• Rolf Sutter (links), Uschi Bernet und Alex Kurz signieren ihr gemeinsames Werk. · Bild: Karin Rohrer

15.11.2019
Oberaargau

Bewusst nach Geschichten gesucht

Rolf Sutter und Uschi Bernet (Huttwil) sowie Alex Kurz (Rohrbach) verbinden in ihrem Buch «StreetPhotoPoetry» wunderbare Schwarzweissaufnahmen aus Südostasien mit witzigen und dennoch tiefgründigen Texten. An der Vernissage im Kirchgemeindehaus Rohrbach gewährte das innovative Trio einen Blick hinter die Kulissen und die Entstehung dieses einmaligen Werkes.

Rohrbach · Die Vernissage wurde durch bekannte Stücke, am Saxofon durch Edith Minder und am Piano durch Alex Kurz, aufgelockert. «Man kann in einem Bild versinken», nach diesem Motto durften die Besucher der Vernissage selber eine kleine Reise durch Kambodscha, Thailand und Vietnam unternehmen und später einen Blick in das vorgestellte Werk werfen.
Es sollte kein 08/15-Bildband oder -Tourismusführer sein, aber auch nicht reine Poesie und schon gar nicht Kitsch beinhalten, dieses erste von Rolf Sutter illustrierte Buch. Und das gesteckte Ziel wurde erreicht, obwohl es nicht mehr einfach ist, etwas zu erschaffen, das es nicht schon gibt. Rolf Sutter und Uschi Bernet bereisten Südostasien mit der Kamera im Gepäck und einer grosse Portion Weitblick, Geduld und Musse, um auf den perfekten Moment zu warten. Nicht zuletzt hatten die beiden auch ein offenes Ohr und Auge für das Leben auf der Strasse. So vereinten sich Ferien, Fotografie und das Interesse an den Menschen zu einer gelungenen Symbiose.

Auf Tuchfühlung mit den Protagonisten
Das Paar war per Schiff, gemieteten Fahrrädern oder Tuk-Tuk unterwegs, in den Städten häufig nachts oder an lokalen Treffpunkten wie Märkten schon morgens um fünf Uhr. «Nicht immer kam es so, wie ich mir das wünschte: Wenn ich meinen Fokus auf einen jungen Mann richtete, im festen Glauben daran, dass nun gleich etwas Spannendes passieren würde, so lief vielleicht drei Meter hinter mir jene Szenerie ab, welche DAS Bild gegeben hätte», erinnert sich Rolf Sutter.
Er hatte eine Kamera dabei, mit welcher er durch die fixe Brennweite sehr nahe an die Personen herangehen musste, was auch für ihn eine spezielle Erfahrung war: «Wir fragten um Erlaubnis, kamen den Menschen dabei wirklich nahe, im wahrsten Sinne des Wortes, und wir suchten das Positive, hätten dabei aber niemals die Hilflosigkeit der Menschen gezeigt.» «Ein belebter Schrottplatz, welcher sich über eine ganze Strasse hinwegzog, faszinierte uns visuell dermassen, dass wir ihn sogar zweimal besuchten», ergänzt Uschi Bernet, welche sich nur einmal, in einer etwas speziellen Seitenstrasse, unsicher fühlte: «Aber Südostasien ist nicht gefährlich und wir haben unheimlich nette Bekanntschaften gemacht.»

Zwei Textversionen entworfen
So etwa mit einer alten Frau, die mit ihrem runzeligen und lebendigen Gesicht über derart viel Ausstrahlung verfügte, dass Rolf Sutter sie ohne Umschweife um ein kleines Fotoshooting bat, welches sie ihm gewährte. Mit einem dieser Porträt-Bilder gewann Rolf Sutter 2017 den Gold Award der «Colour Art Photo International» zum Thema 80plus.
Pfarrer Alex Kurz aus Rohrbach war nicht dabei auf diesen Reisen und so «musste» er einen westlichen Blick auf die Bilder werfen, diese auf sich wirken lassen und etwas dazu formulieren. Zunächst dachte er sich zu jeder Foto eine passende «Kurz-Geschichte» aus. «Um danach 20 geschriebene Texte wieder beiseite zu legen, weil ich noch einen anderen Weg einschlagen wollte. Denn mit meinen voneinander unabhängigen Geschichten ging der rote Faden komplett verloren. Deshalb machte ich mich erneut ans Werk, Texte zu entwerfen, welche die Bilder nicht isolieren sollten, sondern einen eigenständigen Beitrag liefern, welcher mit den Fotos interagiert.» Er sah in manchen Bildern so viel, konnte mit spitzer Feder aus dem Vollen schöpfen und poetische, amüsante, aber auch kritische Sätze formulieren.

In einem Fluss geschrieben
«Der Flow war grossartig, ich hatte die Texte innerhalb weniger Wochen fertig. Mir war wichtig, dass der Leser seine Augen öffnet, vielleicht nicht alles glaubt, was er zu sehen vermutet, denn vieles ist mehr Schein als Sein.» Die englischen Texte liess Alex Kurz durch den Google Translator übersetzen, der eigentlich perfekt sein sollte, aber eben doch Grenzen hat, beispielsweise bei der Übersetzung von Poesie-Passagen. Alex Kurz legte Rolf Sutter schliesslich beide Textvarianten vor, und auch er war sofort von der zweiten Version angetan. Mit einer Sprache, die sich am modernen Marketing orientiert, hat Alex Kurz den Nerv getroffen und die Bilder mit eigenen, kreativen Gedankenanstössen versehen.

Gut zu wissen
«StreetPhotoPoetry» Das Buch ist bei Fotografica in Huttwil erhältlich. Weitere Infos dazu unter www.streetphotopoetry.com

Von Karin Rohrer