Auch ohne Rothirsche bleibt Tierpark beliebt
So viele Neuigkeiten wie an der 133. Generalversammlung des Verschönerungsvereins Langenthal (VVL) – er betreibt den Tierpark auf dem Hinterberg – gab es kaum je zuvor. Schweren Herzens musste man sich von den Rothirschen trennen. Abenteuerlich waren weitere Tiergeschichten. Auch im VVL-Vorstand gab es Änderungen – und mit Bruno Dinkelmann ein neues Ehrenmitglied.
«Unser Tierpark bleibt weit herum beliebt. Es kommen Besucher aus allen Nachbarkantonen, und wir dürfen regelmässig sehr positive Rückmeldungen entgegennehmen. Der Tierpark ist ein Mehrwert für die Stadt Langenthal», sagte VVL-Präsident Marc Howald an der von 46 der aktuell 618 Mitglieder besuchten Generalversammlung. Die Beliebtheit der Anlage – vor allem bei Eltern mit Kindern – sei wohl auch darauf zurückzuführen, dass kein Eintritt verlangt werde. Diesbezüglich sei der Tierpark Langenthal fast die Ausnahme. Die Anziehungskraft des Tierparks führe zuweilen zu prekären Parkierungssituationen, so Marc Howald: «An stark besuchten Tagen kommt es zu unmöglichen Situationen. Die Anwohner werden durch den Autoverkehr und durch das wilde Parkieren zum Teil stark beeinträchtigt. Es werden Verbotsschilder missachtet und die Autos am Waldrand abgestellt. Scheinbar gibt es seitens der Behörde keine Lösung dazu. Wir sprechen diese Situation bei jeder Möglichkeit an. Die Hoffnung stirbt zuletzt – auch wenn es hier wohl hoffnungslos ist.»
Park sehr positiv bewertet, aber …
VVL-Präsident Marc Howald erläuterte in seinem Jahresbericht die Ergebnisse der Kontrollen im Park durch das Amt für Veterinärwesen des Kantons Bern. Bei der Kontrolle vom 21. Juni 2023 sei es um den Bestand der Sikahirsche gegangen, der wegen der Übernahme im Jahr 2022 von einem anderen Tierpark relativ hoch war. Marc Howald: «Grundsätzlich gab es keine Beanstandungen. Es wurde jedoch festgehalten, dass im Laufe der nächsten Zeit mehr Tiere abgeschossen werden sollten. Am 7. September 2023 war dieses Amt nochmals vor Ort im Park. Dies im Rahmen der periodischen Kontrolle, die alle vier Jahre stattfindet. Dabei gab es kleine Beanstandungen wie beispielsweise bei den Ohrmarken der Zwergziegen. Der Park wurde sehr positiv bewertet. Die Tiere seien in einem tollen Zustand. Einzig bezüglich des Bestandes bei den Hirschen erhielten wir keine positive Rückmeldung. Es wurden uns massive Auflagen gemacht, die in relativ kurzer Zeit umzusetzen seien. Von einer drastischen Reduktion bei allen Hirschen war die Rede – oder die Reduktion von bisher drei Hirscharten auf zwei.»
Das Verschwinden der Rothirsche
Präsident Howald: «Grundsätzlich ist das Thema des Hirschbestandes nicht neu und taucht schon seit einigen Jahren immer wieder auf. Wir haben im Park keine grossen Möglichkeiten, Ersatzflächen zu schaffen, wo sich der Boden für einige Zeit erholen kann. Nach intensiven Gesprächen und dem Abschätzen von diversen Möglichkeiten hat sich der gesamte Vorstand entschieden, den Hirschbestand auf zwei Hirscharten, nämlich die Damhirsche und Sikahirsche, zu reduzieren. Somit war klar, dass die Rothirsche den beiden anderen Hirscharten weichen mussten. Zum Teil konnten Tiere lebend verkauft werden. Die anderen mussten wohl oder übel abgeschossen werden. Damit schaffen wir nun Platz für die Dam- und Sikahirsche – und wir haben die Möglichkeit, die Gehege zu unterteilen. So kann sich der Boden jeweils erholen, und wir schaffen so hoffentlich mehr Grünfläche. Die Damhirsche werden neu das Rothirschgehege beleben. Damit kehren wir zurück an den Beginn des Tierparks oder Hirschparks, wie er damals hiess. Am 3. Dezember 1891 wurden zum ersten Mal drei Damhirsche, welche der VVL als Geschenk vom Gemeinderat von Bern – aus dem Stadtberner Hirschgraben – erhalten hat, in dieses Gehege eingesetzt.»
