Bahnhof Grünen: Eugen Kohler blickt zurück

45 Jahre seines Lebens stellte Eugen Kohler in den Dienst der Bahn. Seit Sommer 1987 prägte er mit seinem Team den Bahnhof Sumiswald-Grünen. Es wurde ihm damals nicht leicht gemacht, war er doch mit Abstand der jüngste Bahnhofvorstand, dazu noch ein «Auswärtiger». Künftig muss der Bahnhof ohne Personal auskommen.

Sumiswald · Wie Eugen Kohler erzählt, kam er damals vom grossen Unternehmen SBB zur beschaulichen EBT/VHB/SMB Gruppe. In den folgenden Jahrzehnten erlebte er den Wechsel zur RM und später die weitere Fusion mit der BLS. Damit war er zum Grossbetrieb zurückgekehrt.
In den Anfängen galt es für ihn, ein Team von neun Angestellten plus einem Lehrling zu betreuen. Das Aufgabengebiet war zu dieser Zeit sehr breit gefächert. So wurde ein eigenes Rangierteam benötigt, um den regen Güterverkehr zu bewältigen. Mit der Bahn wurden die Post, das Getreide, die Kartoffeln, das Holz und vieles weitere transportiert. Ebenso Dünger, Futtermittel, Rübenschnitzel ...
Heute ist von all diesen Gütern nur noch die Firma Ruwa AG mit ihren Drahtlieferungen verblieben. «Die RU-WA war mit ihren Zulieferungen von Drahtrollen aus halb Europa stets der beste Kunde des Bahnhofs», betont Eugen Kohler gegenüber dem «UE». Heute ist die alte Rangierlok im Besitz der RUWA, damit diese die Wagen selber in Grünen abholen kann.
Doch nicht bloss der Güterwagenverkehr wurde über die Bahn abgewickelt. Einst wurde auch das Stückgut per Bahn transportiert. Sei das der Versand eines Ziegenbocks in einem Kleintiergatter ins Bündnerland oder die Anlieferung eines Fernsehgerätes.

Verändertes Konsumverhalten
Doch nicht bloss der Warentransport hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Auch das ganze Konsumverhalten der Leute ist anders.
Besonders in guter Erinnerung bleibt Eugen Kohler der Rössli-Reisedienst mit den Rösslifahrten durch die schöne Emmentaler Hügellandschaft, welchen er nach der Pensionierung von Edy Wyss, Stationsvorstand von Affoltern-Weier, übernehmen durfte. Ebenso Hochzeits- oder Firmenfahrten mit dem Dampfzug nach Affoltern-Weier oder nach Sumiswald-Grünen. Auch habe man vom Bahnhof aus viele Vereins- und Schulreisen organisieren dürfen. Unvergesslich sind für Eugen Kohler die zweitägigen Bettags-Reisen mit dem Jodlerklub Wasen, welche er viele Jahre begleiten durfte.
Auch erwähnt er im Gespräch weiter die Reisen des Rabattvereins, welche jeweils mit Extrazügen durchgeführt wurden. Damals gingen die Leute nicht oft auf Reisen und die organisierten Ausflüge mit der Bahn bildeten eine angenehme Möglichkeit, einmal von zu Hause weg zu kommen.

Bank und Reisebüro
Grünen war auch zweimal Austragungsort eines Nationalen Dampflokfestes. Aus nah und fern reisten Bahnfreunde ins Emmental, um die alten «Dampfrosse» zu bestaunen. Als sehr angenehm und schön bezeichnet Eugen Kohler die zehn Jahre, in denen er neben dem Bahnschalter gleichzeitig den Bankschalter für die Berner Kantonalbank betreuen konnte.
Vom Bahnhof aus wurde seit vielen Jahren das Verkehrsbüro betreut und so in vielen Belangen die Besucher mit allen nötigen Informationen versorgt.
Sehr am Herzen lag Eugen Kohler die Lehrlingsausbildung. Mit den heutigen Aufgaben habe sich jedoch auch das Berufsbild verändert, erklärt er. Die Ausbildung der Bahnbetriebsdisponenten, wie sie einst ausgebildet worden seien, gebe es heute nicht mehr. Man könne heute zwischen Kaufmännischer Ausbildung öffentlicher Verkehr (KVöV) oder Zugsverkehrsleiter (ZVL) wählen.
Der Bahnhof Sumiswald-Grünen erfüllt nach dem Umbau die Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes. Nächsten Montag, 2. Dezember, 5 Uhr, wird die Betriebsführung des Bahnhofs Sumiswald in die Betriebszentrale Spiez integriert und der Zugverkehr ab der Betriebszentrale überwacht und gesteuert.
Für lokale Rangierarbeiten des Güterverkehrs sowie für den Dampfbahnbetrieb stehen weiterhin Mitarbeiter in Sumiswald im Einsatz. Diese sind bei der Emmental Bahn (ETB GmbH) angestellt und nur für betriebliche Dienste (ohne Verkauf) im Einsatz.

Verkaufsstelle geschlossen
Da die Verkaufsstelle am 23. November endgültig geschlossen worden ist, werden sich die beiden Reisecenter BLS in Huttwil und Hasle-Rüegsau über den Besuch der Kunden freuen. Wie Eugen Kohler erklärte, ist er sehr dankbar, dass an «seinem» Bahnhof in seiner Zeit nie ein schwererer Unfall passiert ist. Neben Eugen Kohler werden auch Hans Antener und Marlies Schmied in die Frühpensionierung entlassen. Was sie nicht negativ als Abschied, sondern positiv als Neuanfang empfinden.
Werner Blaser, welcher stets für die Sauberkeit, den Service und Unterhalt am Bahnhof und das Bedienen der Handweichen verantwortlich war, wechselt noch für ein Jahr in das Service-Team Emme in Hasle-Rüegsau.

Von Elisabeth Uecker