«Anhaltende Aufwärtstendenz motiviert mich»
Ein Titelgewinn – egal ob in der Meisterschaft oder im Cup – wollte das NLA-Frauenteam der Unihockeyvereinigung Skorpion Emmental in der Saison 2021/22 feiern. Es klappte nicht. Der 37-jährige Trainer Lukas Schüepp nimmt Stellung.
Unihockey · Wie gross ist Ihre Enttäuschung?
Die ist natürlich schon gross. Doch wir befinden uns bereits im Verarbeitungsprozess. Nach dem Playoff-Out fanden noch zwei lockere Trainings statt. Dies war wichtig, um gemeinsam das Erlebte zu verarbeiten. Wir sind wie eine Familie. Diese gemeinsame Zeit nach den Ernstkämpfen tat gut. Und natürlich war es auch ein schöner gemeinsamer Abschluss, insbesondere weil es auch Spielerinnen gibt, die das Team verlassen werden.
Die UHV Skorpion Emmental wollte in der Saison 2021/22 unbedingt einen Titel gewinnen.
Das ist korrekt. Die Zielsetzung war ambitioniert, ganz klar. Ein Titelgewinn muss man sich verdienen. Ich denke da an die Männer vom SV Wiler-Ersigen, welche viele Finalpartien verloren, ehe sie erstmals einen Titel feiern konnten. Nie aufgeben gewinnt. Dies sollte auch für uns gelten.
Das Saisonziel wurde verpasst. Doch sowohl im Cupfinal (knappe 3:4-Niederlage gegen Kloten-Dietlikon) wie auch in der Meisterschaft (Halbfinal-Out gegen Piranha Chur) waren die «Skorps» ziemlich nahe dran. Schlecht war die Saison nicht.
Und weil wir dem Ziel noch einmal einen Schritt näher gekommen sind, tut es doppelt weh. Wir haben eine ausgezeichnete Qualifikation gespielt, den Qualisieg nur hauchdünn verpasst. Und auch die Leistungen im Cup und in den Playoffs waren noch einmal besser als in der Vorsaison. Wir konnten uns erneut steigern. Die anhaltende Aufwärtstendenz stimmt mich zuversichtlich.
Doch woran lag es, dass in beiden Wettbewerben der letzte nötige Schritt diese Saison (noch) nicht getätigt werden konnte?
Der Hauptpunkt lag bei den Zweikampf-Situationen. Sowohl ohne Ball in der Verteidigung wie auch mit Ball in der Offensive müssen die Eins-gegen-Eins-Situationen viel öfters gewonnen werden. Da werde ich in den kommenden Trainings den Hebel ansetzen.
Mit was waren Sie in der entscheidenden Meisterschaftsphase überhaupt nicht zufrieden?
Das Team hat die meisten Sachen gut umgesetzt. Es waren in jeder Partie kleine Sachen, die nicht passten. Gegen Chur war es sicher so, dass wir es über die gesamte Serie nicht schafften, die Top-4-Spielerinnen Martina Repkova, Katarina Klapitova, Julia Suter und Corin Rüttimann aus dem Spiel zu nehmen. Ein weiterer Punkt, an dem wir arbeiten werden.
Haben Sie bei der Analyse eigene Fehler gefunden?
Dieser Prozess ist noch voll im Gang. Ich hinterfrage alle meine taktischen Entscheide, überlege mir, ob es andere und unter Umständen bessere Lösungen gegeben hätte. Mit den Erkenntnissen will ich wachsen und mich so als Trainer weiterentwickeln. Natürlich gehört zu diesem Prozess auch das Überdenken der gewählten Spielphilosophie.
Es gab «Skorps»-Spielerinnen, welche dauerhaft glänzten. Nennen Sie mir Ihre Top-3 der Playoffs.
Da möchte ich in erster Linie unsere Torhüterin Helen Bircher hervorheben. Sie hat uns in allen Spielen die Möglichkeit bewahrt, gewinnen zu können. Bei den Feldspielerinnen fällt es mir schwer, einzelne Spielerinnen aus dem starken Kollektiv hervorzuheben.
Grandios waren auch die Fans. Die grün-schwarze Wand leistete einen unglaublichen Support.
Die waren wirklich top. Ein riesiges Dankeschön. Sowohl bei den Heim- wie auch bei den Auswärtsspielen standen die Fans wie eine Wand hinter uns. Im Fanbereich haben wir den Schweizer Meistertitel überlegen gewonnen. Es ist einfach schön, dass wir mit unserem Unihockeyspiel ein solches Feuer und eine derartige Begeisterung entfachen können.
