• Elisabeth Kopp (links) beim Apéro mit Jürg Schürch, dessen Frau Claude und Käthi Graber vom damaligen «Mohren». · Bilder: zvg

  • Fritz Graber (links) und Jürg Schürch erinnern sich gerne an den Auftritt von der ersten Schweizer Bundesrätin im Städtlisaal von Huttwil am 9. April 1987. Davon zeugt auch das Fotoalbum. · Bild: Thomas Peter

  • Ein Organisationstalent und Charmeur in Personalunion: Jürg Schürch sorgt sich persönlich um das Wohl von Bundesrätin Elisabeth Kopp.

20.04.2023
Huttwil

Bewundernde Erinnerungen an Elisabeth Kopp

Der kürzliche Tod von Bundesrätin Elisabeth Kopp weckt auch bei zwei alteingesessenen Huttwilern, Jürg Schürch und Fritz Graber, respektvolle, ehrwürdige und schöne Erinnerungen an einen ganz besonderen Tag: Den 9. April 1987. Damals besuchte die erste Bundesrätin der Schweiz Huttwil und sprach im zum Bersten vollen Städtlisaal über das Asylwesen: Grossrat Jürg Schürch (seinerzeit noch FDP) amtete als charmanter Gastgeber, Fritz Graber bekochte Elisabeth Koch im damaligen «Mohren». Für die beiden ein unvergesslicher Tag, der wieder für einige Momente in den Vordergrund rückt.

 

Das war ein grosser Moment für Huttwil, der in den letzten 36 Jahren allerdings bei vielen vermutlich etwas in Vergessenheit geraten sein dürfte. Nicht so aber bei Fritz Graber und Jürg Schürch, deren Augen funkeln und die Mundwinkel schmunzeln, wenn sie davon dem «Unter-Emmentaler» berichten: Eingeladen von der Berner FDP besuchte die allererste Bundesrätin der Schweiz einen ihrer wenigen Anlässe im Kanton Bern. Und das musste in Huttwil sein. Denn das Organisationstalent des umtriebigen Jürg Schürch hat sich schnell herumgesprochen bis über die Kantonsgrenzen hinaus. «Die FDP-Parteispitze wusste, der Jürg, der kann das», lacht Fritz Graber verschmitzt zu Jürg Schürch, der die verbalen Blumen äusserlich gelassen annimmt. Die FDP-Bundesrätin war ihm – zumindest halbprivat – nicht ganz unbekannt, denn die Blicke des aufstrebenden Jungpolitikers und Grossrats aus dem Blumenstädtchen haben sich auf dem Weg zur Nahrungsaufnahme in der Bundeshauptstadt hie und da mit jenen von Elisabeth Kopp gekreuzt. Und so führte das eine zum anderen. Jürg Schürch wurde mit der Organisation des
Anlasses betraut.

«Der Jürg war ein echter Charmeur»
Ein Highlight in seiner Politkarriere? «Aber sicher, ich erinnere mich noch sehr gerne und sehr gut daran», lässt er – wenn auch für ihn eher unerwartet nüchtern – keine Zweifel aufkommen. «Wenn ich etwas für Huttwil tun kann, dann mache ich das auch sehr gerne», ergänzt er. «Jürg war ein echter Charmeur. Wir anderen waren alle sehr bemüht, mit ihm mitzuhalten und die Bundesrätin gleichermassen zu beeindrucken. Wir hatten aber keine Chance gegen ihn», erzählt Fritz Graber munter und bunter aus dem Nähkästchen. Der Anlass wurde zu einem grossen Erfolg. Der Städtlisaal war zum Bersten voll. 400 bis 500 Gäste lauschten, wie die Bundesrätin nach und vor Ländler- und Stadtmusikklängen über das Asylwesen, Gentechnologie, Waldsterben und Aids sowie den Alltag als Landesregierungsvertreterin sprach. Die Zeiten ändern sich, nicht aber die Themen.

