Altersheim ist neu auch Strom-Selbstversorger
Dank der neuen Photovoltaikanlage versorgt sich nun das Altersheim Hasle-Rüegsau zu 50 bis 60 Prozent mit eigenem Strom. Zusammen mit der Umstellung der Heizung von Öl auf Wärmepumpe leistet das Heim zudem ab diesem Herbst einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz.
Rüegsau · Bei dem im Jahr 1983 eröffneten Alters- und Pflegeheim Hasle-Rüegsau funktionierte trotz verschiedenen nachträglichen Änderungen schon von Anfang an die Heizung nicht richtig. Aus diesem Grund wurde bald einmal die ursprünglich eingebaute Wärmepumpe abgestellt und nur noch mit Öl geheizt. Weil sich zudem die Ansprüche im Lauf der Jahre änderten, erfolgten im Jahr 2000 verschiedene Sanierungs- und Verbesserungsarbeiten sowohl in den Zimmern der Pensionäre wie in den verschiedenen Betriebsräumen. Eine Besonderheit der damaligen Arbeiten war, dass die Heimbewohnerinnen und -bewohner während den achteinhalb Wochen dauernden Hauptarbeiten im ehemaligen Spital Sumiswald wohnten. Die Heizungsanlage im Altersheim wurde von Anfang an so konzipiert, dass neben dem Altersheim auch das Gemeindehaus und das Kirchgemeindehaus beheizt werden konnten. Die finanzielle Beteiligung für den Bau, Unterhalt und Betrieb der Heizung wurde in einem Kostenverteiler festgelegt. Aus verschiedenen Varianten für den Heizbetrieb und der Abwägung der verschiedenen Möglichkeiten wurde schliesslich die Variante «Ölheizung konventionell» gewählt und realisiert. Allerdings lag damals der Preis für hundert Liter Heizöl in der Grössenordnung von dreissig Franken, während es aktuell mehr als hundert Franken mehr sind. Mit dem Bau des Trakts entlang der Gerbestrasse erfolgte in den Jahren 2007 bis 2009 eine grössere Heimerweiterung mit zusätzlichen 20 Betten. Damit verbunden war ebenfalls eine Sanierung der Küche und des Speisesaals sowie die Gestaltung eines neuen Hauptzugangs. Mit der im Jahr 2000 erfolgten Heizungssanierung wurde bereits eine Heizungskapazität eingebaut, welche auch die Erweiterung abdecken konnte. So musste damals, ausser einer neuen Heizverteilung, für den Erweiterungsbau an der bestehenden Heizung nichts gemacht werden. Eine weitere kleine Heimerweiterung gab es im Jahr 2018 mit der Eröffnung einer Demenzabteilung in einem ehemaligen Wohnhaus an der Gerbestrasse. Dieses Gebäude wird jedoch unabhängig vom Hauptbau mit einer Wärmepumpe beheizt. Aktuell verfügt das Alters- und Pflegeheim Hasle-Rüegsau inklusive Demenzabteilung somit über 72 Zimmer. Dazu kommen noch vier Zimmer für Kurzaufenthalte.
