• Ein Prosit auf die neue Ausstellung: Peter Flury, der Leiter des Medizinmuseums (rechts) mit Res Mathys und dessen Ehefrau. · Bild: Walter Bäni

17.01.2017
Emmental

Medizinmuseum zeigt Leidensgeschichte von Emmentaler Patienten

Das Davoser Medizinmuseum hat eine neue Heimat an der Promenade 43 gefunden. Kürzlich hat die Eröffnungsvernissage mit vielen Gästen stattgefunden. Ein besonderer Gast war der Sammler Res Mathys aus Rüegsau, der die Unterlagen zur neuen Ausstellung «Davoser Patientenschicksale» zur Verfügung gestellt hat.

Rüegsau · Das Thema der aktuellen Ausstellung sei die klassische Sanatoriumszeit, erklärte Dr. Peter Flury, der Leiter des Medizinmuseums. «Der Titel lautet ‹Davoser Patientenschicksale›. Während Jahrzehnten kamen Tausende von Patienten nach Davos. Es ist kein Zufall, dass Davos die Hauptstadt der Tuberkulosekranken Europas genannt wurde. Viele wurden wieder gesund, manche starben.» In der neuen Ausstellung «(Fast) eine Liebesgeschichte» werde auf vielen reich illustrierten Schautafeln das Leben von Hans Steinmann und Gertrud Mäder erzählt. Es gebe einen speziellen Grund, weshalb man auf dieses Thema gekommen sei, fuhr Flury fort. «Aus dem Kanton Bern haben wir äusserst interessante und sehr detaillierte Patientenunterlagen bekommen. Und zwar von Res Mathys aus Rüegsau im Emmental, einem pensionierten Kaufmann und leidenschaftlichen Sammler.»

Alles akribisch aufbewahrt
Er sei als «bunter Hund» bekannt, stellte sich Mathys vor: «Ich wuchs auf einem Bauernhof auf. Dort gab es nicht viele Spielsachen und auch nicht viele Bücher. So sammelte ich alles, was mir in die Finger kam, unter anderem alte Bücher und alte Kalender.» Seit er pensioniert sei, mache er auch Nachlassverwertungen. «Hans Steinmann, von dem die aktuelle Ausstellung handelt, war in unserem Dorf Malermeister. Im Militär wurde er krank und kam zur Kur nach Davos. Steinmann besass ein grosses Haus und bewahrte sämtliche Schriftstücke akribisch auf, auch jene im Zusammenhang mit dem Militär und seiner Krankheit. So war sehr viel Material vorhanden, es war äusserst interessant, diese vielen Dokumente zu sichten und aufzuarbeiten.» Durch das Internet sei er auf das Davoser Medizinmuseum gestossen, erklärte Mathys weiter. «Ich habe die Sachen nach Davos geschickt und bald darauf ein Dankesschreiben von Peter Flury erhalten. Ich habe weiter gesucht und auf dem Estrich auch noch einen Koffer mit Familienakten von Steinmanns Frau gefunden.»

Kleine und grössere Liebeleien
Unter den vielen Kurpatienten und der weiblichen Einwohnerschaft von Davos kam es gelegentlich zu kleinen und grösseren Liebeleien. «Auch Steinmann hatte in Davos eine Frau kennen gelernt, nämlich Gertrud Mäder, die als Lehrerin in der damaligen Pro Juventute-Klinik Tuffi tätig war. Sie war die Schwester seiner späterer Frau. Zwischen den beiden entwickelten sich zarte Bande. Gertrud Mäder war keine Kurpatientin, aber sie wurde es – als sie mit der Tuberkulose angesteckt wurde.» Tragisch an der Geschichte sei, dass Gertrud Mäder früh starb. «Das ist eine grosse Tragik – und doch ein gewisses Glück, weil Steinmann mit deren Schwester Susi Mäder später eine ganz ‹bäumige› Ehefrau gefunden hat. Die beiden haben viel zusammen musiziert, Steinmann war ein begabter Künster und spielte so gut Violine wie selten einer. Susi Mäder war eine sehr gute Pianistin. Sie war viele Jahre Organistin in der Kirche Rüegsau.» Ihre Ehe sei kinderlos geblieben. «Susi starb sehr viel früher als Hans, der 100 Jahre alt wurde.»

«Neue Heimat gefunden»
In einer zweiten Lieferung habe er Peter Flury auch diese Unterlagen zukommen lassen. Mathys: «Ich finde es immer schade, solche Sachen wegzuwerfen. Manchmal will sie niemand und dann bewahre ich sie halt bei mir auf. Es freut mich unheimlich, dass die Unterlagen von Hans Steinmann und Gertrud Mäder in so gute Hände gekommen sind. Hier haben sie eine neue Heimat gefunden.» Weitere Informationen finden Sie unter www.medizinmuseum-davos.ch.

Von Walter Bäni/Davos