• Dem Engel (Barbara Klossner) gelingt es, Heiris (Res Mathys) harte Schale zu knacken und den weichen Kern hervorzuholen.Bild: zvg

17.04.2018
Emmental

Standing Ovation für Res Mathys alias Heiri

Vor praktisch vollem Haus machte das Jodelmusical «Stilli Zärtlichkeite» am vergangenen Wochenende Halt in Kirchberg. Unter den Darstellenden aus der ganzen Deutschschweiz ist auch der Dürrenrother Jodler Res Mathys, der hier quasi ein Heimspiel hatte – mit grossem Erfolg. Ihm und der gesamten Crew wurde stehender Applaus beschert.

KIRCHBERG · Den Begriff «Jodelmusical» gab es bis zu «Stilli Zärtlichkeite» in der Schweizer Kulturszene nicht (der «Unter-Emmentaler» berichtete). Das Stück lehnt sich an grössere, klassisch strukturierte Musicalprojekte mit einer durchkreuzten Familiengeschichte, die in zwei Generationen und auf einer abgelegenen Alp stattfindet. Überlieferte Melodien ebenso wie einzelne Strophen aus zeitgenössischer Jodelliteratur und nicht zuletzt auch traditionelle Naturjodel bereichern die gespielte Liebesgeschichte. Spiel, Gesang und Tanz werden durch ein professionelles fünfköpfiges Orchester begleitet. 

Erfolgreiches Pilotprojekt

Das Jodelmusical «Stilli Zärtlichkeite» ist ein Pilotprojekt, das während zwei Saisons in verschiedensten Ortschaften in der Deutschschweiz überaus erfolgreich gespielt wurde und jetzt kurz vor den letzten Aufführungen steht. Inszeniert wurde es vorab vom begeisterten Jodler, Musicaldarsteller und Geschäftsführer einer Eventfirma aus dem freiburgischen Tafers, Erwin (Buba) Bertschy, zusammen mit dem ebenfalls leidenschaftlichen Jodler Ruedi Roth aus Hemberg SG. 

Als die ebenfalls bekannte Jodlerin Barbara Klossner den Wunsch äusserte, einmal ein richtiges Jodelmusical aufzuführen, war das geeignete Trio komplett um das Ganze auf die Beine zu stellen. 

Der Dirigent, Komponist und Drehbuchautor sowie «Oscarpreisträger» Ruedi Roth übernahm in beiden Staffeln die musikalische Leitung im Jodelgesang. Erwin «Buba» Bertschy aus Tafers hielt ebenfalls in beiden Staffeln die Fäden der gesamten Organisation zusammen. Alle drei Initianten sind im Stück auch als Darstellende zu sehen. Eingebunden wurden ausser-dem Inszenierende aus der ganzen Deutschschweiz mit gesanglichen und schauspielerischen Fähigkeiten sowie in jedem Durchführungsort ein renommierter Jodlerklub. 

Überall heimisch

Für den Dürrenrother Res Mathys, der bald einmal Teil der darstellenden Crew war, begann eine aufregende, vor allem aber intensive Zeit. In zahlreichen Probestunden im Toggenburg wurde am Musical gefeilt – mit einem schier unglaublichen Erfolg: Die hervorragende Inszenierung unter der Regie von Peter Zimmermann und mit der Choreografin Franziska Flückiger, dazu der herrliche, oft solistische Gesang, werden durch den einzigartigen Umstand aufgewertet, dass jeder Darstellende in seinem eigenen Mundartdialekt spricht. 

So kam eine bunte Vielfalt an Dialekten und Charakteren zusammen, die ausserdem den Nebeneffekt brachte, dass sich das Publikum an jedem Durchführungsort im Stück «heimisch» fühlt. Und nicht selten tragen die verschiedenen Dialekte noch speziell zum Erfolg der humoristischen Einlagen bei. 

Sepp, der als Waise bei seinem Götti Heiri (alias Res Mathys) auf einem Berggasthof aufwächst, und die aus katholischem Hause stammende Annemarie lernen sich kennen und leidenschaftlich lieben. Annemaries Eltern bringen die beiden auseinander. Sepp erfährt mehr als 20 Jahre nicht, weshalb er vergeblich auf seine Liebe warten muss. 

Weder Fantasie noch Humor fehlen in «Stilli Zärtlichkeite». Ein Engel begründet sein überraschendes Erscheinen auf dem Berggasthof damit, dass er im Himmlischen Bauamt angestellt sei und Wegweiser montiere, deren hier etwelche notwendig seien. 

So erhält denn zuweilen auch der Pfarrer (Erwin Bertschy) einen Wegweiser gesteckt, der ihn vom Grübeln über seine unerfüllten, stark weltlichen geprägten Lebenswünsche zurück auf den Weg des Gottesmannes führen soll. Der Humor des Pfarrers ist eine köstliche Bereicherung der gesamten Darstellung.

Und dann wäre eben noch der Heiri, der auf der Bühne die Himmelspforte bereits durchschritten hat. Aber auch er mischt hier weiter im Geschehen mit und wird dabei mit besonders himmlischen Rollen bedacht …

Noch in drei Ortschaften macht das Jodelmusical Halt: am 19./20. Mai im deutschen Fischen, am 25./26. Mai in Tafers FR. Mitte Juni ist definitiv Schluss; der letzte Spielort ist in Schötz LU, am Donnerstag, 14. Juni, und am Freitag, 15. Juni. Für die Crew des Jodelmusicals wird es die Derniere sein, für Schötz jedoch der Auftakt zum grossen Zentralschweizerischen Jodlerfest, das hier eine Woche später ausgetragen wird.

www.jodelmusical.ch

Von Liselotte Jost-Zürcher