• Die Sanierung des Sekundarschulhauses (im Vordergrund) wird um drei bis vier Jahre hinausgeschoben. Turnhalle und Mitteltrakt sollen (wie beim ersten Projekt vorgesehen) durch einen zweckmässigen Neubau mit Turnhalle/Technikräumen/Garderoben und sanitarischen Räumen, Klassenzimmern und Lehrerbereichen sowie Unterrichtsräumen und Spezialräumen ersetzt werden. · Bild: Liselotte Jost

21.06.2019
Emmental

Abspecken, wo kaum Speck vorhanden ist

An der Medienkonferenz vom Donnerstagmorgen präsentierten die Verantwortlichen das neue, gegenüber dem ersten um 1,167 Millionen Franken weniger teure Projekt für die dringendst notwendige Erweiterung der Schulanlagen Rüegsauschachen. Die Sanierung des Sekundarschulhauses soll um drei bis vier Jahre hinausgeschoben werden. Die Finanzierung des Baukredits von neu 14,255 Millionen Franken ist sichergestellt. Am 24. November 2019 wird das Volk erneut darüber entscheiden.

Rüegsauschachen · «Es ist eine lange Geschichte, die an Dringlichkeit zunimmt», brachte es Gemeindepräsident Andreas Hängärtner und Präsident des Gesamtprojektausschusses an der Medienkonferenz auf den Punkt. Denn die Mängel der Schulanlagen seien bereits vor 20 Jahren erkannt worden, insbesondere die schlechte Bausubstanz des Mitteltrakts, die zu kleine, nicht mehr der Norm entsprechende Turnhalle und die zu kleinen Klassenzimmer. Wie dringlich insbesondere die Raumnot inzwischen geworden ist, zeigte die Folie mit der Entwicklung der Schülerzahlen.
Bereits jetzt müssen provisorische Blechcontainer das Schulraumproblem einigermassen lösen. Gehen 2019 gesamthaft 369 Kinder und Jugendliche in 20 Klassen in Rüegsauschachen zur Schule (Sekundarstufe I, Primarstufe und KbF), werden es 2023 431 Schüler in 24 Klassen sein. Mehr Klassenzimmer, mehr Lehrkräfte und für sie bestimmte Arbeitsplätze, mehr Spezialschulzimmer und mehr allgemeiner Schulraum werden notwendig sein, um der Umsetzung des Lehrplans 21 und des damit verbundenen ICT-Projekts in zeitgemässen Strukturen gerecht zu werden.

«Container-Dorf» immer grösser
Davon ist Rüegsauschachen zurzeit sehr weit weg. Mit jedem Schuljahr würde sich das «Container-Dorf» vergrössern, würde nicht eine nachhaltige Lösung angestrebt. Dies mit Kostenfolgen, die in wenigen Jahren den jährlichen Kosten für die Sanierung und Erweiterung der Anlagen nahekämen. Nachdem im September 2018 das Volk den beantragten Baukredit von knapp 18 Millionen bachab geschickt hatte, forderte bereits Mitte Februar eine Gemeindeinitiative, dass in einem Jahr nochmals über dasselbe Projekt abgestimmt und dieses in der Zwischenzeit nach Sparpotenzial überprüft wird. 256 Stimmen hätte es für die Initiative gebraucht, 994 kamen in allerkürzester Zeit zustande (der «Unter-Emmentaler» berichtete).
Der durch den Gemeinderat eingesetzte Gesamtprojektausschuss unter der Leitung von Andreas Hängärtner hat die Projektüberprüfung in der Zwischenzeit abgeschlossen. Der Gemeinderat hat das Ergebnis der Projektüberprüfung und das überarbeitete Projekt zur Erweiterung der Schulanlagen Rüegsauschachen am letzten Dienstagabend in seiner Sitzung genehmigt. Die im neuen Projekt enthaltenen Einsparungen gehen auf die Kosten von Infrastruktur, von Komfort und auch von Energiemassnahmen. Klar war von Anfang an: Der nötige und zeitgemässe Schulraum muss gewährleistet sein, an der Zusammenarbeit mit den Vertragsgemeinden wird festgehalten, und auf eine neue Turnhalle kann wegen den zu kleinen Strukturen und der schlechten Bausubstanz nicht verzichtet werden. Und: «Wir wollen nichts einsparen, das uns in einigen Jahren wieder aufholt», so Paul Baumgartner, Mitglied des Projektausschusses und Gemeinderat Ressort Finanzen.