Tierpark-Spielplatz: Nichts Neues
«Offen bleibt weiterhin, wie es mit dem Spielplatz beim Tierpark weitergeht. Dazu können wir leider nichts sagen. Wir haben schon seit längerer Zeit keine Infos mehr dazu erhalten», sagte VVL-Präsident Marc Howald. Er informierte, dass im Park während des ganzen Jahres 2023 Anpassungen und Reparaturen durchgeführt worden seien. Ebenfalls seien mehrere Fledermauskästen montiert worden. Dies im Rahmen einer Aktion, welche durch den Verein «Wildparks und Zoos der Schweiz» angestossen wurde.
Tiergeschichten ähneln Krimis
Per 31. Dezember 2023 umfasste der Park in Langenthal 113 Tiere – damals noch inklusive Rothirsche: 33 Damhirsche (1 Stier, 20 Kühe, 12 Kälber), 10 Rothirsche (1 Stier, 3 Kühe, 6 Kälber), 29 Sikahirsche (1 Stier, 19 Kühe, 9 Kälber), 3 Ponys, 2 Alpakas, 20 Zwergziegen (17 Altziegen, 3 Jungziegen) sowie 16 Wildschweine (1 Keiler, 1 Bache, 14 Frischlinge). Tierparkleiter Marcel Plattner hatte zu den sieben Tierarten lustige, aber auch tragische Geschichten zu erzählen. Letztere hörten sich zuweilen wie (Tier-)Krimis an. Es gab so viele verschiedene Vorfälle wie kaum je zuvor: «Am 11. Mai 2023 überbrachte uns der Tierpark Lange Erlen Basel einen neuen Damhirsch-Stier. Die Freude über das wunderbare Geschenk war sehr gross. Diese Freude war jedoch von kurzer Dauer. Am 20. Mai erhielt ich einen Telefonanruf, wonach der Damhirsch-Stier zusammengebrochen sei und am Boden liege. Leider mussten wir den Hirsch von seinen Qualen erlösen. Zwei Damhirsch-Kühe wurden lebendig in den Jura in eine Zucht verkauft.» Marcel Plattner zu den Rothirschen: «Am 25. Januar 2023 wurde Platzhirsch Theo altershalber erlegt und verwertet. Es stand jedoch schon ein neuer Rothirsch-Stier parat, den wir am 11. Mai 2023 von Markus Bösiger übernehmen konnten. Leider zeigte sich früh, dass dieser nicht so liebevoll zu den Kühen schaut wie der alte Theo. Nach einigen schweren Verletzungen bei den Kälbern und Kühen, die wir immer wieder verarzten konnten, verletzte er am 11. November 2023 eine Kuh so schwer, dass wir diese auf Platz erlösen mussten.» Bei den Ponys habe am 30. April 2023 der junge Hengst namens Nakoa das Licht der Welt erblickt. Er sei im Dezember 2023 auf die Hengstenweide geführt und damit sozial eingegliedert worden. Der Platzhirsch bei den Sikas habe sich während der Bast-Zeit am Geweih verletzt, das dann noch einiger Zeit auf der einen Seite abbrach. «Es war ein turbulentes Jahr», brachte es Marcel Plattner auf den Punkt.
