• Seit 45 Jahren spendete Kurt Steffen bereits 100 Mal Blut. Marianne Steffen ist seit 1980 Samariterin und verpflegt jeweils die Spendenden mit belegten Brötli. · Bild: Barbara Heiniger

  • Blutspendenaktion vom August 2021 in Wyssachen. · Bild: Barbara Heiniger

  • 450 Milliliter werden bei einer Vollspende abgenommen. · Bild: Barbara Heiniger

13.01.2022
Emmental

Blut spenden – Leben retten

Die Tradition des Blutspendens hat in ländlichen Regionen einen hohen Stellenwert. Das ist im Einzugsgebiet des «Unter Emmentaler» deutlich sichtbar, es gibt immer wieder Spenden-Jubiläen oder Hinweise auf erfolgreiche mobile Entnahmen. Blutspenden ist wichtig, trotz grossen Fortschritten in der Medizin wird das kostbare Blut gebraucht und damit Menschenleben gerettet. Und In Coronazeiten ist Spenderblut Mangelware.

Dürrenroth · Im Emmental und Oberaargau ist dafür die Interregionale Blutspende SRK AG in Zusammenarbeit mit örtlichen Organisationen für die mobilen Entnahmen zuständig. Gesucht werden aktuell junge, motivierte Neuspendende, die dadurch Leben retten.
«Ich werde Blut spenden, solange ich kann. Es ist ein gutes Gefühl, zu wissen, es gibt Vorräte, wenn man plötzlich selber Blut braucht», stellt Kurt Steffen fest. Er hat vor kurzem seine 100. Blutspende gemacht und stellt seine guten Taten aber eher in den Schatten. Er weiss, dass es einige Männer und Frauen gibt, welche die gleiche Leistung vollbracht haben. Im Gespräch mit dem «Unter Emmentaler» wird klar, dass die Blutspende-Aktionen sogar ein Familienprojekt bei Steffens sind.
 
Von der Rekrutenschule bis zur mobilen Blutspende-Aktion
Zum ersten Mal kam Kurt Steffen in der Rekrutenschule mit dem Blutspenden in Kontakt. Dabei merkte er sich die Aussage seines Kameraden, der feststellte: «Dort mache ich mit, dies gibt Gelegenheit die Füsse hochzulegen.» Regelmässig spendete er fortan von seiner Blutgruppe O im Samariterverein Dürrenroth bei den Blutspende-Aktionen. Diese werden in Zusammenarbeit mit der Interre-gionalen Blutspende SRK AG organisiert. Der Hauptsitz der Non-Profit- Organisation befindet sich an der Murtenstrasse 133 in Bern. Rund 350 Mitarbeitende sind in den Kantonen Bern, Waadt und Wallis tätig, vorwiegend in Teilzeitstellen. Dabei sind auch sehr viele weibliche Personen beschäftigt. Mit sieben Blutspende-Zentren in Bern, Biel, Burgdorf, Epalinges, Langenthal, Sitten und Thun sowie den mobilen Blutspende-Aktionen ist es die grösste Blutspende-Organisation in der Schweiz.
In enger Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Samariterbund SSB und anderen Institutionen werden jährlich rund 600 mobile Blutspende-Aktionen in mehr als 240 Ortschaften organisiert. Die Equipe sowie die Helferinnen und Helfer engagieren sich mit Herzblut für das Wohl der Spendenden.
Ein Teil dieser humanitären Tradition ist auch Marianne Steffen. Sie kam im Jahre 1980 zu den Samaritern in Dürrenroth. Im 1968 gegründeten Verein gehört das Blutspenden fest ins Jahresprogramm. Die feine Verpflegung der Spenderinnen und Spender wurde zu einer Aufgabe von Marianne Steffen. Die selber gemachten belegten Brötli finden jeweils grossen Anklang und haben Tradition. Seit einigen Jahren werden die Blutspende-Aktionen in Dürrenroth und Walterswil im Wechsel organisiert. Dies ist auch in der Region Huttwil so, wo mit den Daten im Frühling und Herbst in Huttwil, im Winter und Sommer in Wyssachen, ebenfalls vier mobile Entnahmen stattfinden Die Spendenden haben so die optimale Möglichkeit, während des Jahres von ihrem kostbaren Lebenssaft abzugeben. Sofern der Spender sich wohl fühlt und die medizinischen Abklärungen positiv verlaufen, ist die Vollblutspende (450 ml) für Männer viermal und für Frauen dreimal pro Jahr empfohlen. «Ich spende regelmässig drei bis vier Mal. Dies seit 45 Jahren, da durfte ich nicht oft fehlen, um auf die 100. Spende zu kommen», weiss Kurt Steffen mit einem feinen Lächeln. An negative Erlebnisse beim Blutspenden kann er sich nicht erinnern. Ein- oder zweimal bekam er einen blauen Arm, weil die Vene durchstochen wurde. Dass dies passieren kann, war ihm aber stets bewusst.
Etwas Mühe macht Kurt Steffen die Online-Terminreservation. «In der Landwirtschaft ist es manchmal schwer, die Zeit zu bestimmen, aber ich konnte trotzdem immer meine Spende machen», erkennt der fleissige Blutgeber. Kurt Steffen setzt sich gerne freiwillig für den guten Zweck ein, dabei schätzt er jeweils auch den Austausch mit den anderen Spendenden beim Zvieri. Dieser war infolge der Corona-Pandemie in der letzten Zeit leider nur sehr eingeschränkt möglich.

