• Das Freilichtspiel «Jeremias» in Schmidigen ist mit grossem Erfolg zu Ende gegangen. Am letzten Samstag fand die Dernière statt. 65 Darstellende haben sich vom Publikum verabschiedet. · Bilder: Marcel Bieri

  • Die Kinder freuen sich über ihr Geschenk, für viele wohl das erste «Diplom», das sie in ihrem Leben erhalten haben.

15.08.2019
Oberaargau

Berührende Dernière von «Jeremias»

Die Spielsaison in Schmidigen mit dem Freilicht-Theater «Jeremias», unter der Regie von Barbara Matter-Leuenberger, ist am letzten Samstagabend mit grossem Erfolg zu Ende gegangen. Nur eine einzige Vorstellung musste verschoben werden.

Schmidigen · «O Blüemli mi, o Blüemli mi, i möcht gärn bi dr si …» Die letzten Töne sind verklungen. Der siebenjährige Leon, der in der kleinen Gruppe kräftig mitgesungen hat, überreicht einem gerührten Jodlerkameraden eine Margerite. Wenige Sekunden lang ist es im Weiler in Schmidigen totenstill, dann bricht der Applaus auf und neben der Tribüne los. 65 Darstellende stellen sich in Reih und Glied, verbeugen sich ein letztes Mal vor dem Publikum. Ein kurzes Feuerwerk signalisiert den Abschluss einer grossartigen Theatersaison.
Das Freilichtspiel «Jeremias» ist Vergangenheit. Bloss eine einzige Vorstellung musste verschoben werden, wobei von den 250 betroffenen Zuschauenden nur gerade deren elf die Tickets zurückgeben mussten, weil das neue Datum nicht passte. Diese elf Tickets waren allerdings überaus begehrt.
Die teilnehmenden Kinder hätten «no lang möge», vom Kleinsten bis zum Grössten. Beispielhaft haben sie sich in die Reihe der Theaterspielenden eingefügt, habe ihre Rollen fröhlich, unbeschwert, mit Herzblut gespielt. Sie waren die Herzerwärmenden in der doch eher traurigen, tiefgreifenden Handlung der Geschichte des Verdingbuben «Jeremias».

Eine Grossfamilie
«Es war unglaublich schön, wie sich aus allen Mitmachenden eine Grossfamilie gebildet hat», sagt Initiator und OK-Präsident Walter Käser gegenüber dem «Unter-Emmentaler». «Sie haben alle zueinander geschaut. Die Kleinen hingen an den Grossen, die Grossen kümmerten sich um sie, spielten zwischen den Auftritten mit ihnen.» Aber auch unter den Erwachsenen seien der Zusammenhalt und die Hilfsbereitschaft riesig gewesen.
Die absolute Verlässlichkeit aller Teilnehmenden, sowohl auf der Freilichtbühne als hinter den Kulissen, sei für sie eine enorme Entlastung gewesen, sagt die Regisseurin Barbara Matter-Leuenberger. «Es war für mich wiederum ein Super-Erlebnis. Alle haben hervorragend mitgemacht und mitgedacht. So konnte ich vieles delegieren, wusste, dass das Versprochene erledigt oder vorhanden sein würde. Bei ernsthafteren Unpässlichkeiten sprangen augenblicklich andere ein, durch kleinere Übel seuchte man sich durch.»

«Chapeau!»
Sie wisse um die grossen Leistungen der Teilnehmenden: «Ich weiss, dass sie oft am Limit liefen, denn mit den Zusatzvorstellungen gab es bis zu vier Vorstellungen wöchentlich. Einige hatten Ferien, andere leisteten ihre Einsätze neben der Arbeitszeit. Trotzdem herrschte immer gute Laune und die Leute kamen gerne. Das zeigte sich auch daran, dass sie nach den Anlässen noch sitzenblieben und sich unterhielten. Chapeau für sie!» Alle hätten ihre Rollen ernst genommen, «denn jede Person, jede Rolle ist wichtig. Nur so konnte das Ganze zu dem werden, was es schlussendlich geworden ist.»

Briefe und Dankeskarten
Sehr gefreut, aber auch erstaunt, hätten sie die Zuschriften und die Dankeskärtli, oftmals von Menschen, die sie nicht kannte. Auch die unzähligen persönlichen Rückmeldungen gegenüber den Darstellenden seien für alle eine Freude gewesen. Trotz dem Grosserfolg – die Mutter von zwei kleineren Kindern strahlt: «Vo morn a hani vorläufig keni Termine meh.»
Traurig und gleichwohl gut sei es, dass die vierte Freilicht-Spielsaison in Schmidigen nun zu Ende sei, sagen auch diverse Teilnehmende. Schön, weil man nun wieder «etwas anderes» machen könne und das Ganze doch sehr aufwändig gewesen sei, traurig, weil «uns der Spielbetrieb und die Ambiance fehlen werden».
Ist nach der Freilicht-Saison 2019 vor der Freilicht-Saison 2022? Alle bisherigen vier Spiele fanden im Abstand von drei Jahren statt. Im Moment tue eine Pause gut, sagen sowohl Walter Käser als auch Barbara Matter. Aber, meint Walter Käser mit einem Augenzwinkern: «Plötzlech het wider öpper ä Idee.»
Über 4500 Zuschauende warten darauf, denn so viele waren es, welche die Vorstellung auf der einmal mehr erweiterten Tribüne gesehen haben. Viele unter ihnen gehören zu den «Stammgästen» der Freilichtspiele Schmidigen.

Von Liselotte Jost-Zürcher