• Silvio Stadelmann (links) besucht in Luthern die erste Oberstufe. Mit etwas Unterstützung von Fleischfachmann Urs Stöckli versucht er sich im Wursten. · Bilder: Astrid Bossert Meier

11.11.2016
Luzerner Hinterland

Bei der Berufswahl gehts um die Wurst

150 Schülerinnen und Schüler durften Ende Oktober in die Arbeitswelt eintauchen. Der Lehrstellenparcours gibt Jugendlichen auch die Chance, unbekanntere Berufe kennenzulernen. Wer es wagte, entdeckte Spannendes.

Zell · Traumberuf Tierpfleger. 25 Oberstufenschüler aus Altbüron, Grossdietwil, Fischbach, Zell, Ufhusen, Gettnau und Luthern wollten diesen Beruf am Lehrstellenparcours während einer Stunde kennenlernen. Tierpfleger/-in stand in der «Hitliste» der gewählten Berufe ganz oben, direkt hinter Landmaschinenmechaniker/-in (34), Zimmermann/Zimmerin (29) und Schreiner/
-in (27).

Wenig Lehrstellen, viele Interessierte
Beim Besuch in der Tierpension Hofmatt in Gettnau wurde den Tierfans aber bald klar: In diesem Beruf einen Ausbildungsplatz zu finden, ist schwierig. «Als ich mich beworben habe, standen im ganzen Kanton gerade mal drei Lehrstellen zur Verfügung», sagte Timo Bieri, Lernender im dritten Lehrjahr, beim Betriebsrundgang. Geschäftsinhaberin Sandra Gloor schätzt, dass in der ganzen Innerschweiz jährlich nur eine Handvoll Lehrstellen angeboten werden. «Leider haben Kinder und Jugendliche oft falsche Vorstellungen unseres Berufs», sagt sie. Reinigungs- oder Umgebungsarbeiten nehmen einen grossen Teil der Arbeitszeit in Anspruch. Mit «Tierli streicheln» hat der Alltag wenig zu tun. Trotzdem machte Timo Bieri den Schülerinnen und Schülern Mut: Wer rechtzeitig schnuppere, sich wirklich Mühe gebe, ausdauernd sei und gut arbeite, habe eine Chance. «Bei mir hat es ja auch geklappt.»

Mutig auf zu unbekannten Berufen
Ganz anders die Situation am anderen Ende der «Berufs-Hitliste». Nur drei Jugendliche wollten den Beruf des Polybauers/Polybauerin kennenlernen. Auch Gipser/-in (2), Dentalhygieniker/-in (2), Fachmann/Fachfrau Betriebsunterhalt (1), Kaminfeger/-in (1) oder Anlageführer/-in (1) waren alles andere als begehrt. Für Oberstufenlehrpersonen sei es gar nicht so einfach, Schüler auch für eher unbekannte Berufe zu motivieren, sagt die Zeller Oberstufenlehrerin Regula Ineichen. «Der Lehrstellenparcours ist für die Jugendlichen eine tolle Möglichkeit, den Suchhorizont etwas zu erweitern und zu entdecken, dass es in manchen Berufen noch viele und spannende Lehrstellen gibt.»  So auch bei den Metzgereien. «Unsere Branche kann rund die Hälfte der Lehrstellen nicht besetzen», bedauert Urs Stöckli von der gleichnamigen Metzgerei in Zell. Immerhin drei Jugendliche wollten im Rahmen des Lehrstellenparcours den Fleischfachmann kennenlernen.

Viele Lehrstellen, wenig Interessierte
«Oftmals wird der Beruf falsch eingeschätzt», so  Stöckli. Gefragt sind sorgfältiges, speditives Arbeiten, Sauberkeit, vernetztes Denken und die Freude, aus einem «gewöhnlichen» Stück Fleisch mit Kreativität etwas Spezielles zu machen. «Metzger ist ein Beruf, bei dem es eine feine Hand braucht. Nicht viele Arbeiten sind grob.» Das zeigte sich, als die drei interessierten Jugendlichen in der Schnupperstunde selber eine Rauchwurst zubereiten durften. Geschickte Finger waren nötig, um den Schaf-Darm auf der Wurstmaschine aufzuziehen. Anschliessend ging es darum, alle Würste gleich lang und gleich dick zu wursten. Mit etwas Unterstützung schafften es die Jugendlichen erstaunlich gut. Wer weiss: Vielleicht möchte einer von ihnen den Beruf in einer Schnupperwoche noch genauer kennenlernen. Die Zukunftsaussichten sind rosig: Wer sich als Fleischfachmann oder Fleischfachfrau bewirbt, hat die Lehrstelle schon fast im Sack. · Von Astrid Bossert Meier