Lange war das Markenzeichen der «Skorps», ohne Ausländerinnen auszukommen. Dies hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Ausländische Kräfte kosten Geld. Und die Erwartung in sie ist gross. Wie schwierig ist es für Sie, ausländische Kräfte im Team zu haben, welche die in sie gesteckten Hoffnungen erfüllen können?
Da muss ich ganz klar erwähnen, dass es in der heutigen Zeit gar nicht mehr ohne Ausländerinnen geht, um ganz vorne mitmischen zu können. Aus meiner Sicht haben diese Saison alle unsere Ausländerinnen die Erwartungen grundsätzlich erfüllt.
Die Schwedin Malin Brolund blieb aber viel schuldig.
Das ist Ansichtssache. Malin wechselte als Topskorerin der Red Lions Frauenfeld zu uns. Während sie bei Frauenfeld die klare Leaderin war, kam sie bei uns in ein Team mit vielen ebenbürtigen Spielerinnen. Sie brauchte verständlicherweise Zeit, um in diesem neuen Umfeld ihr Leistungsvermögen zeigen zu können. Ausserdem führte die starke Konkurrenzsituation dazu, dass sich Malin oft auch unter anderem mit der aufstrebenden Nachwuchsspielerin Michelle Gerber um einen Platz in der Startaufstellung duellieren musste.
Brolund muss den Verein verlassen. Dafür wurde die Schwedin Ada Hök von Zug United verpflichtet. Was erhoffen Sie sich von der Offensivverteidigerin?
Aufgrund mehrerer Abgänge auf der Verteidigerposition, mussten wir uns auf die kommende Saison hin auf dieser Position verstärken. Ada Hök hat bei Zug diese Saison bewiesen, dass sie auf höchstem Niveau überzeugen kann.
Stammspielerin Nadja Reinhard nimmt sich nach dem Nati-Rücktritt auch auf Clubebene eine Auszeit. Wie schwer wiegt dieser Ausfall?
Der wiegt schwer. Nadja hat eine ganz wichtige Position im Team. Ich kann aber absolut nachvollziehen, dass sie nach vielen Unihockeyjahren und nach mehreren schweren Verletzungen etwas Distanz braucht. Ich wünsche mir, dass sie nach dem Time-out zurückkehrt.
Wie sieht die weitere Kaderplanung aus?
Ein NLA-Verein darf drei Ausländerinnen plus eine Ausländerin im Juniorinnen-Alter einsetzen, so will es das unterzeichnete Ausländer-Agreement. Da Lucie Rezacova in der nächsten Saison nicht mehr im Juniorinnenalter ist, sind wir derzeit noch auf der Suche nach einer geeigneten Ausländerin im Juniorinnenalter. Ansonsten darf ich mich glücklich schätzen, dass das Team wie auch der Staff grösstenteils zusammen bleibt, was meine Arbeit einfacher macht. Wir können auf die Kontinuität bauen.
Glauben Sie daran, dass die UHV Skorpion Emmental so bestückt sein wird, dass sie in der kommenden Saison mit Kloten-Dietlikon und Chur mithalten kann?
Ja, auf jeden Fall.
Wird ein Titelgewinn auch in der kommenden Spielzeit 2022/23 das Hauptziel sein?
Jawohl, denn das Team hat seinen Zenit noch nicht erreicht.
Nach intensiven Unihockey-Monaten haben Sie nun einige Tage frei. Was unternehmen Sie?
Eine Pause tut mir gut. Die ganze Saison mit all den Coronaeinflüssen hat sehr viel Substanz gekostet. Ich freue mich auf ein paar Tage am Meer. Dort werde ich Energie tanken.
Wird es sowohl für den Trainerstaff wie auch die Spielerinnen schwierig sein, nach der grossen Enttäuschung die Motivation wieder zu finden, um hart für die kommende Spielzeit zu arbeiten?
Überhaupt nicht. Wir sind hungrig. Wir haben ein Ziel vor Augen. Um dies zu erreichen, sind wir bereits während dem Sommertraining bereit, noch härter zu arbeiten.
Zum Schluss: Wer gewinnt den heutigen Frauen-Superfinal zwischen Kloten-Dietlikon und Piranha Chur?
Ich bin der Meinung, dass sich Kloten-Dietlikon, Piranha Chur und wir auf Augenhöhe bewegen. Zwischen diesen drei Teams ist alles möglich. Darum ist für mich der Ausgang des Finals völlig offen.
Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Lukas Schüepp, Trainer UHV Skorpion Emmental