Als Barkeeper Arbeit und Ausgang vereint
Arbeiten, wo andere ihre Freizeit oder Ferien verbringen: Wie ist es, in einer Bar oder einem Pub zu arbeiten, das nicht unbedingt saisonale Freizeit-Gäste bedient, sondern hauptsächlich an den Wochenenden gut besucht ist ? Der «Unter-Emmentaler» hat beim Restaurant zur Post, wohl besser bekannt als «Pöstli», nachgefragt.
Job im Freizeitparadies · Das «Pöstli» ist nicht nur Bar und Pub, sondern auch ein Restaurant. «Es ist eine Städtli-Beiz. Vom Morgen-Kaffee bis zum Feierabendbier, von Jung bis Alt, vom Büezer bis zum Banker, das «Pöstli» ist für alle da», sagt Besitzer Rolf Jordi. Die Theke dient als Stammtisch, wo viele Stammgäste seit Jahren zu ihrer «Stamm-Barmaid» etwas trinken gehen.
Beruf aus Leidenschaft
Vor 30 Jahren machte Rolf Jordi die Lehre im Gastgewerbe als Servicefachangestellter und übernahm bereits früh Ferienvertretungen in verschiedenen Restaurants. Dass er das Wirte-patent erwerben will, war für ihn immer klar und so machte er dies auch in jungen Jahren. Auf Schiffskreuzfahrten sammelte er viel Erfahrung im Gastgewerbe und genoss die Zeit, unterwegs zu sein, um andere Kulturen und Sitten kennenzulernen. Nach und nach wurde der Wunsch grösser, ein eigenes Restaurant zu führen, und so schaute er sich über mehrere Jahre verschiedene Möglichkeiten an. Eines Tages, es war im Jahre 2010, wurde er gefragt, ob er nicht das «Pöstli» übernehmen wolle. «Da hatte ich gerade den Vertrag für eine weitere Kreuzfahrtverpflichtung unter dem Arm», erzählt er. «Zwei Tage später habe ich mich entschieden, den Vertrag für die Kreuzfahrt nicht abzuschicken und sagte für das ‹Pöstli› zu.» So übernahm er dieses 2010 als Gerant und Pächter.
Im 2016 konnte er das «Pöstli» kaufen und ist seither selbständig. «Es passt für mich. Ich habe genau das Richtige gefunden und für mich ist es nicht nur Arbeit, sondern auch das Hobby und eine grosse Leidenschaft», sagt er.
Eigentlich sei es ein einfacher Job und doch müsse man sich jeden Tag Mühe geben, genau wie in einem Speiserestaurant auch – wo er übrigens auch sehr gerne gearbeitet hat. Also ein «Gastgewerbler» und Kellner durch und durch.
Wochenende hinter dem Tresen
Und so ist es auch kein Problem für ihn, am Wochenende hinter dem Tresen zu stehen. «Neid verspüre ich absolut nicht. Denn wie gesagt, es ist für mich Arbeit, aber auch ein grosses Hobby und ich mag meinen Job. Viele Kollegen kommen vorbei, und so gesehen habe ich mit den Gästen und den guten Gesprächen und Kontakten ja auch Ausgang», sagt er lächelnd und fügt an: «Das ist alles inklusive beim Arbeiten.» Dafür geniesse er es, an einem anderen Tag frei zu haben. Das sei halt so im Gastgewerbe. Er habe sich dafür entschieden und er kenne nichts anderes. Und doch sei er froh, wenn er nach einem anstrengenden Samstagabend morgens um drei doch noch ins Bett komme, gibt er ehrlich zu. Eine Hauptsaison gibt es für das «Pöstli» eigentlich nicht, wenn, dann eher im Winter. «Im Sommer ist überall viel los und da haben wir weniger Gäste. Im Winter oder wenn schlechtes Wetter ist, haben wir eher mehr Gäste», erklärt er. Also macht die Ferienzeit gar nicht so viel aus? «Nein, die spüren wir nicht unbedingt.» Das Pöstli habe sehr viele Stammgäste und die kommen vorbei, ob Ferien oder nicht, meint er. Von Oktober bis April organisiert das «Pöstli» zwei bis drei Mal pro Monat Events mit Live-Musik, im Sommer ab und zu. Die würden sehr geschätzt, wie der 46-Jährige sagt. In den Wintermonaten gibt es ab und zu auch an Sonntagnachmittagen Live-Musik. «Die sind jeweils sehr gut besucht. Viele schätzen diese Nachmittage sehr und geniessen sie. Das sind jeweils gemütliche Stunden, in denen auch Freunde von mir vorbeikommen.» Ebenfalls einmal im Monat findet das traditionelle Jass-Turnier statt. Die vielgenutzte Sommer-Terrasse teilt er sich mit der Bäckerei Lienhart. «Da dürfen sich alle hinsetzen, ob sie bei mir einkehren, bei der Bäckerei Lienhart oder vom Kebab Haus her kommen, spielt keine Rolle», sagt er. Die Nachbarschaft sei sehr gut und es gäbe keine Diskussionen deswegen.
Herausforderungen
Das klingt ja alles schön und harmonisch. Doch in einer Bar, die an 365 Tagen im Jahr und bis weit in die Nacht hinein geöffnet hat, wird Alkohol getrunken. Manchmal auch einen über den Durst. Gibt es nie Probleme? «Doch, die gibt es schon», sagt Rolf Jordi. «Allerdings heutzutage viel weniger als etwa noch vor zehn Jahren. Heute haben wir vielleicht ein- bis zweimal pro Jahr Probleme mit Betrunkenen, die pöbeln.» Wichtig sei es, die Ruhe zu bewahren. «Mit Anstand und Respekt, aber bestimmten Worten können wir die Situation immer wieder beruhigen», erklärt er gelassen. Die meisten seien ja Stammgäste, die er kenne und gut mit ihnen umgehen könne und die auch nicht Probleme machen würden. «Schwieriger ist es, wenn jemand Probleme macht, den ich nicht kenne – ich weiss so nicht, wie die Person reagiert.» Aber bis anhin habe noch niemand alles kurz und klein geschlagen, meint er. Und notfalls müsse man die Person halt vor die Türe stellen. Dank Freunden und anderen Stammgästen habe er immer Unterstützung im Rücken, ist er dankbar. Und wenn dann tatsächlich einmal so etwas passiert sei: Einmal draussen tief durchatmen. Obwohl Rolf Jordi seine Arbeit liebt und genau am richtigen Ort ist, wie er betont, ist die grösste Herausforderung, alles unter einen Hut zu bringen. Nur mit dem «hinter der Theke stehen» ist es nicht gemacht und ein Privatleben hat er ja auch noch. «Mein Motto ist, dass ich immer das Positive aus allem herausnehme», sagt er. Und solange er diese Motivation und Freude am Gastgewerbe hat, wird er auch weitermachen und das «Pöstli» weiter betreiben. Sein Team von insgesamt zehn Barmaids und drei Putzfrauen unterstützen ihn tatkräftig dabei.
Von Marianne Ruch