«Cookie the Herbalist» sitzt in Jamaica fest
Der Musiker Stefano Raschi alias «Cookie the Herbalist» sitzt seit mehreren Wochen in Jamaika fest. Die regulären Flüge nach Europa wurden allesamt eingestellt. Die Lage vor Ort sei bisher überschaubar. Der «Unter-Emmentaler» hat sich mit dem Oberaargauer unterhalten.
Jamaica · Eigentlich heisst er Stefano Raschi. Bekannt ist der 38-Jährige, der seit längerem in Langenthal lebt, mittlerweile in der ganzen Welt, und zwar als Reggae-Musiker «Cookie the Herbalist». In erster Linie macht er Musik, «nicht nur für Rastas, sondern für alle». Die Musik beruhige, strahle Lebensfreude aus, Reggae erzähle Geschichten, spreche über Missstände und widerspiegle, was die Leute eigentlich sagen wollen. «Sie zeigt, was draussen auf der Strasse abgeht oder wie es anders laufen könnte», so der Musiker.
Leuchtende Kinderaugen
Stefano Raschi ist am 11. Januar 2020 nach Jamaika geflogen. Wie jedes Jahr reist der 38-Jährige auf die beliebte Ferieninsel in Nordamerika. Nicht etwa, um Ferien zu machen, sondern um seinem Beruf als Musiker und Sänger nachzugehen. Jamaika gilt nämlich als Geburtsstätte der Reggae-Musik. Vor der Corona-Krise trat er im Auftrag eines amerikanischen Hilfswerks an diversen Schulen auf. Mit seinem Reggae-Gesang sorgt er bei den Kindern für strahlende Gesichter. «Ich bin immer wieder fasziniert, mit wie wenig die doch mehrheitlich armen Kinder zufrieden sind. Wir benötigten eigentlich nicht viel, um glücklich zu sein», stellt Stefano Raschi fest. Doch aufgrund der Corona-Krise wurden die Schulen geschlossen und die restlichen Konzerte abgesagt. Auch die Studios, in denen der Schweizer Musiker seine Songs aufnimmt, sind geschlossen. Dieses Jahr ist eben alles anders. Der Traum ist zum Albtraum geworden. «Ich überbrücke die Zeit damit, neue Songs zu schreiben», sagt der gebürtige Huttwiler.
Rückkehr Ende Mai noch ungewiss
Mitte März wollte Stefano Raschi zusammen mit dem jamaikanischen Musikproduzenten Lee Perry wieder in die Schweiz reisen. Doch sämtliche Flüge nach Europa wurden gestrichen. Gemeinsam wäre eine Tournee in England geplant gewesen, die aber abgesagt wurde. Nun sitzt der Schweizer seit Wochen in Jamaika fest. Momentan weilt er in Negril, im Westen des Inselstaates. Schon diverse Male wurde sein Flug umgebucht. Nun hofft er auf die Rückkehr am 20. Mai. Eine deutsche Fluggesellschaft fliegt von Montego Bay nach Frankfurt via Zürich und bringt so hauptsächlich Deutsche, aber auch Schweizerinnen und Schweizer nach Hause.
Stefano Raschi ist in ständigem Kontakt mit den Schweizer Vertretungen auf der karibischen Insel. «Sie versuchen so gut wie möglich, Unterstützung zu bieten.» Seine Partnerin in Langenthal vermisst der Musiker besonders. Aber auch seine Mutter, die in Huttwil wohnt und seinen Vater im Tessin. «Langsam macht sich das Heimweh bemerkbar», sagt Raschi. Doch die Rückkehr am 20. Mai ist noch keineswegs definitiv. Offiziell wurden die Landesflughäfen nämlich bis zum 31. Mai geschlossen. Wann Stefano Raschi also wieder zurück in die Schweiz kommt, ist noch völlig offen.
Lage kann schnell prekär werden
Die Corona-Lage in Jamaika ist derzeit noch recht stabil. Die Inselstaaten reagierten schnell und rigoros auf das Virus. Viele schotteten sich ab. Laut den Behörden gab es erst rund 400 bestätigte Fälle. Das ist wenig, doch ist das Land schlechter auf ein solches Virus vorbereitet als beispielsweise die Schweiz. «Falls hier die Zahlen stark zunehmen, würde es sofort an allem fehlen», sagt Stefano Raschi. Deshalb hofft der 38-Jährige, dass sich die Leute an die Regeln halten. Auch die medizinische Versorgung ist längst nicht mit europäischen Verhältnissen zu vergleichen und nicht im ganzen Land gewährleistet.
Zwölfstündige Ausgangssperre
Die Regierung hat mit Ausnahme der Supermärkte sämtliche Geschäfte und Firmen schliessen lassen. Zudem herrscht im öffentlichen Raum eine Maskenpflicht. Personen ab einem Alter von 70 Jahren dürfen nur noch einmal täglich für notwendige, lebenswichtige Besorgungen wie in Supermarkt oder Apotheken aus ihrem Haus. Seit dem 22. April gilt eine landesweite nächtliche Ausgangssperre von 18 Uhr abends bis 6 Uhr morgens.
Laut dem eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat das Land zudem eine hohe Kriminalitätsrate – vor allem in der Hauptstadt Kingston und in Montego Bay. Bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und kriminellen Banden können vereinzelt auch unbeteiligte Personen in Mitleidenschaft ziehen. Das erschwert die aktuelle Lage zusätzlich.
Die Natur kann wieder aufatmen
In der Freizeit ist der 38-Jährige oftmals im Meer am Schnorcheln. Versucht so weit als möglich die Zeit trotz Corona-Krise zu geniessen.
Im Meer fällt ihm auf, dass wieder vermehrt Schildkröten, Mantas und Delfine in Strandnähe unterwegs sind. Auch sonst nimmt der Schweizer wieder mehr seltene Tiere und spezielle Vögel am Strand wahr, die sonst nicht da wären. «Die Natur kann wieder aufatmen, wenn sich der Mensch zurückzieht», erzählt Raschi. Das ist wohl das einzige, was positiv an der Corona-Krise ist.
Von Yanick Kurth