• Sie trafen sich zu einer fussballerischen Aussprache (von links): Philipp Marti (Präsident SC Huttwil), Stefan Sommer (Vorstandsmitglied SV Sumiswald), Erwin Aeschlimann (Trainer SV Sumiswald), Izak Domgjoni (Trainer YF United Huttwil), Daniel Ferreira Soares (Assistenztrainer YF United Huttwil) und Marius Aerni (Captain und Vizepräsident YF United Huttwil). · Bild: Stefan Leuenberger

19.08.2022
Sport

Annäherung statt Frust, Grabenkämpfe und Intrigen

Im Regionalfussball gibt es Spannungen zwischen den Fussballvereinen SC Huttwil, YF United Huttwil und SV Sumiswald. Doch wie schlimm ist die Situation genau? Der «UE» setzte sich vor dem Saisonstart mit den Verantwortlichen an einen Tisch. Die Quintessenz: Alle nahmen Stellung – und geloben Besserung.

Fussball · Seit der Saison 2017/18 mischen die Young Fellows United Huttwil 2017 die regionale Fussballszene auf. In der letzten Saison hat es der neue zweite Huttwiler Fussballverein mit dem Aufstieg in die 3. Liga sogar geschafft, die Nummer 1 in Huttwil zu werden. Seit der YF United Huttwil existiert, gibt es aber auch Spannungen mit dem gerade 100 Jahre alt gewordenen Huttwiler Traditions-Fussballverein Sportclub Huttwil. Dieser wiederum pflegt seit Jahren eine Zusammenarbeit – insbesondere im Nachwuchsbereich – mit dem SV Sumiswald. Doch auch dort gibt es Spannungen. Statt den Stammtischgesprächen und Gerüchten Beachtung zu schenken, setzte sich der «UE»-Sport mit den Verantwortlichen der Clubs an einen Tisch, um zu hören, wie die scheinbar brisante Situation effektiv ist. Bedauerlicherweise nicht anwesend sein konnte mit Elias Aerni die wichtigste Person des im März 2017 gegründeten zweiten Huttwiler Fussballvereins Young Fellows United Huttwil. Der Gründer, Präsident, Spieler und Trainer in Personalunion verletzte sich in einem Testspiel schwer, muss operiert werden und fällt die ganze bevorstehende Saison aus.

Angst vor dem «Abzügeln» von Spielern
Rückblick: Weil beim SC Huttwil eine neue U23-Mannschaft damals kein Thema war, schlossen sich um die 25 junge Spieler mit einem Durchschnittsalter von 19 Jahren zu einem eigenen Fussballverein zusammen. Mit einer 5.-Liga-Equipe stiegen die Kollegen in den Meisterschaftsbetrieb ein. Vier Saisons plus die Coronazwangspause später spielt der neue YF United Huttwil in der 3. Liga. Im Vorfeld der am Wochenende beginnenden Spielzeit 2022/23 war beim SC Huttwil die Sorge gross, dass die Young Fellows viele Spieler «abzügelt». «Natürlich freut es uns nicht, wenn wir hören, dass Spieler von uns angefragt wurden, den Verein zu wechseln», sagt Philipp Marti, Präsident des Sportclubs Huttwil. «Die Faust im Sack zu machen, bringt aber nichts. Zusammen mit dem SCH-Sportchef Pascal Minder suchte ich das Gespräch mit den YF-Verantwortlichen.» Die Parteien trafen sich. «Es war ein gutes Gespräch», findet Marius Aerni, Captain und Vizepräsident des YF United Huttwil. «Wir haben YF aufgezeigt, dass es nicht sauber ist, wenn wir die Spieler über Jahre ausbilden und sie dann einfach abgeworben werden», sagt Marti. «Handkehrum ist es völlig legal, dass ein Spieler, der nicht mehr bei uns, sondern bei YF spielen will, wechseln darf. Nur sollte dies auf dem offiziellen Weg passieren», findet der SCH-Boss. «In keinem Fussballverein hast du die volle Kontrolle darüber, was die Spieler untereinander austauschen. Aber es ist auch nachvollziehbar, dass Kollegen, die neben dem Fussballfeld die Zeit verbringen, auch zusammen Fussball spielen möchten», gibt Izak Domgjoni, der zusammen mit Elias Aerni und Daniel Ferreira Soares das Traineramt bei YF United inne hat, zu bedenken. «Das ist klar. Sowieso können ja nur die Verantwortlichen die Spieler effektiv verpflichten. Uns ging es aber darum, dass die gezielten Anfragen der Verantwortlichen auf dem offiziellen Weg erfolgen. Bei einem korrekten Transfer sollen beide betroffenen Parteien die Möglichkeit haben, mit dem Spieler zu sprechen, bevor eine Entscheidung gefällt wird», findet Marti.

