piaf (1915 bis 1963) gesungenen französischen Chanson «La vie en rose». Dalida griff die französische Fassung 1967 nochmals auf, und Milva war 1970 für die italienische Version verantwortlich. Unter dem Titel «Schau mich bitte nicht so an» ist «La vie en rose» auch in deutscher Sprache zu geniessen – wobei man die Sängerinnen-Wahl hat: Mireille Mathieu oder Nana Mouskouri.

Begeistertes Publikum
Der lange anhaltende Schlussapplaus und die zuweilen sogar euphorischen Reaktionen des Publikums lassen keine Zweifel offen: «Die Lombardis» hinterlassen beim Auftritt in  Langenthal mit ihren subtil arrangierten, nostalgischen Liedern Spuren. Sowohl die zahlreichen bekannten Melodien als auch die zum Nachdenken anregenden Liedertexte bleiben unvergesslich – besonders in heutigen Zeiten.

Von Hans Mathys