• Die Bibliotheksmitarbeiterinnen Diana Meier (rechts) und Michéle Beck (links) erklären einer Kundin das neue Konzept Open Library.

  • Sie freuen sich über die neuste Open Library Bibliothek (von links): Aline Yeretzian (Verantwortliche Bibliotheken beim Amt für Kultur), Franziska Heiniger (Bibliotheksleiterin), Stefan Costa (Vorstandsmitglied Rotary Club Langenthal), Mei Rettenmund (Präsidentin Bibliotheksverein), Sandro Schafroth (Gemeinderat Huttwil) und Hans Ulrich Glarner (Amtsvorsteher Amt für Kultur). · Bilder: Marion Heiniger

21.09.2023
Huttwil

Bibliothek für Nachteulen und «Earlybirds»

Morgens um sechs Uhr ein Buch ausleihen, abends in der Bibliothek arbeiten oder am Sonntag gemütlich in Zeitschriften schmökern. Die Bibliothek in Huttwil zeigt, wie so etwas ohne zusätzliche Personalressourcen, ohne Nacht- und Sonntagsarbeit geht.

Seit den Sommerferien ist sie als Open Library auch ausserhalb der bedienten Öffnungszeiten zugänglich.

Ein zarter Piepton, ein leises «Klack» und die Türe zur Bibliothek Huttwil kann aufgedrückt werden. Mit dem neuen Bibliotheksausweis, welcher mit einem RFID-Code (Funkfrequenz Identifikation) ausgestattet ist, ist das umfassende Angebot der Bibliothek Huttwil dank Open Library Konzept nun auch ausserhalb der bedienten Öffnungszeiten nutzbar.
Das Konzept stammt ursprünglich aus Skandinavien, wo in Dänemark 2004 die erste Open Library eröffnet wurde. Als erste Bibliothek in der Schweiz öffnete die Stadtbibliothek Chur November 2018 ihre Türen auch ausserhalb der bedienten Öffnungszeiten. Unterdessen sind es schweizweit bereits über zwanzig. Nun zieht auch die Bibliothek Huttwil als sechste im Kanton Bern nach und bietet ihren Kundinnen und Kunden an 365 Tagen im Jahr von sechs Uhr morgens bis 23 Uhr abends Zugang zur Bibliothek. Die gewohnt bedienten Öffnungszeiten bleiben bestehen.

Offizielle Eröffnung
«Dass wir uns heute hier treffen, kommt nicht von ungefähr», sagte Mei Rettenmund, Präsidentin des Bibliotheksvereins an der offiziellen Eröffnung der Open Library Bibliothek Huttwil und blickte kurz auf die Geschichte der Bibliothek zurück. Diese begann am 19. August 1978 in den Räumen des «Notar-Minder-Hauses» an der Bahnhofstrasse als kleine, feine Bibliothek mit einem überschaubaren Angebot an Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbüchern sowie einer Sachbuchabteilung. Im Jahr 1991 erfolgte der Umzug an den heutigen Standort. Ein grosser, offener und heller Raum mit viel Platz für das stark vergrösserte Angebot. In den Jahren 1997 und 1998 wurde vom veralteten Ticketsystem auf die EDV-Ausleihe umgestellt. Neben einer grossen Auswahl an Büchern konnte das Angebot bis heute mit CDs, DVDs, Hörbüchern, Zeitschriften, Tonies (Audio-System für Kinder), Generationenkoffern (zum Entdecken und Verweilen mit Kindern bis sieben Jahren) und einer Kaffeemaschine erweitert werden.
Die Huttwiler Bibliothek entwickelte sich zu einem gemütlichen Treffpunkt. «Nun wagen wir einen neuen, für uns grossen Schritt, eröffnen eine Open Library und machen damit das Medienangebot für unsere Mitglieder fast immer zugänglich», freut sich Mei Rettenmund. Doch ohne das grosse Engagement der Mitarbeitenden und ohne finanzielle Unterstützung hätte das neue Konzept nicht realisiert werden können, führte die Präsidentin weiter aus und sendete damit ein herzliches Dankeschön an die Mitarbeitenden und die edlen Geldspender: Das Amt für Kultur des Kantons Bern, der Rotary Club Langenthal und die Einwohnergemeinde Huttwil.

Grosse Vorarbeit
Die Idee zu einer Open Library Bibliothek hatte die Bibliotheksleiterin Franziska Heiniger bereits im Jahr 2019, deren Umsetzung wurde jedoch durch die Corona-Pandemie stark verzögert. Im Januar dieses Jahres konnten die Vorbereitungen endlich in Angriff genommen werden. Jedes einzelne der rund 12 000 Medien wurde mit einer elektronischen Sicherung ausgestattet, die Zugangstüre neu gesichert, die Beleuchtung ersetzt (Bewegungsmelder), die IT aufgerüstet, die Selbstausleihstation bereitgestellt und der Ausleihbetrieb getestet und optimiert. Seit den Sommerferien werden die neuen Bibliotheksausweise nach einer Einführung und gegen Unterschrift laufend abgegeben. Wer zu den unbedienten Öffnungszeiten Einlass begehrt, muss demnach über einen persönlichen Bibliothekspass mit RFID-Code verfügen und mindestens 18 Jahre alt sein.
Das neue Konzept Open Library gestaltet sich für die Kundinnen und Kunden ganz einfach. Der persönliche Bibliotheksausweis wird beim «Selbstverbucher-Tisch» eingescannt und danach die Bücher oder anderen Medien auf die Tischplatte gelegt. Diese werden sogleich automatisch erkannt. Durch Antippen direkt auf dem Bildschirm kann nun angewählt werden, ob das Medium ausgeliehen, verlängert (bis zu zwei Mal möglich) oder zurückgegeben werden möchte. Wer ein kostenpflichtiges Medium ausleiht, kann bequem mit Twint bezahlen, den geschuldeten Betrag während den bedienten Öffnungszeiten vorbeibringen oder per Rechnung bezahlen (inklusive Bearbeitungsgebühr).

Open Library auch in Langenthal und Herzogenbuchsee geplant
Die Bibliothek Huttwil ist Teil der Bibliothek Oberaargau (BOA), dem auch die Bibliotheken Langenthal und Her­zogenbuchsee angehören. Ein Trägerverein wurde im Oktober 2022 gegründet. Seit Mitte August treten sie gemeinsam auf der Webseite www.b-ao.ch auf und ab Januar 2024 ist ein gemeinsamer Online-Katalog, Bibliothekspass und Kurierdienst geplant. Dies ermöglicht, Medien in allen Bibliotheken auszuleihen und zurückzugeben.
Diesen Winter wird die Gemeindebibliothek Herzogenbuchsee ebenfalls mit einer Open Library nachziehen und auch die Regionalbibliothek Langenthal wird nach dem geplanten Umbau des Gebäudes das Konzept der «offenen Bibliothek» umsetzen.

Von Marion Heiniger