Berner Lawine überrollt den Weissenstein
Mit dem «Weissenstein-Schwinget» stieg das vierte Bergkranzfest der Saison. Die 30 Athleten aus dem Kanton Bern waren nicht aufzuhalten und das Fest entpuppte sich zum Berner Schaulaufen. Vorjahressieger Matthias Aeschbacher unterlag im Schlussgang dem Saison-Überflieger Fabian Staudenmann in der zweiten Minute mit Kurz und Nachdrücken am Boden.
Schwingen · Kann jemand die Berner Athleten aufhalten? Das war die grosse Frage vor dem «Weissenstein-Schwinget». Nach dem vierten Bergkranzfest mussten sich die 60 Konkurrenten eingestehen: Nicht wirklich. Die 30-köpfige Berner Delegation war die mit Abstand stärkste auf dem Solothurner Hausberg. 11 der 15 abgegebenen Kränze gingen an sie. Die Berner Lawine hat den Weissenstein regelrecht überrollt. Dazu standen 30 einheimische Nordwestschweizer und 30 Gästeschwinger aus dem Südwestschweizer-Verband in den Zwilchhosen. 23 «Eidgenossen» kämpften um den heiss begehrten Festsieg und die Kränze. Doch die Gastgeber verloren kurz vor dem Fest einen ihrer grössten Trümpfe. Weil sich Nick Alpiger seit anfangs Woche mit einer hartnäckigen Erkältung herumschlägt, musste er seine Teilnahme kurzfristig absagen. Die Sitzplätze am beliebten Bergkranzfest waren innert Minuten ausverkauft. An der Tageskasse konnten nur noch Stehplätze ergattert werden. Knapp 5000 Zuschauer verfolgten den packenden Schwingsport der 90 Athleten.
Aeschbacher unterliegt Shootingstar
Nicht unerwartet bestritten zwei Berner Verbandskollegen den Schlussgang. Im finalen Gang des Tages reichten sich der Vorjahressieger Matthias Aeschbacher (Rüegsauschachen) und der aktuelle Shootingstar in der Schwingszene, Fabian Staudenmann (Guggisberg), die Hand. Nach einem kurzen Abtasten ging es beim dritten Zusammengreifen so richtig zur Sache: Einen ersten Kurzangriff, vom Aushängeschild des Schwingklubs Sumiswald, konnte der Saison-Dominator abwehren und das Emmentaler Kraftpaket setzte sogleich mit einem Inneren Haken nach. Auch diesen Schwung konnte der 23-jährige Fabian Staudenmann gekonnt abwehren und setzte seinerseits zu einem Kurz an. Matthias Aeschbacher fiel durch diesen wuchtigen Angriff zu Boden und dort arbeitete sich Staudenmann in die Beinschere und konnte seinen Konkurrenten schliesslich auf den Rücken drehen. Nach 93 Sekunden war der Schlussgang beendet.
«Disu» kaum zu stoppen
Ein Bild eigentlich wie immer: ein jubelnder Fabian Staudenmann. Auf dem Notenblatt des Festsiegers standen sechs Eidgenössische Kranzschwinger, welche er auf dem Weissenstein allesamt besiegen konnte und damit seinen siebten Kranzfestsieg im Jahr 2023 feiern durfte. Zählt man die Regionalfeste hinzu, sind es unglaubliche elf Siege. Die Serie der Ungeschlagenheit des 23-Jährigen ist unglaublich: Die letzte Niederlage des Shootingstars liegt mittlerweile schon mehr als ein Jahr zurück. Am letztjährigen «Weissenstein-Schwinget» wurde er noch von Matthias Aeschbacher ins Sägemehl gebettet. Seither blieb der Mittelländer Fabian Staudenmann makellos. Noch ein Sieg fehlt ihm, damit er Jörg Abderhaldens Bestmarke aus dem Jahr 2004 egalisieren kann. Das kann bereits am kommenden Sonntag auf dem Brünig der Fall sein.
Matthias «Disu» Aeschbacher bodigte im Anschwingen den Westschweizer «Eidgenossen» Duplan Steve (Ollon/VD). Gegen den Einheimischen Adrian Kohler (Balsthal) liess sich der Emmentaler dann erstmals die Höchstnote von 10.00 Punkte auf das Notenblatt schreiben. Vor dem Mittagessen bettete «Disu» den Schwingerkönig von 2010, Kilian Wenger (Horboden), ins Sägemehl. Kommt der 31-jährige Emmentaler in seinen inneren Haken, ist er kaum zu stoppen. Am Nachmittag biss er sich am Verbandskollegen Michael Ledermann (Mamishaus) die Zähne aus. Beide Schwinger hatten ihre Chancen, kämpften und griffen an. Doch keinem gelang der gewinnbringende Zug. Sie erhielten aber für ihre aktive Schwingweise die höhere Note bei einem gestellten Gang.
Im fünften Zweikampf machte er mit Joel Strebel (Aristau) aber dann wieder kurzen Prozess und schaffte so den Einzug in den Schlussgang. Wieder glatte zehn Punkte. In der saisonalen Kranzstatistik mischen die Sumiswalder an vorderster Front mit. Bislang haben die Athleten 31 Kränze gesammelt und liegen damit schweizweit auf dem zweiten Rang. Der Schwingklub Entlebuch führt die Kranz-Rangliste mit bisher 36 Kränzen an.
Klubkollegen verpassen Kränze
Doch auch das restliche Berner Team drückte dem Geschehen auf dem Solothurner Hausberg gehörig den Stempel auf. Seine beiden Klubkollegen Gustav Steffen (Sumiswald) und Patrick Schenk (Koppigen/SK Sumiswald) teilten sich punktegleich den 9. Rang. Den Kranz verpassten die beiden Routiniers lediglich um einen halben Punkt. Der 27-jährige Gustav Steffen kam auf drei Siege. Der Turnerschwinger bezwang unter anderem den Schwingerkönig Kilian Wenger (Horboden). Ein weiteres Duell endete gestellt. Da er im fünften Gang eine Niederlage einstecken musste und im letzten nicht über einen gestellten Gang hinauskam, rückte der heissbegehrte Kranz in die Ferne. «Ausser im ersten und letzten Gang bin ich mit meiner Leistung zufrieden», bilanziert Gustav Steffen das Geschehen. Patrick Schenk kam ebenso auf drei Siege und ein Remis. Er verletzte sich im letzten Gang gegen den aufbrausenden Youngstar Tim Roth (Erlinsbach).
«Ich spürte im letzten Gang bereits im ersten Zug einen Schmerz in der Schulter und konnte mich daher nicht mehr vollumfänglich wehren», sagt der 29-Jährige. Der Sumiswalder «Eidgenosse» betont aber, dass er das Duell auch ohne die Schulterverletzung hätte verlieren können. «Meine Leistung war solide, doch ich bin nicht zufrieden, denn mein Ziel war es, mich nicht zu verletzen und das ist nun passiert.» Er wird sich in dieser Woche mehreren ärztlichen Untersuchungen unterziehen müssen. Erfolgreichster Huttwiler Athlet war der Eriswiler Dominik Ruch (Rang 13b). Der 19-Jährige wies in der Endabrechnung zwei Siege und drei Remis auf. Er musste im vierten Gang gegen den «Eidgenossen» Patrick Räbmatter (Uerkheim) in den Sägemehlring steigen. Von diesem musste er sich dann das Sägemehl vom Rücken putzen lassen. Ansonsten eine solide Leistung des «Blumenstädters».
Von Yanick Kurth