Von der Wärmepumpe zum Öl und wieder zurück
Im Jahr 2019, also zwanzig Jahre nach der letzten Heizungssanierung, machten sich der Stiftungsrat und die Leitung des Altersheims erste Überlegungen für eine erneute Sanierung der Heizung. Konkreter wurden die ersten Ideen im Jahr 2020 mit dem Wissen, dass noch ein alter Brunnen für die Entnahme und Rückgabe des Grundwassers vorhanden sei. Dieser stammte von der ersten Heizung, die beim Neubau des Heims im Jahr 1983 in Betrieb genommen und wegen groben Mängeln im Jahr 2000 durch eine Ölheizung ersetzt wurde. Allerdings war im Jahr 1982 die Effizienz und Technologie von Wärmepumpen noch nicht so weit fortgeschritten wie heute. Das war damals auch der Hauptgrund für den Entscheid zugunsten der Ölheizung bei der Sanierung im Jahr 2000. In den letzten Jahren wurde jedoch die Themen Klima, erneuerbare Energie und Nachhaltigkeit zunehmend aktuell. «Wir als Arbeitgebende einer grossen Institution dürfen da nicht abseitsstehen und diese Themen beiseiteschieben», stellt Heimleiter Roger Kalchofner fest. So war es fast die logische Konsequenz, dass sich Stiftungsrat und Heimleitung nicht nur auf die Heizung konzentrierten, sondern noch einen grossen Schritt weiter gingen, indem sie durch die Häusler Ingenieure AG Langenthal eine Gesamtanalyse bezüglich Energieeffizienz der Altersheimbauten machen liessen. Dabei waren Fragen zu beantworten wie: «Wo hat man das Potenzial für eine Optimierung und was für Massnahmen sind zu ergreifen, um diese Optimierung überhaupt zu realisieren?» Dabei ergab die Analyse unter anderem, dass die Ausrichtung der Dachflächen für Photovoltaik ein «gut» bis «sehr gut» und für die zwei südlich ausgerichteten sogar ein «top» ergab. Zudem musste ermittelt werden, was rentabel ist, denn schliesslich ging es neben dem Umweltaspekt auch um die Frage, ob sich die Massnahmen betriebswirtschaftlich lohnen respektive wie lange der Return on Investment ROI dauert. (ROI = eine Kennzahl, die aussagt, innerhalb welcher Zeitdauer sich die Investition bezahlt macht). Das Ergebnis hatte es in sich, denn schliesslich blieb es nicht nur bei der Heizungssanierung mit einer Wärmepumpe, sondern auch die für den Betrieb erforderliche Energie sollte in Zukunft selber produziert werden. Wozu hat man schliesslich die grossen Dachflächen, wo genügend Platz für eine Photovoltaikanlage vorhanden ist? «Photovoltaik in Ergänzung mit Grundwasser-Wärmepumpe ist besonders effizient, weil ein grosser Teil mit Solarenergie betrieben werden kann. Dies verringert zudem die Abhängigkeit von externen Stromquellen und senkt die Betriebskosten. Eine höhere Eigenverbrauchsquote führt zu weiterer Reduktion der Energiekosten. Überschüssiger Strom wird für die Warmwasseraufbereitung und besonders für zwei grosse Pufferspeicher genutzt», erklärte Heimleiter Roger Kalchofner dem «Unter-Emmentaler».
Reduktion der CO₂-Emissionen dank eigenem Strom
Nachdem im März 2023 durch den Stiftungsrat der Grundsatzentscheid für die auszuführende Lösung gefallen war, ging es Schlag auf Schlag: Gestützt auf Offerten von Spezialfirmen genehmigte der Stiftungsrat im Dezember 2023 einen Gesamtkredit von 1 665 090 Franken für die Ausführung des Projekts. Davon entfallen 880 000 Franken auf die Heizungserneuerung und 785 000 Franken auf die Photovoltaik. Auf den ersten Blick scheint zwar der Betrag für das Vorhaben sehr hoch zu sein, doch die langfristigen Vorteile bezüglich Umweltschutz sind beträchtlich, können doch mit diesen beiden Lösungen pro Jahr die CO2-Emissionen um zirka 372 Tonnen reduziert werden. Aber auch die Einsparungen bei den Energiekosten lassen sich sehen, kann doch mit der Photovoltaikanlage 50 bis 60 % des jährlichen Strombedarf abgedeckt werden. Aktuell besteht im Moment für das Altersheim, Kirchgemeindehaus und Gemeindehaus ein Energiebedarf in der Grössenordnung von 380 000 bis 400 000 kW pro Jahr. Dabei kann allerdings zum jetzigen Zeitpunkt der Bedarf für die Wärmepumpe noch nicht genau beziffert werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass ein Teil des in den Sommermonaten produzierten Stroms nicht selber verwertet werden kann, sondern ins Netz eingespiesen wird. Trotzdem war es sicher eine sehr kluge Entscheidung des Stiftungsrats, dass er sich nicht nur für die Heizungserneuerung, sondern auch für die Photovoltaikanlage entschieden hat. Finanziert wird das Ganze übrigens mit eigenen Mitteln des Altersheims. Erfreulich für die Region ist zudem, dass die Bauarbeiten durch einheimische Firmen ausgeführt wurden. Für die Photovoltaik ist das die Firma Clevergie AG Wyssachen und für die Heizung die Roth Wärmetechnik AG Langnau.
Von Ernst Marti