Auf dem Weg aus dem Corona-Tief
Die Aktiengesellschaft Bären Langenthal macht sich auf den Weg aus dem Corona-Tief. Zwar mussten die Aktionäre an der Generalversammlung einen Jahresverlust von 395 927 Franken zur Kenntnis nehmen, spürten aber auch viel Zuversicht vom neuen Verwaltungsrat, der überzeugt ist, mit der neuen Strategie den «Bären» in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.
Langenthal · Bereits im Sommer stellte die Aktiengesellschaft Bären Langenthal die Weichen für die Zukunft. Mit einer neuen Strategie und neuen Leuten im Verwaltungsrat versucht man aus dem Corona-Tief herauszufinden (der «Unter-Emmentaler» berichtete). So wurden der Gastronomiebereich und die Immobilienbewirtschaftung voneinander getrennt. Der Gastrobereich wird neu durch eine Pächterlösung mit den Betreibern des Gasthof Bären in Madiswil geregelt, während der Hotelbetrieb redimensioniert wird und die vorhandenen Flächen künftig Langzeitgästen oder für Bürovermietungen zur Verfügung gestellt werden. Die Immobilienbewirtschaftung obliegt weiterhin der Aktiengesellschaft Bären Langenthal. Dazu erfuhr auch der Verwaltungsrat personelle Änderungen. So löste Daniela Aeschlimann-Schneider als neue VR-Präsidentin den bisherigen Präsidenten Thomas Rufener nach 17 Jahren ab. Rufener verbleibt aber im Verwaltungsrat.
Hohes Minus nach schwierigem Jahr
Die neue Präsidentin hatte denn auch die unangenehme Aufgabe, die 148 zur 100. Generalversammlung erschienenen Aktionäre darüber in Kenntnis zu setzen, dass der «Bären» nach einem äusserst schwierigen Jahr, in dem der Betrieb wegen Corona während vier Monaten komplett geschlossen und während zwei Monaten nur an den Wochenenden geöffnet war, das Geschäftsjahr 2020/2021 mit einem happigen Minus von 395 927 Franken abschloss. Nach dem Verlustvortrag aus dem Vorjahr in der Höhe von 736 531 Franken resultiert ein Bilanzverlust von 1,132 Millionen Franken, der auf die neue Rechnung übertragen wird. Das Eigenkapital schmolz auf 3,783 Millionen Franken.
Doch Daniela Aeschlimann-Schneider verbreitete auch Optimismus und betonte, dass man mit dem neuen Betriebsmodell versuche Zukunftsperspektiven zu entwickeln. «Mit dem neuen Konzept möchten wir positive Signale aussenden und den Bären wieder zu einem beliebten Treffpunkt ausbauen.» An der GV wurden mit Urs Rickenbacher (17 Jahre), Thomas Witschi (5 Jahre) und Fritz Steiner (3 Jahre) drei langjährige Verwaltungsräte verabschiedet. Die aktuellen Verwaltungsräte Stephan Anliker, Thomas Rufener und Daniela Aeschlimann-Schneider wurden von der Versammlung für eine weitere Amtsdauer bestätigt.
Wie der «Bären» entstand
Die 100. Generalversammlung der Aktiengesellschaft Bären Langenthal bot aber auch Gelegenheit, einen Blick in die Geschichte der «Bären AG» zu werfen. Thomas Rufener entführte die Anwesenden in die Zeit der Gründung der Aktiengesellschaft vor 100 Jahren. Möglich gemacht habe diesen Rückblick der frühere Verwaltungsrat Willy Wälchli, der unzählige Dokumente und Protokolle gesichtet habe und sich zudem auf sein über 40-jähriges Engagement für die Aktiengesellschaft stützen konnte, hielt Rufener fest. Er erinnerte, dass der Bären vor der Gründung der AG im Besitz von Robert Eymann war. «Dessen Vater Christian Friedrich Eymann investierte massgeblich in die Liegenschaft und machte aus dem ‹Bären› den heute noch prägenden Jugendstilbau», erläuterte Thomas Rufener.
Entlang der St. Urbanstrasse baute er den dominanten Mittelbau und ersetzte den damaligen östlich gelegenen Scheunenteil durch einen symmetrisch zum Zentralbau konzipierten Baukörper mit Läden im Erdgeschoss sowie Wohnungen in den Obergeschossen. Auf der Seite zur Jurastrasse, welche damals noch bis zum Spitalplatz führte, platzierte er einen gleichartigen Erker mit dem Türmchen, wie man es noch heute an der Westseite sieht. So entstand ein imposantes Gebäude mit einer eindrücklichen, breitausladenden Fassade. Dahinter befand sich der grosse Bärenhof mit einem Portal in Richtung Kirche. Dieses wurde gerne schön geschmückt und von Brautpaaren auf dem Weg von der Trauung zum «Bären» durchschritten. Freilich, den «Bären» gab es schon viele Jahre zuvor. Der frühere «Bären» wurde nämlich etwa zur gleichen Zeit wie die Langenthaler Tuchlaube und das Kaufhaus erbaut und gehörte den Zinsleuten des Klosters St. Urban. Gemäss alten Schriften des Klosters ist der «Gasthof zum Bären» gegen Ende des 16. oder zu Anfang des 17. Jahrhunderts erbaut worden.