Eine zweite Mannschaft gegründet
Daran hat sich der YF United gehalten und eine Liste eingereicht. «Wir wollten schon viel früher eine zweite Mannschaft stellen. Konkret wurde dies nun erst Ende der letzten Saison», erklärt Marius Aerni. «Um beide Mannschaften stellen zu können, fehlten uns einige Akteure. So kam es zu den Anfragen», erklärt Aerni. Konkret handelte es sich um sieben Spieler. Zwei davon gaben klar zu verstehen, dass sie beim SC Huttwil bleiben wollen. Drei Spieler mit Jahrgang 2006 und zwei Spieler mit Jahrgang 2005 – junge Akteure, die auch neben dem Feld Kontakte zu den YF-Spielern pflegen – haben sich zu einem Wechsel entschlossen. «Auch wenn wir die Abgänge nicht gut finden: Alles lief korrekt ab», bestätigt Philipp Marti. «Und trotzdem hatten diese Transfers weitgehende Auswirkungen», erklärt Stefan Sommer, langjähriger Sportchef und jetziger Beisitzer im Vorstand des SV Sumiswald. «Unsere Juniorengruppierung SC Huttwil/SV Sumiswald hatte für die Saison 2022/23 bei den Junioren B zwei Teams gemeldet. Nach den Abgängen reicht es nun nicht für zwei Teams, womit das Gefälle im einzigen Junioren B-Team sehr gross sein wird und nicht immer alle Spieler zum Einsatz kommen werden», sagt Sommer.

Das Abwerben ein «No-Go»
«Vorneweg: YF United Huttwil macht einen hervorragenden Job und der erste Schritt 2017 war völlig nachvollziehbar. Ich finde es aber nicht korrekt, wenn in der gleichen Ortschaft Spieler abgeworben werden. Es ist für den Verein, welcher die gesamte Ausbildung und die Mühen und Kosten für die Trainerausbildung und Infrastruktur auf sich nimmt – sprich das gesamte Herzblut rein gibt – einfach völlig frustrierend», findet Erwin Aeschlimann, Trainer des Sumiswalder 3. Liga-Teams. «Es braucht meiner Meinung nach eine Statutenänderung, um diesem zwischenmenschlichen ‹No-Go› einen Riegel zu schieben.» Wie sollte diese aussehen? «Bis 18 Jahre kann kein Spieler den Verein wechseln, aus-ser er setzt ein Jahr aus. Dies wird den Eltern der Spieler im Vorfeld mitgeteilt.» So weit möchte der SCH nicht gehen. «Wir appellieren einfach an die Fairness. Und in unserem Gespräch mit YF hatten wir diesbezüglich ein gutes Einvernehmen», findet Philipp Marti. «Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass wir über Jahre hinweg gar keine Transfers von SCH-Spielern getätigt haben», sagt Marius Aerni. «Und von den 20 getätigten Transfers für die bevorstehende Saison 2022/23 stammen schlussendlich fünf Stück, also ein Viertel, vom SC Huttwil», ergänzt Izak Domgjoni. «Es werden viele Unwahrheiten erzählt. Wir haben nicht eine ganze Juniorenmannschaft ‹abgezügelt›», sagt der YF-Trainer.

