• Das Hotel Bären ist ein stolzes Wahrzeichen im Stadtzentrum von Langenthal, das in diesen Zeiten in seinen Grundfesten erschüttert wird. · Bild: Walter Ryser

19.11.2020
Langenthal

«Bären» mit einer halben Million Verlust

Die Corona-Pandemie hat auch dem Hotel Bären in Langenthal arg zugesetzt. Das Traditionshaus legt den Aktionären für die Generalversammlung ein rabenschwarzes Betriebsergebnis vor: Der «Bären» weist einen Verlust von einer halben Million Franken aus. «Die Situation ist unerfreulich und wir sind uns bewusst, dass wir nicht über längere Zeit so weiterfahren können», zeigt sich auch Thomas Rufener, Verwaltungsratspräsident der Bären AG, besorgt über die aktuelle Lage.

Am 25. November hätten sich die Aktionäre des Hotel & Restaurant Bären in Langenthal zur jährlichen Generalversammlung treffen sollen. Doch einmal mehr spielt der Coronavirus nicht mit und verhindert auch diese Zusammenkunft. Es wäre zweifellos eine denkwürdige Versammlung gewesen, die nun lediglich auf dem Papierweg stattfindet. Denn der Verwaltungsrat der «Bären» AG legt den Aktionären ein noch nie dagewesenes Rechnungsergebnis vor: Der «Bären» weist für das Betriebsjahr 2019/20 einen Verlust in der Höhe von 499 783 Franken auf. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Die Corona-Pandemie hat tiefe Spuren beim Langenthaler Traditions-Gasthaus hinterlassen. Der schwache Lichtblick im Sommer, mit einer erfreulichen Besucherfrequenz, erlosch spätestens im Herbst definitiv. Obwohl das Eigenkapital noch rund 4,1 Millionen Franken beträgt, bezeichnet Verwaltungsratspräsident Thomas Rufener die Lage als sehr ernst.

Öffnungszeiten werden eingeschränkt
Mit «Take-Away-Angeboten» und Vorbereitungsarbeiten für die Zeit nach dem Lockdown setzte das «Bären»-Team im Frühjahr alles daran, das Beste aus der schwierigen Situation zu machen. Obwohl der schöne Sommer zumindest beim Restaurant gewisse positive Spuren hinterliess, waren die Auswirkungen der Pandemie auf den gesamten «Bären» bis heute fatal, schreibt der Verwaltungsrat in seiner Botschaft zur GV. Vermehrtes Homeoffice, der Wegfall zahlreicher Anlässe im Stadtzentrum und nicht zuletzt laufende Absagen im Bereich der Seminare und Bankette setzten dem «Bären» mächtig zu. Neben der permanent laufenden Kurzarbeit von Teilen des Personals sei man nicht darum herumgekommen, mit einem Personaleinstellungsstopp und notgedrungen auch mit einzelnen Kündigungen zu reagieren, führt der Verwaltungsrat weiter aus.
VR-Präsident Thomas Rufener bezeichnet denn auch die aktuelle Situation als «zum Teil perspektivlos». Aus diesem Grunde werde man nun die Öffnungszeiten massiv einschränken. «Es ist schlicht nicht mehr möglich, so weiterzufahren», begründet er diesen Schritt. Die Belegung der Hotelzimmer sei ungenügend, im Event- und Bankettbereich laufe gar nichts mehr und auch andere Gruppen-Anlässe seien komplett eingebrochen. «Auf dieser Basis lässt sich der Betrieb nicht wie gewünscht weiterführen», betont Rufener. So werde man vorerst bloss das Restaurant auf Sparflamme weiterbetreiben, nicht zuletzt auch, um den Lernenden eine Perspektive zu bieten. Einige stünden vor der Lehrabschlussprüfung und ihnen wolle man einen guten Abschluss ermöglichen.

Strategie «Neuer Bären» erarbeitet
Rufener ist sich bewusst, dass man sich mit den geltenden Restriktionen auseinandersetzen und arrangieren muss. Es brauche jetzt Flexibilität und Durchhaltewille. «Aber die ganze Situation schlägt den Leuten aufs Gemüt, denn diese fragen sich hin und wieder schon, was sie da eigentlich genau machen», entgegnet er. In dieser Lage sei es auch angebracht, sich einigen grundsätzlichen Fragen zu stellen, denn über längere Zeit könne man so nicht weiterfahren. Bereits im Sommer habe der Verwaltungsrat aus diesem Grunde einen Workshop veranstaltet (mit externer Begleitung). Die Analyse habe frühere Erkenntnisse bestätigt: Der «Bären» sei mit seiner breiten Angebotspalette organisatorisch zu komplex und zu aufwändig. Das Ertragspotenzial wird in dieser breiten Konstellation als zu gering eingeschätzt, um die Vielseitigkeit einerseits zu gewährleisten und andererseits die im Unterhalt sehr anspruchsvolle Immobilie auf Kurs zu halten.
Daraus ergibt sich die Strategie «Neuer Bären», der auch künftig seinen Beitrag für ein lebendiges Langenthal leisten und die Belebung des Stadtkerns als gastronomischer Treffpunkt mitprägen soll. Die historische Liegenschaft mit seiner städtebaulichen Qualität gilt es zu erhalten. Das Restaurant ist klarer zu positionieren, während das Hotel zu redimensionieren ist. Im Gegenzug seien alternative Angebote (Longstay, Büros) zu fördern. Die beiden einzigartigen Säle sind als Event-Orte weiterhin prädestiniert. Eine organisatorische Anpassung der heutigen Struktur (alles unter einem Dach) in die Bereiche Immobilien und Betrieb steht im Vordergrund. Der VR versichert, dass man sich zeitnah für die Umsetzung dieser Ziele einsetze, schrittweise und mit einem ambitiösen Zeitplan die geeigneten Massnahmen realisieren werde. Es sei denn, der Coronavirus spiele noch längere Zeit nicht mit …

Von Walter Ryser