Bank wollte den «Bären» kaufen
Zurück in die Zeit der Gründung der Aktiengesellschaft. Die Eymanns führten den «Bären» über mehrere Jahrzehnte. Die letzten Jahre allerdings standen unter einem schlechten Stern. Es ist anzunehmen, dass die Geschäfte in den Jahren des ersten Weltkrieges 1914 bis 1918 sehr schlecht liefen, zudem waren Teile der Liegenschaft baufällig und veraltet. Robert Eymann suchte einen Käufer. Grosses Interesse bestand seitens der Bank in Langenthal, die die Lokalitäten für ein Bankgebäude umnutzen wollte. Das wäre das Ende des «Bären» gewesen. Es bildete sich aber ein Initiativkomitee aus Langenthaler Fabrikanten und Kaufleuten, mit dem Ziel, den «Bären» für Langenthal zu erhalten. Sie fanden nach langen, zähen Verhandlungen eine Lösung. Die Bank verzichtete und zog vom «Choufhüsi» an die Stelle der heutigen UBS. Sie verlangte dafür jedoch eine Garantie, dass der «Bären» mindestens 20 Jahre weitergeführt werden müsse und keine Bankkonkurrenz entstehen dürfe. Robert Eymann verkaufte den «Bären» für 500 000 Franken an eine noch zu gründende Gesellschaft. Damit konnte die «Bären AG» gegründet werden.
Im Jahr 1962 erfolgte ein weiterer grosser Schritt in der Geschichte der Aktiengesellschaft Bären Langenthal, wie Thomas Rufener weiter ausführte. In diesem Jahr startete die erste Etappe der Coop-Überbauung. Es kam zum Abbruch der Läden und Wohnungen entlang der St. Urbanstrasse. Coop erstellte einen Neubau mit Ladenlokalitäten. Zwischen dem Mittelbau des «Bären» und dem Neubau Coop gab es nun eine Lücke. Vom Verwaltungsrat wurde deshalb die Erstellung eines Zwischenbaus mit neuen Zimmern, einem Laden und dem Durchgang zum Hof an die Hand genommen. Dieser Zwischenbau entspricht dem heutigen Zustand.
Erfolgreiche Ära Stampfli
Die Bauphase allerdings war für den Verwaltungsrat ein veritabler Albtraum. Es ist die Rede von «miserablen» Arbeiten. Es kam zu Bauverzögerungen und Kostenüberschreitungen. Budgetiert waren 400 000 Franken, die Baukosten beliefen sich jedoch auf 550 000 Franken. An einer Bausitzung kam es fast zu Handgreiflichkeiten. Zitat aus dem Protokoll: «Herr Baumberger musste eingreifen und die Parteien zur Mässigung mahnen.» 1981 dann wurde das schicksalhafte Ende der in unmittelbarer Nachbarschaft liegenden, legendären Speisewirtschaft zum «Wilhelm Tell» besiegelt. Am Freitag, 20. März 1981, säumten Hunderte von Schaulustigen die Umgebung des «Tell». Pünktlich um 16 Uhr wurde dieser durch Luftschutztruppen des Feldarmeekorps 2 gesprengt. Mit diesem Akt und der Entwidmung der Jurastrasse war der Grundstein gelegt für den Bau des Coop Supermarkts Tell, was zu einem der bedeutendsten und grössten städtebaulichen Eingriffe in der Stadt Langenthal führte.
Ein wichtiger Schritt erfolgte dann wieder 1995 mit dem Bau der Aussenbereiche auf der Terrasse. Die nun folgenden Jahre wurden für die «Bären AG» zu einer unerwarteten Erfolgsgeschichte. Matthies Stampfli wurde neuer Direktor und bereits im Jahr 1997/98 konnte ein Rekordergebnis mit 2,512 Millionen Franken Umsatz verzeichnet werden. Der junge Direktor schaffte es mit seinem Team, Gäste aus allen Altersklassen und Gesellschaftsschichten in den «Bären» zu locken. Die Umsätze entwickelten sich sehr erfreulich und 1999/2000 wurden im dritten Stock neue klimatische Zimmer eingebaut, die Terrasse erweitert, die Lüftung im Traffeletsaal saniert und die Renovation im Salon des zweiten Stocks vorgenommen. 2006/07 wurde die Vier-Millionen-Umsatzgrenze geknackt. Die Umsätze blieben mit Ausnahme im Jahr der Finanzkrise 2009/10 erfreulich und im Jahr 2010/11 konnte das absolute Spitzenergebnis von 4,333 Millionen Franken Umsatz erzielt werden.
Corona-Krise und Neuausrichtung
Kurz darauf verliess Stampfli den «Bären». Die Geschäfte gingen in der Folge verhaltener und der Umsatz pendelte sich zwischen 3,5 und 3,8 Millionen Franken ein, die Kosten jedoch konnten nicht im gleichen Umfang reduziert werden und somit war es nicht mehr möglich, die betriebsnotwendigen Abschreibungen in genügendem Mass zu tätigen. Und als die Corona-Pandemie über das Land hereinbrach, sah sich der Verwaltungsrat definitiv gezwungen, sich mit der künftigen Ausrichtung des «Bären» vertieft auseinanderzusetzen.
Das Ergebnis führte zum strategischen Ansatz «Neuer Bären». Die AG soll als Immobiliengesellschaft geführt, das Aktionariat verschlankt und die betrieblichen Aktivitäten an Profis ausgelagert werden. «Nur dank diversen Kapitalerhöhungen, Landverkäufen und dem Verzicht auf Dividenden konnte der ‹Bären› am Leben erhalten werden», blickte Thomas Rufener auf die letzten Jahre zurück. Er schloss seine Ausführungen mit hoffnungsvollen Worten: «Der ‹Bären› lebt weiter, die Liegenschaften sind in einem sehr guten Zustand und das vielfältige Gastro-Angebot steht nach wie vor der Bevölkerung zur Verfügung.»
Von Walter Ryser