«Carmen» – Liebe, Leidenschaft und Tod
Im Rosengarten hinter der Alten Mühle sorgt der Verein Gartenoper Langenthal vom 22. Juni bis 9. Juli mit «Carmen» von Georges Bizet für musikalische Leckerbissen auf höchstem Niveau. Regisseur ist – wie 2018 bei «Der Wildschütz» – der Bündner Andrea Zogg. Der «Unter-Emmentaler» war bei einer Probe dabei.
2012 «L’elisir d’amore» von Gaetano Donizeti, 2014 «L’italiana in Algeri» von Gioachino Rossini, 2016 «Martha» von Friedrich von Flotow, 2018 «Der Wildschütz» von Albert Lortzing, 2020 keine Oper wegen Corona und jetzt, 2022, «Carmen» von Georges Bizet. Eindrücklich, was der von Beat Wälchli präsidierte Verein Gartenoper Langenthal mit seinem eingespielten Team zu stemmen vermag. Neben vier hochkarätigen Solistinnen und fünf Top-Solisten kommen ein Orchester mit 40 professionellen Musikerinnen und Musikern sowie ein über 50-köpfiger Chor zum Einsatz.
Dirigentenstab oder Degen?
Mittwochabend exakt 19 Uhr: Regisseur Andrea Zogg begrüsst die für diesen Probeabend Aufgebotenen. Dem 64-jährigen Schauspieler und Theaterregisseur zur Seite steht Regieassistentin Melanie Schütz (Jahrgang 1991, wohnhaft in Pfaffnau), die dieses Amt bereits bei den Gartenopern «Martha» (2016) und «Der Wildschütz» (2018) versah. Auf dem Programm stehen heute die Szenen 12, 13, 17 und 18. «Sehr gut», lobt Andrea Zogg den tanzenden Chor und fordert alle auf, nach dem musikalischen Schlussakkord die Gläser hochzuhalten und so zu verharren. «Das machen miar nomol», sagt der Regisseur, nachdem er erklärt hat, wo noch Optimierungs-Potenzial besteht. Mit einem Jeep – gefahren von Fred Heiniger – gesellt sich Escamillo (Gerardo Garciacano) zur Festgemeinde. Mit der Arie «Vivat le Torero» («Auf in den Kampf, Torero») sorgt er für einen Höhepunkt der Oper. Die Frauen himmeln ihn an. Sein Herz gehört aber der betörend schönen Zigeunerin Carmen, die um ihre Wirkung auf Männer weiss. «Das funktioniart», zeigt sich Andrea Zogg zufrieden. Wie locker die Stimmung ist, beweist Bruno Leuschner. Der musikalische Leiter «missbraucht» den Dirigentenstab und stösst mit diesem ins Leere – jedoch so, als sei er der Torero, der dem Stier den Todesstoss versetzt.
Auf gutem Weg – mit viel Spass
«Alli bereit? Miar rennen nit, miar düan nit hetza», fordert Andrea Zogg alle auf, die 16 Treppenstufen von zuoberst bis zuunterst unfallfrei zu meistern. Der Regisseur, der seine Anweisungen mal im Bündner Dialekt und mal auf Hochdeutsch vermittelt, will diese Szene wiederholen. So bittet er alle, nochmals gemächlich von oben nach unten zu schreiten. «Stägeli uf, Stägeli ab», kommentiert ein weibliches Chormitglied und sorgt mit ihrer Schlagfertigkeit für kollektives Lachen. «Mir wären so wit», ruft Andrea Zogg nach kurzer Pause alle wieder auf die Bühne. Auf den vier Stühlen hinter jenen zwei des Regisseurs und seiner Assistentin haben inzwischen Beat Wälchli (Präsident des Vereins Gartenoper Langenthal), seine Frau Ursina (Bühnenbild) sowie Gertrud «Dudu» Kull (Sekretariat) und Hans Peter Kuert (Marketing) Platz genommen. Sie nehmen erfreut zur Kenntnis, dass alle mit Begeisterung und Spass proben. Kuert bemerkt, dass am 9. Juni der SC Langenthal die 400 Zuschauer fassende Tribüne aufstellen wird und dass die zehn Vorstellungen zwischen dem 22. Juni und dem 9. Juli bereits zu 90 Prozent ausverkauft sind. Auf der Bühne wird soeben «Mon cher monsieur» geprobt – und wiederholt. «Sin alli bereit?», erkundigt sich Andrea Zogg, der nach der nächsten Szene – einmalig an diesem Abend – recht heftig interveniert: «Stopp, Stopp.» Nochmals ist der Chor gefordert – inzwischen bei Scheinwerferlicht. «Das war’s, alli uf d Bühni», ruft der Regisseur und wünscht kurz vor 22 Uhr – in Anbetracht von vier Abenden ohne Probe «schöne Ferien». Gelächter. «Miar sin uf guatam Wäg», sagt er und betont, dass ihm die Zusammenarbeit mit allen grossen Spass bereite. Die spontane Antwort bleibt nicht aus: «Üs ou.»
Von Hans Mathys