An die Massnahmen halten
Von den Verantwortlichen gar nicht angegangen wurden Spieler der ersten SCH-Mannschaft. Dies passierte höchstens auf der angesprochenen Kollegenebene. Einer der Huttwiler Fanionteamspieler (Name der Redaktion bekannt), der auf diese Weise angegangen wurde, erklärte deutlich, dass er auch weiterhin beim SC Huttwil spielen wird. «Wir werden uns künftig an die besprochenen Massnahmen halten. Wir werden einen Spieler, der aus freien Zügen zum YF United wechseln möchte, aber sicher nicht abweisen. Im Gegenzug lassen wir auch einen YF-Spieler ziehen, der unbedingt beim SC Huttwil spielen möchte», verspricht Marius Aerni. Eine eigene Nachwuchsabteilung ist bei YF United Huttwil nicht geplant. «Die aktuellen Spieler haben noch keine eigenen Kinder, die nachgezogen werden können», gibt Trainer Daniel Ferreira Soares zu bedenken.
«Es sind fünf Jahre vergangen, seit der YF United Huttwil gegründet wurde. Nun sind wir erstmals gemeinsam an einen Tisch gesessen. Wir haben endlich eine Grundlage. Daraus kann etwas passieren, was allen Beteiligten hilft. Synergien sollten genutzt werden. Wir dürfen uns nicht gegenseitig kaputt machen», findet Philipp Marti. Es liegt nun vor allem am im Campus Perspektiven die Heimspiele austragenden YF United Huttwil, was er in den kommenden Saisons aus den getätigten Annäherungen mit dem Sportclub Huttwil macht. Beide Huttwiler Fussballvereine sollten sich mit dem nötigen Respekt begegnen und die Grabenkämpfe beenden. Eine Daseinsberechtigung haben beide Clubs.

Die Sache mit dem Huttwiler Gruppenwechsel
Die beiden Nachbarvereine SC Huttwil (100 Jahre alt) und SV Sumiswald (60 Jahre alt) pflegen seit Jahren ein gutes Verhältnis, ohne dabei die Rivalität auf dem grünen Rasen aufzugeben. Ausserdem nehmen im Nachwuchs (Stufen Junioren A bis Junioren C) bei den Frauen und bei den Senioren sogar gemeinsame Teams an der Meisterschaft des Fussballverbandes Bern/Jura teil. Nun gab es aber auch zwischen den beiden renommierten regionalen Fussballclubs etwas «Lämpe». Grund dafür war die heikle Personalie Erwin Aeschlimann, der bekanntlich vom SC Huttwil als Trainer des Fanionteams (zusammen mit Adrian Brenzikofer) entlassen wurde und anschliessend auf die Saison 2021/22 hin als Trainer des Fanionteams von Sumiswald verpflichtet wurde. Mit dem SVS schaffte der Fussballkenner auf Anhieb den Aufstieg in die 3. Liga – notabene in der Gruppe mit dem Fanionteam von Huttwil, welches den Aufstieg um einen Punkt verpasste und nun aus Folge daraus weiterhin in der 4. Liga spielen muss. «Ich habe den damaligen Gruppenwechsel des SCH überhaupt nicht verstanden. Der SCH hätte die Möglichkeit gehabt, in der Gruppe gegen den Erzrivalen YF United Huttwil um den Aufstieg in die 3. Liga zu spielen. Stattdessen tauschte der SCH die erste mit der zweiten Equipe und spielte mit dem besseren Team in der Gruppe gegen Sumiswald», erklärt Erwin Aeschlimann. «Dies empfand ich als persönlichen Angriff gegen meine Person – und als Affront gegen die gemeinsame Zusammenarbeit, da man sich nun gegenseitig um den Aufstieg in die 3. Liga bekämpfte, was ohne Gruppenwechsel verhindert hätte werden können», sagt der langjährige Spieler und Trainer des aufgelösten SC Wyssachen. «Dieser Gruppenwechsel war ein Entscheid des SCH-Vorstandes und nicht des SCH-Fanionteam-Trainers. Der Entscheid war aber niemals gegen die Person Erwin Aeschlimann gerichtet», versichert Philipp Marti vom SC Huttwil.

Intakte Zusammenarbeit
Weiteres Feuer brachte die Tatsache, dass drei SCH-Fanionteam-Spieler (die Namen sind der Redaktion bekannt) vom FC Roggwil für einen Wechsel angefragt wurden. Dies hat SVS-Trainer Erwin Aeschlimann mitbekommen. «Ich habe diesen Spielern dann einfach die Mitteilung zukommen lassen, dass sie bei einem allfälligen Wechsel auch beim SV Sumiswald willkommen wären. Ich habe den Spielern aber keine Anfrage gemacht.» Dies kam natürlich nicht gut an und sorgte auch zwischen den beiden Trainern der ersten Mannschaften für böses Blut. Diese und weitere kleinere Ereignisse waren für das Gesamtprodukt nicht gerade förderlich – dem stimmen alle Beteiligten zu. Wichtig ist den Verantwortlichen vom SCH und SVS aber, zu erwähnen, dass die Zusammenarbeit sonst einwandfrei klappe. «An den Vorstandssitzungen in Sumiswald wird nie ein schlechtes Wort über Huttwil verloren. Auf dem Platz herrscht zwischen den beiden Vereinen eine gesunde sportliche Rivalität. Egal, auf welcher Altersstufe die Derbys stattfinden, beide Vereine wollen unbedingt gewinnen, die Partien werden ehrgeizig und ab und zu auch hart geführt. Nach Spielende reicht man sich aber die Hand und sitzt zusammen», versichert Stefan Sommer vom SVS. «Ich telefoniere praktisch wöchentlich mit SVS-Präsident Alain Geering. Das Verhältnis ist wirklich gut», bestätigt Philipp Marti vom SCH. Beide Vereine erwähnen, dass die Zusammenarbeit sehr eng und die gegenseitige Unterstützung auf Ebene Vorstand und im Bereich der gruppierten Mannschaften sehr gross sei.

