• Niklaus von Flüe verteilt die Maische (zerkleinerte Apfelstücke) in der Mostpresse ...

  • ... dann wird gepresst und schon fliesst der erste Saft. · Bilder: Vitus A. Ehrenbolger

25.11.2016
Luzerner Hinterland

Mosten wie zu Grossvaters Zeiten

«Apfelsaft ist fabelhaft», so lautet ein gängiger Werbeslogan. Dass dem wirklich so ist, konnte auf dem Hof Untereggstalden 1 von Adolf und Angela Kurmann-Zemp erlebt werden. Hier mostet Niklaus von Flüe schon seit Jahren mit einer uralten Mostpresse aus Eichenholz wie zu Grossvaters Zeiten.

Ufhusen · Es ist erstaunlich, aber wahr: Eine mindestens 150-jährige, stets gut gewartete Mostpresse aus massivem Eichenholz mit wenig Metall leistet hier auf dem Hof noch immer gute Dienste. Im oberen Stock befindet sich die «Riebe» (Obstmühle), die von einem Motor mit bescheidenen dreieinhalb PS und einem Riemen (wie man sie früher überall verwendete) angetrieben wird. In dieser Mühle wird das Obst – etwa sechs Harassen oder 180 Kilo pro Mal, bzw. pro Druck – zu Maische zerkleinert, die in einem Kännel nach unten in die Mostpresse befördert und möglichst gleichmässig verteilt.
Niklaus von Flüe, der im Kanton Obwalden, genauer gesagt in Sachseln, als Bauernbub aufwuchs und ein direkter Nachfahre des Landespatrons Bruder Klaus (1417 bis 1487) ist, blieb stets – obschon ein Bruder die elterliche Liegenschaft weiterführte – mit der Landwirtschaft eng verbunden. Schon immer besonders interessiert hat ihn der Obstbau. Da ist es gewiss kein Zufall, dass er bei seinem Umzug in den Kanton Luzern vor 38 Jahren zunächst im Seetal tätig war. Später zog er dann mit seiner Familie in die Hofstatt, um in einer Sägerei und in einem andern Gewerbebetrieb zu arbeiten.

Ökologisch wertvolle Hochstammbäume
Daneben aber, und heute im Pensionsalter erst recht, arbeitet er am liebsten draussen, in der freien und lebendigen Natur, sei es gelegentlich im Wald und vorab im Obstbau, der ihm besonders am Herzen liegt. Dass Niklaus von Flüe vor Jahren den Weg zum Hof der Familie Kurmann, Untereggstalden 1, fand, ist wiederum kein Zufall, stehen doch hier viele stattliche Hochstammbäume mit vielen alten Obstsorten. Und dazu erst noch die altehrwürdige «Moschti» im Ökonomiegebäude, «eine echte Rarität, eine Presse wie zu Gotthelfs Zeiten», scherzte Hofbesitzer Adolf Kurmann.     
Hochstammbäume sind übrigens für eine intakte, vielgestaltige Kulturlandschaft enorm wichtig, weil sie unzähligen Tierarten, vor allem auch der Vogelwelt, wertvolle Lebensräume bieten. Für den Most werden Boskoop und Bohnäpfel verwendet, daraus ergibt sich ein goldgelber Obstsaft, der bei der gastfreundlichen Familie frisch ab Presse probiert werden darf und der herrlich mundet.

Feinster Most von knackigen Äpfeln
Im vorigen Jahr mostete Niklaus von Flüe hier etwa 160 Harassen Obst, heuer etwas weniger. Die Ausbeute mag bei modernen Obstpressen grös-ser sein, doch einen etwas saftigeren Trester (Rückstände nach dem Auspressen) haben ja schliesslich die Kühe zum Fressen gern. Aber was braucht es denn für einen solch feinen Most, wurde Niklaus von Flüe gefragt. «Das ist eigentlich ganz einfach. Das Obst muss reif, frisch, gesund und sauber sein. Das ist das Allerwichtigste. Und ja keine Chemie einsetzen», sagte der Meister seines Fachs. Das vitaminreiche Naturprodukt verlange nach peinlicher Sauberkeit und sorgsamer Überwachung, gab er zu bedenken. Das gleiche gelte auch für das umgehende Abfüllen in Flaschen, Boxen und Fässer. Viel Sorgfalt erfordere auch das Erhitzen auf 80 Grad, womit der Süssmost haltbar gemacht wird, aber auch die gesamte Obst-Verarbeitung und Lagerung. Der Obstsaft habe viele wertvolle Geschmacks- und Mineralstoffe, die es zu erhalten gelte. Für all das sorgt Nikalus von Flüe sehr gewissenschaft. Er weiss genau, auf was es beim Mosten ankommt, dafür scheut er keine Mühe, er tut dafür alles Erdenliche, und all das mit Leib und Seele, mit viel spürbarer Freude, Leidenschaft und viel Herzblut. Verbirgt sich vielleicht gerade darin Niklaus von Flües Geheimnis, ein Geheimrezept etwa für den unverwechselbaren Edelbrand aus «Berner Rosen» oder den originellen «Sauergrauech-Gärmost», der einen Vergleich mit manch einem Weisswein kaum zu scheuen braucht.

Von Vitus A. Ehrenbolger