• Nach 32 Jahren übergibt Christian Zaugg (links) die Leitung vom Alterszentrum Lotzwil an den Einheimischen Roman Niederberger. · Bild: Hans Mathys

22.06.2020
Oberaargau

Christian Zauggs bewegender Abschied

Die Delegiertenversammlung des Gemeindeverbandes Alterszentrum Lotzwil stand ganz im Zeichen der Verabschiedung von Christian Zaugg, der nach 32 Jahren als Heimleiter in Pension geht. Zauggs Nachfolger ist der 40-jährige Lotzwiler Roman Niederberger.

Lotzwil · Das Alterszentrum am Dorfplatz in Lotzwil steht unter einem guten Stern und geniesst einen vorzüglichen Ruf. Dies hat primär mit Christian Zaugg zu tun, der das Heim seit der Eröffnung im Jahr 1988 kompetent, umsichtig und auf sehr menschliche Art führte. Die von Präsidentin Vreni Christen (Oeschenbach) geleitete Delegiertenversammlung des Gemeindeverbandes Alterszentrum Lotzwil (Bleienbach, Lotzwil, Madiswil, Obersteckholz, Oeschenbach, Rütschelen und Ursenbach) würdigte die Verdienste des hier 32 Jahre erfolgreich tätigen Heimleiters Christian Zaugg. Für Hanspeter Hofer (Madiswil), Präsident der Heimkommission, war es eine «überaus gute Zusammenarbeit». Seinen Dank richtete Hofer auch an die ganze Belegschaft in Lotzwil und Madiswil. Die Kommission habe aus neun Heimleiter-Bewerbungen wählen können. Drei Personen seien in die engere Wahl gekommen und zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Danach habe man sich einstimmig für den Lotzwiler Roman Niederberger entschieden – mit Stellenantritt 1. Mai .«Ich bin 100-prozentig davon überzeugt, dass unsere Wahl eine gute Wahl ist», sagte Hofer.

Auch ein neuer Hauswart
«Am 4. Mai hat mich Christian Zaugg unter seine Fittiche genommen», schilderte Roman Niederberger seinen Start im Heim. Er sei während vier Wochen eingeführt worden und habe schliesslich am 2. Juni das Amt des Heimleiters offiziell übernommen. Roman Niederberger ist exakt 40-jährig. Er wohnt mit seiner Familie in Lotzwil und war langjähriger Projektleiter bei der Langenthaler Hector Egger Holzbau AG.
«Wir hatten auch das Glück, André Schweizer aus Lotzwil als neuen Hauswart wählen zu können», sagte Hanspeter Hofer. Schweizer ist Lotzwiler Gemeinderat. Er trat ab 1. Februar die Nachfolge von Rosmarie Grossniklaus (Lotzwil) an, die nach 25-jähriger Tätigkeit Ende April pensioniert wurde.

In 32 Jahren kein einziger Suizid
In seinem Jahresbericht 2019 wies Christian Zaugg auf zwei Tendenzen hin: Auf den sich abzeichnenden Generationenwechsel im Mitarbeiterstamm und auf den nur geringen Bewohnerwechsel (Todesfälle). Alle gegenwärtig 64 Heimbewohner würden aus den sieben Verbandsgemeinden stammen. Das mittlere Alter liege bei rund 87 Jahren und die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrage 14 Monate. Zaugg: «Auffällig ist die Zunahme von Bewohnern, die an einer Demenz erkrankt oder wegen einer anderen Beeinträchtigung schwer pflegebedürftig sind. Nach wie vor sind gegen 300 Bewerbungen auf der Warteliste.» Die total 64 Heimplätze des Alterszentrums resultieren aus 42 im Altersheim, zwölf in der demenzgerechten Pflegewohngruppe Lotzwil und zehn in der Pflegewohngruppe Zelgli in Madiswil. Die 105 Mitarbeitenden (Verwaltung 3, Pflege/Betreuung 77, Aktivierung 1, Verpflegung 16 und Hausdienst/Wäscherei 8) entsprechen 63,9 Vollzeitstellen. Neue Stellen zu besetzen, sei jeweils «nicht ganz mühelos», sagte Christian Zaugg.