Sicherstellung der Blutversorgung
Während der ganzen Zeit der Pandemie war die Tätigkeit der Blutspende-Dienste explizit erlaubt, dies zur Sicherstellung der Blutversorgung. Der Interregionalen Blutspende SRK ist es ein grosses Anliegen, dass Blutspenden weiterhin für alle Beteiligten in einem sicheren Rahmen stattfindet. Darum werden die Weisungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und Blutspende SRK Schweiz strikte befolgt. Es besteht keine Zertifikatspflicht fürs Blutspenden. Wer nach den Corona-Impfungen keine Symptome hat, kann 48 Stunden danach schon wieder Blut spenden.

Ein humanitärer Fortschritt
«Das Zentrallaboratorium des Blutspende-Dienstes ist ein enormer humanitärer Fortschritt und eine bemerkenswerte technische Errungenschaft. Auf diese Leistung kann das Schweizerische Rote Kreuz stolz sein. Sie ist Ausdruck der hervorragenden Zusammenarbeit zwischen dem Sanitätsdienst der Armee und dem Roten Kreuz, die dem ganzen Schweizer Volk, der Zivilbevölkerung wie den Soldaten, zugutekommen wird», sagte General Henri Guisan, der von 1935 bis 1949 dem Direktionsrat des SRK angehörte. Er sprach sie anlässlich der Einweihung vom Zentrallaboratorium des Blutspende-Dienstes SRK am 12. Januar 1949. Er erinnerte ebenso daran, dass der Blutspende-Dienst seinen Ursprung im militärischen Sanitätsdienst hat. Die seit Jahrhunderten praktizierte Blutübertragung von Mensch zu Mensch wurde mit der Entwicklung der medizinischen Wissenschaft im Verlauf des 19. Jahrhunderts perfektioniert. Entscheidende Voraussetzungen dafür waren die Entdeckung der Blutgruppen im Jahr 1900, die Entwicklung von Techniken zur Blutkonservierung und Plasmafraktionierung sowie der Aufbau von Netzwerken für die Blutspende. In der Schweiz nahm das Blutspenden kurz nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs seinen Anfang. In einer Wegleitung vom 6. Oktober 1939 beauftragte der Oberfeldarzt der Armee das SRK, unter den Soldaten und in der Zivilbevölkerung Blutspender zu rekrutieren. Da die Namen und Adressen der potenziellen Spender registriert wurden, konnten sie bei Bedarf jederzeit kontaktiert werden. Die Schweiz stellte sogleich die Mittel und die Infrastruktur bereit, die für die Entnahme und Lagerung des Blutes benötigt wurden. Spezialisierte Teams wurden in den Techniken der Blutkonservierung ausgebildet. Bei Kriegsende standen in der Schweiz 35 000 Spendende und fünfzehn spezialisierte Teams zur Verfügung. Im Jahresbericht 1945 des SRK ist auf Seite 30 zu lesen: «Das Schweizerische Rote Kreuz würde es bedauern, wenn diese gut funktionierende Organisation mit dem Ende des Aktivdienstes einfach auseinanderfallen würde. Es ist deshalb vorgesehen, den Blutspende-Dienst, der ursprünglich nur für die Zwecke der Armee aufgebaut worden war, in eine Friedensorganisation zu überführen, die für zivile Bedürfnisse zur Verfügung steht.»

