• asm-Direktor Ulrich Sinzig umgeben von der damaligen Bundesrätin Doris Leuthard (links) und der ehemaligen Berner Regierungsrätin Barbara Egger sowie Moderator Stefan Klapproth am 22. August 2008, als das Bipperlisi mit dem Namen Venus enthüllt wurde. · Archivbilder: Thomas Peter

  • Durch seine berufliche Tätigkeit seien Hobby und vor allen die Familie zu kurz gekommen, gibt Ulrich Sinzig unumwunden zu.

  • Lesen war und ist für Ueli Sinzig immer sehr wichtig. · Bild: Irmgard Bayard

15.09.2023
Langenthal

«Auch dank meiner Frau geht es mir so gut»

Bekannt war Ulrich Sinzig in der Region vor allem als langjähriger Direktor der Aare Seeland mobil (asm) und als Stadtrat sowie als Vertreter der Sozialdemokratischen Partei im Grossen Rat. Nun ist er 79 Jahre alt und immer noch sehr vielseitig interessiert und aktiv.

«Mir geht es gut», sagt Ulrich Sinzig, der den meisten Menschen als Ueli Sinzig bekannt ist. Dass dem so ist, sieht man dem über 79-Jährigen an und spürt es beim Gespräch. «Dazu trägt vor allem meine Frau Gerda bei», betont er. Überhaupt sei die Familie heute das Wichtigste. «Früher kam sie wohl etwas zu kurz», gibt er unumwunden zu. Dafür hat er heute umso mehr Zeit für das Zusammensein mit seiner Frau. «Wir gehen viel wandern», nennt er ein gemeinsames Hobby. «In den letzten Jahren haben wir den Oberaargau erst so richtig kennengelernt.» Etwas in den Hintergrund gerückt sei dafür das Tennisspiel. «Aber wir haben einen guten Freundeskreis, den wir pflegen.»

Grosses Interesse an der Gesellschaft
Wie aktiv Ueli Sinzig weiterhin ist, zeigen seine vielseitigen Interessen. «Gegenwärtig lerne ich Italienisch. Aber nicht bei meiner Frau, sondern selbstständig», sagt er mit einem Schmunzeln und verweist damit auf die langjährige Lehrtätigkeit von Gerda Sinzig in der Volkshochschule. Dass er viel liest, kann man an den Büchern erkennen, die auf dem Tisch im Wintergarten liegen. Darunter sind gesellschaftspolitische Werke ebenso wie Sozialpsychologie, kritische Philosophien, Soziologie, Geschichte und Politik allgemein. «Keine Ideologien», wie er klarstellt, «sondern alles gemässigt, so wie ich auch immer die Politik gelebt habe.» Und er verfolge das aktuelle Weltgeschehen sowie natürlich die Europapolitik, für die er sich eingesetzt hat.

Liebe zur Musik und zum Tessin
Ueli Sinzig ist ein angenehmer Gesprächspartner, dem man die Freude am Leben anmerkt. Je mehr er seine aktuellen Interessen aufzählt, desto mehr fallen ihm ein. Da ist zum Beispiel seine Liebe zum politischen Kabarett. «Und natürlich zur Musik.» Seit rund 70 Jahren spielt Ueli Sinzig bereits Klarinette, übt noch fast täglich und gehört einer Jazzband an, die für Auftritte weitherum gebucht wird. «Ich hörte und höre klassische Musik, ihr sowie dem Jazz gehört meine Liebe», sagt er. Seine Frau hingegen spiele vorwiegend Klassik auf dem Klavier. Und zusammen spielen sie nicht? «Nein.» Er lacht und erklärt: «Fürs Klarinette spielen gehe ich in den Keller, Gerda spielt oben.» Körperlich hält er sich neben dem Wandern mit täglichen Gymnastikübungen und am Hometrainer fit. Und seit der Pensionierung macht das Ehepaar Sinzig fast monatlich einen Abstecher ins Tessin.