Sparpotenzial ausgeschöpft
Das neue Projekt bleibt im Vergleich zum ersten weitgehend unverändert. An der Holzkonstruktion für den Neubau wird festgehalten. Der Gesamtprojektausschuss konnte ein Sparpotenzial von total 1,167 Millionen Franken ausmachen. 260 000 Franken sollen weniger für Vorbereitungsarbeiten, 455 000 Franken weniger für Gebäude (unter anderem ohne Beschattung und mechanische Belüftung der Turnhalle), 120 000 weniger für Einrichtungen und 275 000 weniger für die Umgebungsgestaltung eingesetzt werden. Die Reserven wurden um 57 000 Franken zurückgestutzt. Neu soll dem Volk am 24. November ein Baukredit von 14,255 Millionen Franken zur Genehmigung vorgelegt werden, der sich aus 7,281 Millionen für den neuen Klassentrakt, 3,59 Millionen für die neue Turnhalle und 3,084 Millionen übrigen Kosten (Vorbereitung, Einrichtungen, Umgebung, Reserve) zusammensetzt. Die Sanierung des Sekundarschulgebäudes in der Höhe von 2,5 Millionen ist erst für zirka 2023/2024 (Etappe 2) vorgesehen und entsprechend im Finanzplan aufgenommen. Während der Bautätigkeit sollen keine Klassen ausgelagert werden, was zusätzlich Kosten einspart.

Erhöhung um einen Steuerzehntel
Bereits für 2020 sieht der Gemeinderat die Anhebung der Steueranlage der Gemeinde Rüegsau um einen Steuerzehntel vor. Das sei unvermeidlich, immerhin sei diese seit 1970 immer gleich, so Paul Baumgartner. Eine weitere Anhebung um wiederum einen Steuerzehntel werde sich zirka 2022/
2023 aufdrängen. Allerdings: «Das ist ein kleiner Brocken im Vergleich zu der Steuerbelastung durch den Kanton Bern.» Nach Verhandlungen mit verschiedenen regionalen Banken ist die Projektfinanzierung laut Paul Baumgartner durch zwei Banken zugesichert, vorbehältlich der Genehmigung des Projekts durch das Volk. Je nach Zinsentwicklung und unter Berücksichtigung der Abschreibungen würde das Projekt die Gemeindekasse jährlich mit 700 000 bis 750 000 Franken belasten.
Allerdings: Müsste die Schule Rüegs-auschachen die Raumprobleme mit mehr und mehr Containern beheben, würden diese die Gemeindekasse bis 2022/2023 mit jährlich über einer halben Million belasten, – ohne dass mehr Raum gebaut oder irgendwelche Sanierungen vorgenommen worden wären. Die Aussage von Paul Baumgartner und Andreas Hängärtner ist deshalb nachvollziehbar: «Wenn das Volk auch dieses Projekt ablehnen würde, wüssten wir nicht mehr, was machen.»
Mit einer Informationsveranstaltung am 11. September und einem «Tag der offenen Schule» am 1. November soll dies verhindert werden. Passiert der Baukredit am 24. November beim Volk, wollen die Verantwortlichen die sonst rund ein Jahr dauernde Baubewilligungs- und Planungsphase auf neun Monate verkürzen, «ein sportliches Vorhaben», wie Andreas Hängärtner meinte. Aber jede weitere Verzögerung würde das Projekt verteuern und den Schulbetrieb noch mehr beeinträchtigen. Genauso wie dies auch die Ablehnung des ersten Projekts durch das Volk schon getan habe: «Der Volksentscheid vom 18. September 2018 hat höhere Kosten von bisher schon mindestens 250  000 Franken zur Folge», so Andreas Hängärtner und Paul Baumgartner gegenüber dem «UE». Es müssten mehr Container und über eine längere Zeit hinweg aufgestellt werden, um den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten.

Von Liselotte Jost