Warum Blut spenden?
Blutspenden werden in der Schweiz täglich benötigt, um erkrankte und verunfallte Menschen mit lebenswichtigen Blutpräparaten zu versorgen. Jeden Tag sind rund 700 Blutspenden nötig, um Krebserkrankte, Unfallopfer oder Menschen mit Blutkrankheiten ärztlich zu behandeln. Aber nur gerade 2,5 Prozent der Schweizer Bevölkerung spenden regelmässig von ihrem Blut. Die «klassische» Blutspende ist die Vollblutspende, dem Spender oder der Spenderin werden 450 Milliliter Blut entnommen und der gesamte Spende-Ablauf dauert rund 45 Minuten. Der Abstand zwischen zwei Spenden beträgt mindestens 76 Tage. Der Verlust des abgenommenen Blutvolumens von 450 Milliliter ist schnell wieder ausgeglichen. Die Nachbildung der weissen Blutkörperchen, die für die Abwehr von Krankheitskeimen zuständig sind, und der Blutflüssigkeit, des sogenannten Plasmas, erfolgt innert einem Tag. Die roten Blutkörperchen werden in etwa drei bis sechs Wochen nachgebildet. Das gespendete Blut wird im Labor genau untersucht. Blutgruppe und Rhesusfaktor werden bestimmt, verschiedene Tests auf Infektionserreger oder Antikörper durchgeführt. Blut mit auffälligem Befund wird vernichtet, in diesem Fall wird die Spenderin oder der Spender umgehend informiert.
Aktuell ist das Blut knapp, es existieren nur tiefe Reserven. Dringend gesucht sind darum junge Erstspender und Erstspenderinnen. Es ist einfach, jetzt einen Termin zu reservieren und damit Leben zu retten.

Versorgungsengpass durch hohe Corona-Fallzahlen
Die hohen Covid-Fallzahlen treffen auch das Blutspendewesen empfindlich. Seit Wochen kämpft die Interregionale Blutspende SRK mit einem Rückgang an Spendenden. Zum Start ins neue Jahr sind die Berner Blutreserven bedrohlich tief. Aufgrund der steigenden Fallzahlen kommen seit rund zwei Monaten zu wenig Personen zur Blutspende. Gleichzeitig bleibt der Bedarf an Blutprodukten von Seiten der Spitäler hoch. Da Blutprodukte nur kurz gelagert werden können, ist es wichtig, dass möglichst viele Spendende verteilt auf die kommenden Wochen einen Termin reservieren. Auch wenn aktuell gewisse elektive Operationen pandemiebedingt verschoben werden, sind beispielsweise Krebspatient:innen und Unfallopfer weiterhin auf Blut angewiesen.
Dr. Andreas Wicki, Leiter Blutversorgung, fasst zusammen: «Die Spitäler haben trotz Pandemie weiterhin einen hohen Bedarf an Blutprodukten. Aufgrund des tiefen Spenderaufkommens fehlen uns aktuell rund 150 Spenden pro Woche».
Die Interregionale Blutspende SRK ruft die Bevölkerung des Kanton Bern entsprechend zur Blutspende auf, um auch weiterhin die Spitäler mit ausreichend Blutprodukten versorgen zu können. Es wurden in allen Berner Blutspendezentren zusätzliche Terminmöglichkeiten geschaffen, damit alle Spendewilligen in den nächsten Wochen eine Spendemöglichkeit erhalten.
Für die Blutspende ist kein Zertifikat notwendig. Die Blutspende findet dank Schutzkonzept in einem sicheren Rahmen statt. Nach einer (Booster-) Impfung gegen das Coronavirus kann nach 48 Stunden wieder Blut gespendet werden, sofern keine Symptome auftreten. Wer nach der Impfung Symptome entwickelt, kann nach einer Wartefrist von 7 Tagen nach Abklingen der Symptome wieder Blut spenden. Dasselbe gilt für die Booster-Impfung.
Blutspenden kann jede Person, die bei der ersten Spende zwischen 18 und 60 Jahre alt ist, sich gesund fühlt und mindestens 50 kg wiegt. Gespendet werden kann in den Blutspendezentren in Bern, Biel, Burgdorf, Langenthal und Thun sowie bei zahlreichen Blutspendeaktionen (siehe ichspendeblut.ch). Spendenden wird empfohlen, einen Termin online auf reservation.ichspendeblut.ch zu buchen.

Gut zu wissen
Wer kann Blutspenden? Wer zwischen 18 und 60 Jahre alt ist, kann sich als Erstspender zu einer Blutspende anmelden, (Mehrfachspender bis 75 Jahre), muss mindestens 50 Kilo wiegen und sich gesund fühlen. Die nächsten mobilen Entnahmen in der Region: 18. Januar, Rohrbach; 3. Februar, Wyssachen; 9. Februar, Sumiswald; 21. Februar, Affoltern; 28. März, Dürrenroth. Infos: www.ichspendeblut.ch, Gratisnummer für Spendende: 0800 148 148.

Von Barbara Heiniger