A-Nati und Olympiatraum als 15-Jährige
Lara Christen, Eishockeyspielerin aus Huttwil – Die 15-jährige Huttwilerin Lara Christen stürmt an die Spitze. Die Verteidigerin des NLB-Frauenteams von Langenthal hat es nach ihrem Wechsel zum Frauenteam ZSC Lions bereits zur Stammspielerin beim NLA-Tabellenführer geschafft. Ausserdem gehört Lara Christen der A-Nationalmannschaft an – und darf deshalb sogar von den Olympischen Spielen 2018 träumen.
Eishockey · Der 19-jährige Eishockeyspieler Luca Christen hat einen fulminanten Karrierenverlauf hingelegt: Innert kurzer Zeit schaffte es der Huttwiler zum NLB-Stammspieler beim SC Langenthal. Ausserdem erhielt er bereits ein Aufgebot für die U20-Nationalmannschaft. In den letzten Wochen geriet die Hockeyhierarchie im Hause Christen an der Hohlenstrasse in Huttwil aber arg ins Wanken. «Schuld» daran ist ein erst 15-jähriges Eishockey-«Küken». Lara Christen, die vier Jahre jüngere Schwester von Luca, stürmte als Verteidigerin innert weniger Wochen an die Spitze. «Ich bin über jeden Schritt vorwärts dankbar», sagt die bescheidene Neuntklässlerin.
Forderung als Türöffner
Zuletzt ging es für die 2002 geborene Sportlerin steil nach oben. Als Spielerin bei den Mini-Novizen von Langenthal bekam Christen im NLB-Frauenteam von Langenthal viele Einsätze. Ausserdem glänzte sie in der U18-Nationalequipe. Und dort geschah der nächste Karrierenkick. «Der U18-Natitrainer verlangte, dass ich bei einem NLA-Frauenteam spiele», erklärt Christen. Mit dieser Forderung trat sie an ihren Club. Dort setzte sich Nachwuchschef Olivier Horak für das Huttwiler Talent ein. Und so kam der Wechsel zu den ZSC Lions, dem NLA-Tabellenführer der Frauen, zustande. «Zuvor war ich noch beim NLA-Club SC Reinach im Probetraining. Dort hat sich aber nichts ergeben. Umso glücklicher bin ich, dass es bei der besten Frauenmannschaft der Schweiz geklappt hat», sagt Christen.
NLA-Torschützin im Spitzenspiel
Und auch in der höchsten Spielklasse der Frauen – präzise Swiss Woman Hockey League A genannt – wusste die Huttwilerin zu überzeugen. Am 25. Oktober gab Christen als teamjüngste ZSC-Spielerin ihr NLA-Debüt. Und bereits am 1. November schoss sie beim 5:3-Sieg über Lugano ihr erstes NLA-Tor. «Darüber bin ich sehr stolz. Auch, weil mir der Treffer gegen das zweitbeste Frauenteam gelang», sagt Christen. «Der Puck liegt daheim auf meinem Nachttisch.» Seit dem Wechsel hat der 15-jährige Teenager sieben Partien für die ZSC Lions bestritten und sich ausgezeichnet integriert. «Die Mitspielerinnen haben mich super aufgenommen, helfen mir, wann immer ich Fragen oder Probleme habe.»
Christen spielt gerne gegen die Jungs
Wann immer möglich spielt Lara Christen auch noch bei den Mini-Novizen A von Langenthal. Dort spielt sie unter Coach Olivier Horak im gleichen Team wie der Huttwiler Tim Mathys und der Eriswiler Colin Mosimann. «Mir ist es wichtig, auch noch mit und gegen Jungs zu spielen. Das Körperspiel ist viel anspruchsvoller und das Niveau höher als bei den Frauen.» Das 15-jährige Talent ist sich aber auch bewusst, dass damit irgendwann Schluss ist. «Es wäre schön, wenn ich auch noch bei den Novizen Top sowie den Elite-Junioren B von Langenthal mitspielen könnte. Dafür muss ich mich aber ganz schön reinhängen», ist sich die 60 kg leichte Akteurin bewusst. «Ich mag es aber, Jungs zu checken.» Christen glaubt, körperlich eine der robusteren Spielerinnen im Frauen-Eishockey zu sein.
