• Die neue Jodelliturgie von Peter Künzi und Stephan Haldemann, aufgeführt in der reformierten Kirche Huttwil, berührte die Herzen der Zuhörerinnen und Zuhörer. · Bild: Hans Minder

03.12.2018
Huttwil

«Musik ist die Sprache der Engel!»

Im Rahmen des Huttwiler Wiehnachtsmärits wurde die neue Jodelliturgie von Peter Künzi und Stephan Haldemann aufgeführt. Mit dieser volkstümlichen «Messe» lockten die Macher und Interpreten ein grosses, begeistertes Publikum in die reformierte Kirche Huttwil.

Eriswil · «Musik ist die Sprache der Engel», zitierte eine Dame das schottische Sprichwort, band sich den Schal um und tauchte ein ins Lichtermeer des Wiehnachtsmärits. Sie war eine von vielen Besucherinnen, die am vergangenen Freitag in der zum bersten vollen Kirche Huttwil die neue Jodelliturgie genossen haben. Die Messe von Peter Künzi und Stephan Haldemann verdankt ihr Entstehen einem Auftrag zum Reformationsjubiläum der Reformierten Landeskirche Aargau.

Lebendige Spiritualität
Die neue Jodelliturgie besteht aus acht Messe-Teilen, die alle einen Namen tragen, so «Zum Yzug», «Töif i ds Härz» (Kyrie), «E Morgepsalm» (Gloria), «Zur Ehr vom Höchschte» (Halleluja), «Ds gröschte Gschänk» (Credo), «Heilig» (Sanctus), «Treit wärde» (Agnus Dei) und «Zum Uszug». Die schlichte, sinnliche Schönheit der Worte von Stephan Haldemann und die dynamisch körperhafte, an Spannung, Entspannung und Harmonien reiche Musik von Peter Künzi vereinigen sich in dieser Jodelliturgie zu einem Fest lebendiger, volksnaher Spiritualität. Wenn auch alle Teile von Wort und Musik die der Verkündigung entsprechenden melodramatischen Attribute tragen, so verbinden sie sich doch zu einem homogenen, ausdrucksstarken Gesamtkunstwerk. Diese Jodelliturgie, daheim in der Nische «Volkskultur», darf sich neben den klassischen Messen absolut hören lassen.

Jodlerfreaks am Werk
Aufgeführt wurde die Jodelliturgie von einem Ad-Hoc-Chor, der sich im Rahmen der Dirigenten-Weiterbildung des Bernisch-Kantonalen Jodlerverbandes (BKJV) gebildet hat. Am Werk waren Jodlerfreaks und Jodlerkapazitäten die nichts anbrennen liessen und die sich der Herausforderung und den beherzten Wünschen der musikalischen Leiter Stephan Haldemann und Peter Künzi «in ganzer Grösse» stellten. So entstand ein resonnanzvolles Chorkolorit, welches das Kirchenschiff eindrucksvoll ausfüllte und den Funken des geistlichen Werkes in voller Glut aufs Publikum überspringen liess. Sonore Bässe, tragfähige Mittel- und Oberstimmen und der kraftvolle, kristallklare Jutz machten die Stimmung vollkommen.

Da blieb kaum ein Auge trocken
Musikalisch hat auch Jürg Wenger kernige Marchsteine in die Jodelliturgie gesetzt. Virtuos hat er auf der Kirchenorgel und auf dem chromatischen Schwyzerörgeli die speziellen Stimmungen der Liturgie aufgenommen, in Wohlklang und Melodie weitergesponnen und die Singpausen in meditative Glücksmomente umgewandelt.
Die musikalischen Liturgieelemente allein machen aber noch keinen kompletten Gottesdienst. Zur Vollendung brauchte es das Wort, und das hat Pfarrer Stephan Haldemann mit Würde und Ausdruckskraft ins Spiel gebracht. Der Pastor aus Signau verfügt über eine gute Antenne zum Volk und findet bei ganz differenzierten Feierzeiten immer den richtigen Ausdruck. Seine Andacht und die Lesung einer dramatischen, aber Herz und Seele berührenden Weihnachtsgeschichte fuhren beim Publikum ein. Da blieb kaum ein Auge trocken.
Die Liturgiebesucher bedankten sich am Schluss voller Begeisterung mit mächtigen Standing Ovations. Die Gäste drückten damit das aus, was im Kirchenraum vielen auf der Zunge brannte, nämlich das Schlusswort: «Das het so richtig g hüehnerhutet!»

Von Hans Minder