Kalbssteak mit Morchelsauce
«Die Leute kamen in Scharen und hatten eine riesige Freude am Besuch von Elisabeth Kopp», erinnert sich Fritz Graber sehr gerne. Doch auch die Bundesrätin hat offenbar ihren Auftritt genossen. «Wenn ich ihr wieder begegnet bin, hat sie mir immer wieder gesagt: Es war so schön bei euch in Huttwil», ist Jürg Schürch noch jetzt beeindruckt.
Doch bevor Elisabeth Kopp das Rednerpult im Städtlisaal in Beschlag genommen hatte, wurde sie im damaligen «Mohren» kulinarisch verwöhnt. Nach einem Apéro im Weinkeller ass sie mit politischen Persönlichkeiten aus der Region in der Ankerstube. Was gab es? «Kalbssteak mit Morchelsauce, Kartoffelgratin und Gemüse. Dazu ein Salat als Vorspeise und ein Dessert», erinnert sich Fritz Graber, der in der Küche alles daran setzte, dass es der Bundesrätin an nichts mangelte. Ein Menü, das Fritz Graber auch schon für weitere Bundesräte in Huttwil auf den Tisch zaubern durfte. Mit Elisabeth Kopp waren es insgesamt elf Mitglieder der Landesregierung, die ab 1979 im einstigen «Mohren» und späteren «Restaurant zum Mohrenkönig» speisten: Willi Ritschard, Rudolf Gnägi, Hans Hürlimann, Georges-André
Chevallaz, Kaspar Villiger, Samuel Schmid, Christoph Blocher, Adolf Ogi, Eveline Widmer-Schlumpf und Ueli Maurer. Und die Küche kam bei den Damen und Herren der Landesregierung offenbar sehr gut an. «Elisabeth Kopp hat uns noch persönlich geschrieben und sich bei uns bedankt. Es sei sehr schön gewesen», freut sich Fritz Graber. Andere Bundesräte seien ab und an als Gäste zurückgekehrt, allen voran Adolf Ogi, aber auch Samuel Schmid und dessen Bruder und einstige Regierungsrat Peter Schmid. Ein besonderes Erlebnis war der Besuch von Willi Ritschard am 1. Mai 1978 anlässlich des SP-Parteitages. Er wünschte sich eine kalte Platte. Fritz Graber machte gleich ein ganzes Buffet. Ritschard sei so begeistert gewesen, dass er ihm eine 20er-Note in die Hand drückte, die Fritz Graber noch zehn Jahre danach in seinem Besitz hielt.

Einsatz für zwei Ghanaer
Für Fritz Graber und seine Frau Käthi hat der Besuch von Elisabeth Kopp nicht bloss einen «Promi-Touch», sondern auch emotional bewegende Erinnerungsmomente. Nach dem schwe­ren Brand 1982 befand sich ihr Hotel und Restaurant in Huttwil in der Wiederaufbauphase. «Damals war es sehr schwer, Personal zu finden», blickt Fritz Graber zurück. Die Zeiten ändern sich, nicht aber die Themen. Bei Grabers war aber ein Paar aus Ghana – Mansha und Gabriel Danqua – beschäftigt, denen jedoch die baldige Ausschaffung drohte. «Wir machten uns grosse Sorgen um die beiden Ghanaer. Die Bundesrätin war schon sehr früh angereist und wir hatten die Gelegenheit, mit ihr darüber zu sprechen», so Fritz Graber. Offenbar mit Erfolg. «Die Bundesrätin hat sich vermutlich selber darum gekümmert, damals war das noch möglich», glaubt Fritz Graber. Das Aufenthaltsrecht von Mansha und Gabriel Danqua wurde nämlich um ein Jahr verlängert. Und was ihn zusätzlich beeindruckt hat an dieser Geschichte: «Mansha Danqua war in Ghana Lehrerin gewesen und hatte Kontakt zu Huttwiler Lehrkräften. Als feststand, dass die beiden in ihr Ursprungsland zurückreisen müssen, hat die Lehrerschaft Möbel und vieles mehr gesammelt, bis damit ein ganzer Container gefüllt werden konnte, der die Reise nach Ghana mitantrat.» Ein Bundesrätin-Besuch mit positiven Wirkungen auch auf einem Nebenschauplatz. Kein Wunder, dass sowohl Fritz Graber und Jürg Schürch es sehr bedauern, dass Elisabeth Kopp nach der politischen Bühne auch die irdische verlassen musste.

Von Thomas Peter