Als Dreikäsehoch mit brüderlichen Schüssen eingedeckt
Angst vor harten Checks und Schüssen hat die 15-Jährige sowieso nicht. Dies war schon so, als sie mit dem Eishockey in Kontakt kam – oder vielleicht gerade deswegen. Ihr erfolgreicher Bruder zeichnet dafür verantwortlich. «Ich konnte noch nicht richtig gehen, da steckte mich Luca in die Ausrüstung und stellte mich ins Tor», erinnert sich Lara genau. «Erst viel später durfte auch ich Schüsse auf ihn abfeuern», schmunzelt Christen. «Eishockey hat mir einfach auf Anhieb gefallen. Wir haben unzählige Stunden auf dem Garagenplatz gespielt. Besonders amüsant war es jeweils, wenn auch mein Vater und mein Grossvater mitmachten», erzählt Lara Christen. Vater Reto und Grossvater Max sind beides passionierte Eishockeyspieler. «Sowieso geniesse ich in meiner Familie riesigen Support. Meine Eltern und Grosseltern übernehmen fast alle Transporte von mir und meinem Bruder. Dafür sind wir unendlich dankbar.» Das Eishockey-Feuer brennt in der gesamten Familie. Für die beiden Talente ein extrem wichtiger Mosaikstein.
Aufgebot für das A-Nationalteam
Schnell tickte Lara Christen wie ihr grosser Bruder, der zugleich ihr Vorbild ist (über ihrem Bett hängt ein Autogramm von Luca): Ohne Stock und Puck ging nicht mehr viel, Eishockey wurde zur wichtigsten Betätigung. Nach dem Start bei den Bambinis der Huttwil Falcons folgte nach der Eishallenschliessung der Wechsel zum SC Langenthal, wo Lara Christen Stufe für Stufe durchwanderte.
Mit 15 Jahren spielt sie nun bereits in der höchsten Liga. Damit nicht genug: In diesem Herbst flatterte ein Aufgebot für die A-Nationalmannschaft der Frauen ins Haus. «Ich traute meinen Augen nicht, war unglaublich glücklich darüber.» Und wie immer zuvor packte Lara Christen ihre Chance am Halloween-Cup in Dmitrow in Russland im November. Nationaltrainerin Daniela Diaz hat sie auch für das Viernationenturnier im tschechischen Primbram vom 14. bis 16. Dezember aufgeboten.
«Darauf freue ich mich wahnsinnig.» Schultechnisch ist die Reise kein Problem. Sie besucht im Schulhaus Hofmatt in Huttwil die Klasse 1a und gehört dem Talentförderprogramm der Region Emmental-Oberaargau an. «Die Lehrer haben Verständnis, wenn ich wegen dem Eishockeyspielen fehle.»
Der Traum von Olympia
Im nächsten Sommer beendet Lara Christen ihre Schulzeit. «Als Frau nur auf das Eishockey zu setzen, ist utopisch. Ich bin auf der Suche nach einer 4-jährigen KV-Lehrstelle.» Gleichwohl dürfte der aktuelle Fokus fast ausschliesslich dem Eishockeysport gelten. Nationaltrainerin Daniela Diaz gibt Mitte Januar die drei Torhüterinnen und die 20 Feldspielerinnen bekannt, die nach Pyoeng Chang an das Olympische Eishockeyturnier fliegen. Die Chancen sind absolut intakt, dass der Blumenstädter Shootingstar auch diese Hürde schafft. Eine 15-jährige Huttwilerin am grössten Sportanlass der Welt wäre dann wirklich der absolute Burner. «Natürlich träume ich davon. Aber dies ist alles. Als 15-Jährige habe ich – realistisch gesehen – kaum eine Chance, dabei zu sein.»
Da könnte sich das Huttwiler Verteidigertalent, das mit grosser Ruhe und pfeilgenauen Pässen alle Fachleute überzeugt, gewaltig täuschen…
Von Stefan Leuenberger