Rückblick auf ein vielseitiges Berufsleben
Auf sein breites Engagement im Beruf und in der Kultur schaut er gerne zurück. Der Stadtberner ist studierter Rechtsanwalt und bildete sich stetig weiter, so unter anderem in den Bereichen Tourismus, Verkehrsmanagement, Marketing und Unternehmensführung. Er war Generalsekretär der Stadtbetriebe Bern, was die ganze Infrastruktur beinhaltete. «Vieles, was wir damals initiiert haben, wurde umgesetzt», betont er nicht ohne Stolz und nennt als Beispiel die regionalen ÖV-Konzepte im Raum Bern. Zudem amtete er als Generalsekretär für das Bärnfescht 1976. «Viel Arbeit, aber interessant», wie er sich erinnert. Überhaupt sei sein Berufsleben äusserst vielseitig gewesen. Als Direktor der Aare Seeland mobil, einem aus mehreren Betrieben des öffentlichen Verkehrs, des Tourismus und der Gastronomie verbundenen und zum Teil fusionierten Unternehmen, habe er vom Verwaltungsrat viel Freiraum erhalten und diesen auch positiv genutzt. Speziell nennt er den Bereich Tourismus, den er auf- und ausgebaut hat. Für diese Anstellung ist er mit seiner Familie, zu der eine Tochter und ein Sohn sowie heute vier Enkelkinder gehören, nach Langenthal gezogen. Ueli Sinzig war zudem der erste Schweizer Vizepräsident des Weltverbands UITP, einem Verband für das öffentliche Verkehrswesen in Brüssel.

Präsident der Stiftung Paul Klee
Weiter übernahm Ueli Sinzig verschiedene Verwaltungsratsmandate, so jeweils als Vizepräsident der SBB, von Schweiz Tourismus, der BKW sowie des Casino Kursaals Bern. Er habe diese nicht gesucht, sondern sei jeweils angefragt worden, betont er. Ein spezielles Engagement war dasjenige für das Zentrum Paul Klee. Ab September 2008 war er Mitglied des Stiftungsrates der Stiftung Paul Klee, im Februar 2010 wurde er auf Vorschlag des Stiftungsrates zum Präsidenten gewählt. «Kunst und Kultur haben mich immer interessiert und von der Architektur des Hauses sowie vom Künstler war ich stets begeistert», begründet er diese Tätigkeit. Auch die Politik war für ihn immer wichtig. So sass er von 1982 bis 1986 für die SP im Langenthaler Stadtrat, das letzte Jahr als Stadtratspräsident, um anschliessend bis 1996 im Grossen Rat Einsitz zu nehmen. Auf die Frage, warum ein Unternehmer wie er Mitglied der SP sei, sagt er, gesellschaftliche und soziale Herausforderungen, Europa und der Service Public seien seine Themen. Als Direktor sei es zudem immer sein Ziel gewesen, ein gutes Betriebsklima zu schaffen. Seine Frau Gerda war übrigens um die Jahrtausendwende ebenfalls im Stadtrat von Langenthal und im Gemeinderat, wo sie zur Vizestadtpräsidentin ernannt wurde.
Er liebe die Menschen, sagt Ueli Sinzig, und sei froh, weiterhin in vielen Bereichen aktiv sein zu können. So ist er noch heute bei der von ihm mitgegründeten conim AG tätig, einer schweizweit tätigen Beraterfirma für Tourismus und Energie sowie Mobilitätsplanung und trifft sich mit ehemaligen Parlamentarierinnen und Parlamentariern sowie der Lobby des öffentlichen Verkehrs. «Ich weiss, dass wir privilegiert sind», betont er. «Aber auch, dass mein ganzes erfülltes Berufsleben und die heute immer noch gute Zeit ohne meine Frau Gerda nicht möglich wäre.» Da ist sie wieder, die Liebeserklärung an seine Frau.

Von Irmgard Bayard