Bunte Fasnachtskostüme trotzen dem trüben Wetter
Wenn in Langenthal kostümierte Fasnächtler mit einem Schild «zu verkaufen» auf dem Rücken durch die Gassen marschieren, dann geht es nicht um unmoralische Angebote. Es ist der Tag des grossen Fasnachtsmarktes, der Besucher selbst aus dem benachbarten Ausland nach Langenthal lockt. Dieses Jahr zwar deutlich weniger als auch schon, doch trotz trübem Wetter blieb das Fasnachtsfeeling nicht aus.
«Für uns kann es nicht ausgefallen genug sein.» Annamaria Flückiger setzt ihrer Begleiterin einen mächtigen schwarzen Hut auf den Kopf und beide lachen herzhaft. Doch es ist nicht nur der Spass am «Pröblen», der aus ihnen spricht. Denn sie sind eingefleischte Fasnächtler. Und ihren enthusiastischen Worten lassen sie Taten folgen.
Annamaria Flückiger lässt sich ein futuristisches silbernes Astronauten-Weltraum-Kostüm mit wilden Stachelhöckern einpacken, während Francine Wernli etwas keckes Rotes in der grossen, fettgefüllten Tasche trägt.
«Je pompöser und exklusiver desto besser. Ich liebe es», lässt sich Annamaria Flückiger gerne zitieren. Und die Kostüme sind für sie nicht nur Ausstellungsstücke, obwohl sie solche Gewänder auch verkauft. «An jedem der vier Fasnachtstage im Jahr trage ich ein anderes Kostüm.»
Die Qual der Wahl am 26. Fasnachtsmarkt in Langenthal, dem grössten seiner Art in der Schweiz, ist nicht nur für die Solothurnerinnen enorm. Er lockt die Besucher aus nah und fern.
Vom Tessin bis Stuttgart
Gianni Piccaluga zum Beispiel ist mit fünf weiteren Mitgliedern der «Gruppo Amici della Fenice» extra aus dem Tessin nach Langenthal gefahren. Sie präsentieren drei verschiedene Kostüme aus ihrem Fundus, mit denen sie interessierte Käufer beglücken wollen. «Wir verkaufen aber nicht nur. Wir haben hier auch schon Kostüme von einer Gruppe aus Wangen an der Aare erworben.» Für seine Clique ist ein Besuch am Langenthaler Fasnachtsmarkt fast ein Muss.
Ebenso Karl Gmür aus Sargans, der einen grossen Stand mit Tierischem und Hölzernem betreibt. Hörner in allen Grössen und Formen, Fell, Leder. Er ist Mitglied der Krampus-Gruppe «Hohlgass-Pass», die mit diabolischen Holzmasken auftritt. «Mit dem Verkauf am Fasnachtsmarkt finanzieren wir einen Grossteil unserer Vereinsausgaben», lässt er durchblicken. Deshalb ist er auch schon zum elften Mal hier. Von weit her ist Andreas Kostrzewa von den «Blechschlüpfern Uhingen.» Er hat riesige Dirigentenmasken von Stuttgart nach Langenthal gebracht «und auch schon eine verkauft».
«Viel Bewegungsfreiheit»
Er kommt richtig ins Schwärmen, wenn er über den Langenthaler Fasnachtsmarkt spricht. «Nur schon von der Stimmung her lohnt sich der Besuch immer. Wir schauen, was es alles Neues gibt, lernen neue Vereine kennen oder pflegen Freundschaften». Da trübt auch das schlechte Wetter seine Laune nicht. Dennoch ist der Besucheraufmarsch markant kleiner als auch schon. «Letztes Jahr war es absolut super, da gab es manchmal fast kein Durchkommen», bestätigt Selina Corea von den «Chistelärmer Aarwangen», die gerade am Nachbarstand zusammen mit Nicole Zingg und Michel Mast Reststoffposten und ausgediente Kostüme an den Mann und die Frau bringen wollen. Dank der ungewohnten Bewegungsfreiheit konnten sich die Besucher dafür verstärkt ungetrübte Blicke auf die Stände gönnen. Auch für «einheimische» Cliquen und Fasnachtszugewandte ist der Langenthaler Markt von grosser Wichtigkeit. Sandra Ledermann aus Lotzwil ist zwar vor allem aus «Gwunder» gekommen und hat Freunde begleitet. «Ich habe mir schon letztes Jahr hier ein Gewand gekauft.» Sie sei damit eingedeckt. Dennoch lässt sie Sohn Simon ein grünes Kostüm probieren, der sich aber nicht so recht damit anfreunden kann. «Ich suche ein Schwert», lässt er in knappen Worten verlauten.
Nebenan lässt sich der Lotzwiler Hanspeter Sägesser vom Bieler Janic Schneiter eine Maske aushändigen. Doch schnell hat er sie wieder vom Gesicht. «Ich bin nicht der Larventyp», gibt er zu verstehen. «Ich brauche die Freiheit und die optisch ungetrübte Sicht.» Im Gegensatz zu Airbrush und Schminken seien Masken im Oberaargau auch nicht wirklich Tradition. «Im dichten Gedränge eckt man damit eher an.»
Dafür ist Res Geiser von den Akkordwürgern am Stand vom «Musikpunkt Hochdorf» bei Daniele Su-biaz fündig geworden. Gesucht hat Res Geiser Band für seine strapazierten Drumsticks. «Das findet man nicht überall», ist er nun erleichtert.
Im Hintergrund spielt derweil die Guggemusig «Strosse-Füdeler» Langenthal an ihrem Platzkonzert vor dem Choufhüsi auf, wo sich eine Gruppe nach der anderen ablöst. Und sie alle sorgen für einen geschenkten Fasnachtstag, diesmal halt mit nassem, transparentem Konfetti, das vom Himmel fällt.
Von Thomas Peter