Schon bald Alpaka-Nachwuchs
Der Tierparkleiter sorgte bei seinem Bericht von den Zwergziegen für ein kollektives Schmunzeln: «Am 15. Oktober 2023 konnte ich bei Familie Marti einen Ziegenbock holen, den ich Ende Dezember wieder zurückbringen musste, weil noch an vielen anderen Orten Arbeit auf ihn wartete.» Die Jungziegen konnten bis auf drei Junge, die der Tierpark Langenthal behalten wollte, alle verkauft werden. Während der Ziegenbock seine «Arbeit» in Langenthal verrichtete, geschah diese «Arbeit» bei den Alpakas in Bigenthal bei Familie Gerber. Dort wurden die beiden Alpaka-Damen aus Langenthal zum Hengst geführt. Nach einem Ultraschall sei festgestellt worden, dass die beiden Alpakas Nachwuchs erwarten. Noch im Mai 2024 sollten zwei Junge zur Welt kommen. Tierparkleiter Marcel Plattner zu den Wildschweinen: «Im März 2023 kamen 14 Frischlinge auf die Welt. Im Gehege wurden neue Äste hingeführt, sodass die Wildschweine die Möglichkeit haben, sich zu verstecken. Drei Wildschweine konnten wir lebendig an die Fischer- und Jägerausstellung nach Bern verkaufen.»
618 Mitglieder sind 37 weniger
Die im VVL-Vorstand für die Finanzen zuständige Nicole Baumann präsentierte die Jahresrechnung 2023, die bei einem Ertrag von 102 900 Franken und einem Aufwand von 98 400 Franken mit einem Gewinn von 4500 Franken abschliesst. Der grösste Einnahmeposten ist mit 64 100 Franken Parkkasse/Verkauf Futtersäckli – gefolgt von Gönnerbeiträgen (11 500 Franken), Mitgliederbeiträgen (10 900 Franken), Unterhalts- und Gönnerbeitrag Stadt Langenthal (9600 Franken) sowie Patenschaft (700 Franken). Aus dem Verkauf von Tieren resultierten 2300 Franken, aus dem Verkauf von Fleisch 3500 Franken, aus Wertschriften- und Zinserträgen 300 Franken. Am 31. Dezember 2023 betrug das Eigenkapital 217 300 Franken. Die Versammelten genehmigten die Rechnung 2023 ebenso einstimmig wie das Budget 2024 mit einer Gewinnerwartung von 1300 Franken, dies bei Mitgliederbeiträgen von unverändert jährlich 20 Franken.
Bruno Dinkelmann Ehrenmitglied
Gleich mehrere Veränderungen ergeben sich im VVL-Vorstand. Höhepunkt der Versammlung war die Ernennung von Bruno Dinkelmann, der dem VVL-Vorstand seit 37 Jahren angehört, zum Ehrenmitglied. Von 1987 bis 2013 war er Kassier, seither Vizepräsident. Der Geehrte erhält zum Abschied als Geschenk eine VVL-Sitzbank aus Holz. Symbolisch dafür überreichte ihm Präsident Marc Howald schon mal eine rote Mini-Sitzbank – in Plastik verpackt. Bruno Dinkelmann stellt sich noch ein weiteres Jahr im Vorstand zur Verfügung. Gleiches gilt für Tierarzt Bruno Unternährer, der seine Tierarztpraxis aufgegeben hat, jedoch noch ein Jahr im Vorstand verbleibt.
Christina Thaler neu im Vorstand
«Ich muss erwähnen, dass es leider immer schwieriger wird, Personen zu motivieren, sich für die Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen und irgendeine Funktion in einem Verein zu übernehmen», sagte Präsident Marc Howald. Umso glücklicher sei er, dass mit Christina Thaler ein neues VVL-Mitglied gefunden werden konnte. Erfolgreich verlaufen sei auch die Suche nach einem Nachfolger von Tierarzt Bruno Unternährer. Sein Amt übernimmt Tierarzt Jürg Frigg. Die bisher für die Finanzen zuständige Nicole Baumann wird neu Vizepräsidentin. Um die Finanzen kümmern wird sich die mit viel Applaus neu in den Vorstand gewählte Christina Thaler, seit November 2008 Verwalterin der Burgergemeinde Langenthal.
Von Hans Mathys