Aus einem reichen Leben Glück geschöpft
Klaus Stauffer, geboren in Langenthal, lebt noch heute in verschiedenen Welten. Früher war er als Tänzer, Musicaldarsteller und Künstlerischer Leiter international unterwegs. Heute pendelt er zwischen Marbella und Langenthal.
Was macht eigentlich... · Treffpunkt ist ein Bänkchen im Schatten in der Nähe des Dance Centers. Klaus Stauffer ist dem Trubel in Marbella entronnen und für den Sommer in das kühlere Langenthal zurück gekehrt. In Marbella hat er am Meer seinen zweiten Wohnsitz. Zwar wehe dort immer ein angenehmer Wind, so dass sich die Hitze ertragen lasse. Aber der bekannte südspanische Badeort sei im Sommer überlaufen von Touristen. Andererseits biete ihm Marbella Zuflucht vor der Kälte und Düsterkeit des Langenthaler Herbsts und Winters, die er aus gesundheitlichen Gründen schlecht vertrage.
Ein bewegtes Künstlerleben
Klaus Stauffer ist 71 Jahre alt und blickt auf ein reiches künstlerisches Leben zurück. Er begann seine Karriere als klassischer Tänzer. So war er zwei Jahre am Theater Freiburg i.B. engagiert. Es folgten viele Gastspiele. Unter anderem trat er auch an den Bayreuther Festspielen in der Oper «Tannhäuser» auf. Seine Berufung fand er jedoch im Musical «Annie get your gun», für ihn der Theaterbereich der Zukunft. Ihm wurde klar, dass er als klassischer Tänzer nur beschränkte Möglichkeiten hatte, das auszuleben, was ihm wichtig war: ein Schauspieler zu sein. Da es in der Schweiz keine Ausbildungsmöglichkeiten für Musicaldarsteller gab, zog er mit einem Touristenvisum nach New York. Er bildete sich in jenen Disziplinen aus, die für Musicaldarsteller unerlässlich sind: Jazzdance, Step Dance und Akrobatik.
Ein Stipendium ermöglichte ihm, die Martha Graham Schule zu besuchen und sich mit dem Modern Dance vertraut zu machen. Graham war eine der wichtigsten Begründerinnen dieser Tanzrichtung. Seinen Aufenthalt finanzierte er – «nicht als Tellerwäscher», wie er lachend bemerkt – als Pizzakurier. Als Tänzer mit schauspielerischen Fähigkeiten und Gesangsunterricht im Gepäck war es für ihn ein Leichtes, nun Eingang in diese neue Welt zu finden. «Ich war ein Vollblut-Schauspieler, ein Showman. Das wollte ich ausleben.» Erst tanzte er im Chorus mit. Dann erhielt er seine erste Solo-Rolle als Action in der «West Side Story». Im selben Musical verkörperte er später eine Figur der Jets. Mit dieser Produktion gastierte er an verschiedenen Orten in Europa, so auch am Berner Stadttheater. 1983 folgte die Rolle des Tumble Brutus in der Wiener «Cats»-Produktion. Zwei Jahre blieb er in Wien. Er unterstützte Peter Weck beim Aufbau einer Musical-Schule und unterrichtete auch an dieser.
Dann bewarb er sich für eine Rolle im Musical «A Chorus Line». Thema dieses Stücks sind die Auditions für ein Broadway-Musical, bei denen im Auswahlverfahren die Besetzung zusammengestellt wird. Auditions sind für die Darstellerinnen und Darsteller auch im wirklichen Leben ein nervenaufreibendes Prozedere. Die künstlerische Leitung des Musicals hatte Baayork Lee, eine renommierte Choreografin und Regisseurin aus New York. Klaus Stauffer wurde ihr Assistent. Daraus entstand eine Freundschaft, die Lee noch heute eng mit der Familie Stauffer verbindet.
Zurück in der Schweiz erhielt er 1992 die Anfrage, die Künstlerische Leitung der «Cats» Zürich und deren Europa-Tournee zu übernehmen. Für viereinhalb Jahre war er mit dieser unterwegs.
Er war auch im Fernsehen und Film zu sehen. «Doch das war nicht meine Welt», betont Klaus Stauffer. «Dieses Stop-and-Go entsprach mir nicht. Ich brauchte die Bühne und die Reaktionen des Publikums.» Eine der eindrücklichsten Aufführungen sei ein Gastspiel im ehemaligen Ost-Berlin gewesen. «Wir alle spürten eine grosse Dankbarkeit von Seiten des Publikums.»
Die Ballettschule
Bereits 1974 hatte Klaus Stauffer in Langenthal die gleichnamige Ballettschule im Mühlesilo gegründet. Sie war von Anfang an ein Erfolg und zog renommierte Tanzpädagoginnen und -pädagogen an. Neben der Schulleitung und dem Unterrichten nahm er weiterhin Engagements wie die oben erwähnten an.
Später konzentrierte er sich ganz auf die immer grösser werdende Ballettschule, aus der sich das Dance Center auf dem Porzi-Areal entwickelte.
Eine schwere Erkrankung zwang ihn, 1999 zu pausieren. Mit Optimismus, starkem Willen und seinem angeborenen Bewegungsdrang kämpfte er sich in das gewohnte Leben zurück. 2005 gelang es ihm, in die Tanz- und Theaterwelt zurückzukehren. Er engagierte sich wieder im Unterricht und betreute mehrere Kindertheater-Produktionen. Vier Jahre später musste er aus gesundheitlichen Gründen dennoch Abschied vom Schulbetrieb nehmen. 2011 übergab er das Dance Center an Christa Rytz. «Es war für mich eine Entlastung. Oft hatte ich Arbeitstage von sechzehn Stunden. Das beeinträchtigte auch mein Leben als Ehemann und Vater von zwei Töchtern.»
Immer noch vom Musical-Virus infiziert
Inzwischen sind zwölf Jahre vergangen. Klaus Stauffer hat in Marbella eine zweite Heimat gefunden. Er geniesst dort das Leben und ist immer noch aktiv als Betreuer von Musical- und Tanzprofis. Auch hat er in Spanien viele Kontakte geknüpft. Er besucht Proben und Vorstellungen von Musical-Produktionen, die am Entstehen sind. Dabei lernte er auch den weltbekannten spanischen Schauspieler Antonio Banderas kennen. «Wenigen hier dürfte bekannt sein, dass Banderas ein begnadeter Musical-Darsteller und -Regisseur ist», erklärt Klaus Stauffer. Auf die Frage, ob Banderas auch singe, meint er: «Sogar sehr gut.» Auch ausserhalb von Spanien gehört der regelmässige Besuch von Musical-Produktionen immer noch zu seinem Leben. Oft wird er von der einen seiner Töchter begleitet, die ebenfalls das Musical-Virus in sich trägt. Sie ist aber wie ihre Schwester beruflich nicht seinen Weg gegangen. Dies war auch einer der Gründe, weshalb Klaus Stauffer das Dance Center verkaufte.
Wenn Klaus Stauffer zurück blickt, dann empfindet er Dankbarkeit für sein vergangenes Leben. «Eine grosse Zufriedenheit erfüllt mich. Ich habe meinen Traum gelebt. Ich war mit den besten Leuten vom Broadway zusammen. Ich habe eine Familie, die mir sehr viel bedeutet, und in der Theaterwelt viele Freunde und Freundinnen gefunden.»
Von Prisca Rotzler Köhli