Das Ansehen steht auf dem Spiel
Es ist (bedauerlicherweise) wie überall im Leben: Vorderhand schaut jeder einmal für sich. Die drei regionalen Fussballvereine SC Huttwil, SV Sumiswald und YF United Huttwil tun aber gut daran, das Miteinander in Zukunft besser zu pflegen. Über kurz oder lang würde sich dies bei allen drei Vereinen positiv auswirken und das Ansehen nach aussen stärken. Erste Schritte aufeinander zu wurden nun getätigt. Werden die Grabenkämpfe und Intrigen aber eine Fortsetzung finden, steht das Ansehen des Regionalfussballs auf dem Spiel und über kurz oder lang auch die Existenz der Vereine. Eigentlich wünschen sich Beteiligte, Fans wie auch Aussenstehende einfach nur spannende, aber faire Fussballpartien und ganz viel Spass beim Ausüben des sportlichen Hobbys. Nichts mehr ...

Schlussranglisten 2021/22
3. Liga, Gruppe 3
1. FC Wyler* 22 94: 27 60
2. FC Langenthal II 22 62:18 50
3. FC Herzogenbuchsee 22 72: 13 46
4. FC Schönbühl 22 75: 32 44
5. Koppiger SV 22 66: 34 39
6. SC Burgdorf 22 66: 64 30
7. FC Roggwil 22 48: 65 29
8. SC Grafenried 22 53: 58 28
9. FC Bern 1894 III 22 39: 83 18
10. FC Makedonija 22 31: 53 17
11. FC Utzenstorf+ 22 43: 71 16
12. FC Bützberg+ 22 19:150 2

4. Liga, Gruppe 5
1. SV Sumiswald* 22 98:18 60
2. SC Huttwil 22 101:
28 51
3. FC Herzogenbuchsee II 22 72: 14 51
4. FC Aarwangen 22 80: 42 39
5. FC Kirchberg II 22 79: 50 38
6. SC Ersigen 22 60: 64 30
7. FC Blau-Weiss Oberburg 22 45: 60 29
8. FC Lotzwil-Madiswil 22 43: 72 25
9. FC Roggwil II 22 33: 75 19
10. Aemme II (Hasle-Rüegsau) 22 46:63 17
11. SC Burgdorf II+ 22 28:103 11
12. FC Trubschachen+ 22 23:119 9

4. Liga, Gruppe 6
1. SC Münchenbuchsee* 22 90:20 58
2. YF United Huttwil* 22 62:24 53
3. FC Schönbühl II 22 70:40 44
4. FC Diessbach/Dotzigen 22 63:46 35
5. FC Aarberg II 22 39:49 33
6. SC Bümpliz 78 III 22 54:57 32
7. SC Radelfingen 22 56:61 27
8. FC Schüpfen II 22 45:60 26
9. KF Shqiponja 22 56:66 25
10. FC Zollikofen 22 35:60 18
11. FC Wyler II+ 22 28:73 16
12. SC Huttwil II+ 22 27:69 12

5. Liga, Gruppe 6
1. FC Utzenstorf II* 18 43:17 35
2. SV Sumiswald II 18 47:22 35
3. FC Aarwangen II 18 40:27 30
4. Aemme III (Hasle-Rüegsau) 18 40:27 27
5. SC Ersigen II 18 36:32 26
6. FC Lotzwil-Madiswil II 18 30:41 14
7. FC Langnau II 18 29:44 14
8. FC Blau-Weiss Oberburg II 18 16:31 13
9. SC Huttwil III 18 17:60 4
10. SC Wynau Rückzug
* Aufsteiger + Absteiger

Von Stefan Leuenberger