Änderung beim Mahlzeitendienst
Der vor wenigen Tagen in den Ruhestand getretene Heimleiter schnitt in seinem Jahresbericht auch den seit Herbst 2019 preislich und bezüglich Angebot angepassten Mahlzeitendienst an, der in Zusammenarbeit mit der Spitex für zu Hause wohnende, meist betagte Menschen angeboten wird. Der Preis für die Herstellung einer Mahlzeit wurde von 10 auf 14 Franken erhöht. Neu würden inklusive Zustellung 18.50 Franken pro Mahlzeit in Rechnung gestellt. Seit der Coronakrise sei die Anzahl Mahlzeitenlieferungen angestiegen – auf zurzeit täglich 40 bis 50 Hauptmahlzeiten.

Zwei Monate lang keine Besucher
Am 14. März habe das Heim gemäss Weisungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) für Besucher schlies­sen müssen, blickte Christian Zaugg zurück. Die Befürchtung, dass das Virus den Weg ins Heim finden würde, sei gross gewesen. Später sei der Alltag mehr oder weniger wieder eingekehrt. Auch das Personal habe sich an die Schutzmassnahmen gewöhnt. Pandemiematerial wie Masken, Handschuhe und Schutzanzüge habe man immer genügend einkaufen können. Zaugg: «Den Heimbewohnern ist es den Umständen entsprechend gut gegangen. Sie konnten die Mahlzeiten immer gemeinsam im Essraum einnehmen und sich im Heimareal frei bewegen. Auch haben wir interne Anlässe organisiert. So hatten die Bewohnerinnen und Bewohner kaum den Eindruck, sie seien wie in einem Gefängnis eingesperrt.» Zuletzt habe man bei zwei bis drei Personen aber doch den Eindruck erhalten, sie würden leiden. Ab 12. Mai seien Besuche via Besucherfenster wieder möglich geworden und am 9. Juni das Besuchsverbot im Heim aufgehoben worden. Hofer zeigte sich erfreut darüber, dass im Heim kein einziger Corona-Fall aufgetreten sei.

Sanierung der Wasserleitungen
Roman Niederberger informierte die 19 zur Versammlung Erschienenen darüber, dass aktuell ein Grossteil der Fassaden am Heim erneuert werden und dass mit der Sanierung der Wasserleitungen ein grösseres Projekt anstehe. Dieses werde frühestens Ende 2020 in Angriff genommen und wohl drei bis fünf Jahre dauern. Die Gesamtkosten würden nach ersten Schätzungen 350 000 bis 400 000 Franken betragen.
Christian Zaugg präsentierte die Jahresrechnung 2019, die bei einem Aufwand von 6,763 und einem Ertrag von 6,782 Millionen Franken mit einem Gewinn von 18 600 Franken abschliesst. Erstmals seien – wie vom Kanton gefordert – Rückstellungen für die Infrastruktur von 253 700 Franken verbucht worden. Nie in seiner Zeit als Heimleiter habe ein negativer Rechnungsabschluss präsentiert werden müssen, hielt der scheidende Heimleiter fest. Die Auslastung des Heims habe immer rund 98 Prozent betragen. Zum guten Geschäftsgang habe auch viel Glück beigetragen, betonte er.

Eigenständig bleiben – hofft Zaugg
Am Schluss der Delegiertenversammlung gab Christian Zaugg seiner Hoffnung Ausdruck, das Heim möge auch in Zukunft eigenständig bleiben. In seiner 32 Jahre langen Amtszeit als Heimleiter habe er sich vieler schöner Erlebnisse erfreuen dürfen. Mit Roman Niederberger sei das Heim jetzt in neuen Händen – «aber ich weiss, dass es gut kommt.»

Von Hans Mathys