50 Jahre als Klauenpfleger auf der Stör
Rudolf Jordi geht seit 50 Jahren als Klauenpfleger auf die Stör. In all diesen Jahren hat er bei weit über 100 000 Kühen «Pediküre» gemacht. Bei Familie Jufer auf dem Mattenhof in Lotzwil hat er dieses goldene Jubiläum mit einem feinen Tropfen aus dem Waadtland würdig gefeiert.
Rohrbachgraben · Viel Glück und auf ein langes Leben, das haben die Familie Jufer vom Mattenhof Lotzwil und der Klauenpfleger Rudolf Jordi einander zugeprostet. Rudolf Jordi feierte dort sein 50-jähriges Berufsjubiläum mit einer kleinen, festlichen Arbeitspause und einem feinen Tropfen aus dem Waadtland. Der sehr schön gelegene Lotzwiler Mattenhof wurde für ihn zum Bauernbetrieb seines Herzens.
Der Mattenhof gehörte von Anfang an ohne Unterbruch und bis heute immer zu seinem Kundenkreis. Dort lernte er vier Generationen Mattenhof-Bauern kennen und schätzen. Den verstorbenen Urgrossvater Ernst Jufer, den Grossvater Christian Jufer, den Vater Hans-Ulrich Jufer und dessen Sohn Lukas Jufer.
Zuerst auf dem Bau
Rudolf Jordi ist passionierter Bauer. Sein Bauernbetrieb auf der Längi im Rohrbachgraben hatte aber eine nicht wirklich existenzsichernde Grösse und er musste einem Nebenerwerb nachgehen. Zuerst arbeitete er in einem Bauunternehmen. Es zeigte sich aber, dass die Arbeitsspitzen in der Landwirtschaft und im Bausektor sehr oft zusammentrafen und er, obwohl ihm die Arbeit gefiel, häufig dem schwierigen Spagat Baugeschäft und Bauernhof ausgesetzt war. Das hat den Nebenerwerbslandwirt veranlasst, nach einer neuen Saisonarbeit Ausschau zu halten.
Der ideale Nebenerwerb
In der Klauenpflege fand Rudolf Jordi ein zweites, beruflich interessantes Standbein und den für ihn idealen Nebenerwerb. Um die Anerkennung als «Profi» zu erlangen, benötigte er 300 Stunden Praxis bei einem anerkannten Lehrmeister und musste eine Abschlussprüfung ablegen.
Nach fünfjähriger Praxis können Klauenpfleger die Meisterprüfung absolvieren. Dafür setzte sich Rudolf Jordi wieder hinter die Bücher und schloss auch dieses Diplom erfolgreich ab. Fachlich hat er sich in Fachkursen stets aus- und weitergebildet. Heute werden Klauenpfleger an Landwirtschaftlichen Schulen in Blockkursen ausgebildet.
Dann die Schleimbeutelentzündung
In den ersten Jahren als Klauenpfleger hat auch Rudolf Jordi wie viele der anderen sein Werk mit den üblichen einfachen Werkzeugen wie Haumesser und Hammer ausgeführt. Mit den damals handelsüblichen Winkelschleifern konnte, so seine Meinung, zu vieles schief gehen. Das kniende und gebückte Arbeiten indes war im wahrsten Sinne des Wortes ein «Knochenjob» und hat ihm vermehrt Mühe gemacht. Nach einer Schleimbeutelentzündung hat sich der mittlerweile erprobte «Klauenputzer» nach technischen Möglichkeiten der Arbeitserleichterung umgesehen.
Es gab damals Klauenpflegestände auf dem Markt mit einer Arbeitshöhe von 50 Zentimetern. Zum Einkürzen der Klauen wäre eine Arbeitshöhe von 85 bis 95 Zentimetern ideal, zum Schneiden mit hochgezogenem Bein eine Höhe von 50 Zentimetern.
Hydraulische Hebebühne
Um den Rücken und die Knie zu schonen, suchte Rudolf Jordi nach einem Klauenpflegestand mit einer Höhe der Arbeitsplattform von einem Meter. Seine Idee, gepaart mit dem Know- how des Rohrbacher Landmaschinenmechanikers Hans Moser, liess einen Stand entstehen, der genau den Bedürfnissen des Klauenpflegers angepasst war. Die hydraulische Plattform liess sich über zwei Zylinder stufenlos auf jede beliebige Arbeitshöhe (bis 100 Zentimeter) heben. Zum Heben der Beine hat Rudolf Jordi noch elektrische Winden angebaut.
Entstanden ist dieser Klauenlift vor über dreissig Jahren und dient dem Nebenerwerbs-Klauenpfleger bis heute als ideales, gesundheitsschonendes Instrument. Auch bei der Auswahl der Klauenputzer-Werkzeuge hat sich Rudolf Jordi der Technik nie verschlossen.
Goldener Nagel für den Nebenjob
In diesen Tagen hängt der 75-Jährige seinen Nebenjob an den goldenen Nagel. In seiner 50-jährigen Klauenpfleger-Karriere hat er die Klauen von weit über 100 000 Kühen gepflegt. Er machte die «Pediküre» im Schnitt bei drei Kühen pro Stunde. Wenn alles rund lief, lag auch ein Volumen von 25 Küchen pro Arbeitstag drin. Natürlich ging es dabei bei den Tieren um die Schönheit und vor allem den guten Gang. Die Klauenpflege fördert aber vor allem das Wohlbefinden, die Gesundheit, die Langlebigkeit und die Leistungsfähigkeit der Kühe. Die Zufriedenheit seiner Klienten war Rudolf Jordi stets wichtig. Der Kontakt mit seinen vielen Kunden, gute Gespräche fachlicher Natur, aber auch über Gott und die Welt, werden dem in den «Unruhestand» tretenden Klauenpfleger künftig schon ein wenig fehlen.
Von wegen «Unruhestand»: Sein Sohn baut in Huttwil ein Einfamilienhaus um. Und dort wird die Arbeitskraft des Praktikus Rudolf Jordi mit Sicherheit weiterhin ein gefragter Artikel sein. Die Hände in den Schoss zu legen, liegt also bis auf weiteres noch nicht drin.
Von Hans Minder