Dank dem Biken das Lebensglück gefunden
Nach 21 Jahren beendet der 38-jährige Madiswiler Andreas Moser seine Karriere als Elite-Mountainbiker. Er bleibt dem Sport erhalten. Zusammen mit dem ebenfalls zurückgetretenen Lukas Flückiger betreut Moser ein neues Mountainbike-Weltcup-Team.
Andreas Moser, Mountainbiker aus Madiswil · «Diese Chance, im geliebten Mountainbike-Sport beruflich Fuss zu fassen, kommt vielleicht nie mehr. Darum musste ich diesen Entscheid fällen», erklärt Andreas Moser den Schritt, seine Karriere als aktiver Elitefahrer zu beenden. «Ich habe mich mit meiner Familie beraten und anschliessend entschlossen, nach 21 schönen Wettkampfsport-Jahren zurückzutreten.»
Mit Lukas Flückiger ein Team betreuen
Damit haben auf Ende 2021 mit Lukas Flückiger (Wynigen/Ochlenberg) und Andreas Moser (Madiswil) gleich zwei der erfolgreichsten regionalen Mountainbiker aller Zeiten die Karriere beendet. Und Mosers sportlicher Weggefährte seit Kindesalter zeichnete sogar für diesen Schritt verantwortlich. «Luk hat mich angefragt, ob ich als Assistent in seinem neu entstehenden Mountainbike-Weltcup-Team arbeiten möchte. Diese Aufgabe reizt mich sehr, weshalb ich zugesagt habe.» Der gleichaltrige Lukas Flückiger stellt ab der Saison 2022 ein Schweizer Mountainbike-Team, welches mitunter im Weltcup antritt. Der Name des Teams ist noch nicht bekannt gegeben worden. Zwei grosse Schweizer Sponsoren sind aber bereits verpflichtet. Ebenso die vier Teamfahrer – je zwei Fahrerinnen und Fahrer –, welche in den Nachwuchskategorien zur Weltspitze gehörten und jetzt in der Elite Fuss fassen möchten. «Details sind noch nicht spruchreif. Ich freue mich aber sehr darauf, Teammanager Luk bestmöglich zu unterstützen», sagt Moser. Neben dieser Tätigkeit arbeitet Andreas Moser vorerst 50 Prozent weiter in seinem Job als «Pöstler».
Gutes Teamwork gefragt
Andreas Moser wird das Mountainbike-Team an die Rennen in der Schweiz und natürlich an die Weltcuprennen begleiten. «Damit das Pensum nicht zu gross wird, werde ich mich mit Lukas abwechseln. Einer von uns beiden ist immer vor Ort dabei», erklärt der 38-Jährige. Die freundschaftliche Verbindung der beiden Trainingskollegen besteht seit Jahren. Ausserdem ist Flückigers Ehefrau Fabienne die Gotte von Mosers älterem Sohn. Der zeitliche Aufwand, welcher die neue Betätigung mitbringt, hätte eine zeitgleiche Fortsetzung der Karriere als Elitefahrer verunmöglicht. «Darum musste ich den Schlussstrich ziehen.»
Die Familie als grösster Sieg
Blickt Andreas Moser auf seine Karriere zurück, in der er vor allem als Mountainbike-Marathon-Spezialist, als Radquer-Fahrer und zuletzt auch als E-Bike-Fahrer an Wettkämpfen im Einsatz stand, erwähnt er sofort, dass er seinen schönsten Sieg neben der Rennstrecke gefeiert habe. «Bereits in meinem ersten Wettkampfjahr lernte ich an einem Rennen in Schwarzhäusern Corinne kennen. Heute ist sie meine Ehefrau und Mutter meiner zwei wunderbaren Söhne. Durch den Radsport bin ich zum grossen Glück in meinem Leben gekommen – meiner Familie», erzählt Moser gerührt. «Corinne habe ich alles zu verdanken. Sie hat mich all die Jahre unterstützt, egal, ob die Rennen erfolgreich verliefen oder nicht.»
Der Grosserfolg blieb aus
Äusserst selbstkritisch zieht Moser eine Karrierebilanz: «Ich habe viele schöne Resultate erzielt, doch der richtig grosse Erfolg blieb mir vergönnt.» Oft sei er an wichtigen Rennen nahe am Podest gewesen. «Gereicht hat es aber nie. Ich konnte in den entscheidenden Momenten mein Leistungspotenzial nicht komplett abrufen – oder hatte Pech.» So konnte der in Gondiswil aufgewachsene Madiswiler in seiner Karriere nie eine Medaille an einer Schweizer Meisterschaft gewinnen. Dafür stehen viele vierte und fünfte Ränge zu Buche. Auch Weltmeister- und Europameisterschaften hat Moser etliche bestritten. «Dort reichte es mir nie zu einer Top-10-Klassierung. Zu wunderbaren Erfahrungen und Erlebnissen, die ein Leben lang bleiben, aber immer.» Ausserdem sei es für ihn so gewesen, dass er auch ohne Podestplatz stets grosse Freude an seinem Sport gehabt habe.
Bronze an der Eiger Bike Challenge
Als schönsten Erfolg nennt er den 3. Rang an der Eiger Bike Challenge 2018 in Grindelwald über 88 km. «Die besten Marathon-Biker waren geschlossen am Start. Auf den Sieger verlor ich damals bloss 16 Sekunden.» Sowieso bezeichnet Moser die Saison 2018 als eine seiner stärksten überhaupt. «Vielleicht hatte die Tatsache, dass ich an Titelkämpfen nie eine Medaille gewann, auch etwas Gutes. So blieb ich immer hungrig und motiviert. Sonst hätte ich vielleicht schon lange aufgehört», mutmasst der Hardrock-Fan.
Alles selber erledigt
Wenn Andreas Moser auf die vielen Jahre im Radrennsport zurückblickt, gibt er zu bedenken, wieviel Energie er auch neben der Rennstrecke aufbringen musste. «Ich war nie in einem Team, welches mir die Arbeiten abnahm. So habe ich vor einem Rennen alle Vorbereitungen getroffen und nach einem Rennen am späten Abend die Kleider gewaschen und das Bike geputzt, um dann am nächsten Morgen früh wieder zur Arbeit zu gehen.» Optimal sei dies sicher nicht gewesen. «Ich habe damit Körner liegen gelassen, die ich in den Rennen benötigt hätte.» In den letzten Jahren fuhr Moser im roten Dress von «Thömus Velo-shop». «Ich habe dafür aber lediglich das Material gratis erhalten. Um sämtliche Arbeiten rund ums Fahren habe ich mich – mit Hilfe meiner Familie – selber gekümmert.»
Zukünftig als Zuschauer am Rennen
«Ich habe nur die Lizenz, aber nicht das Bike an die Wand genagelt», lacht Andreas Moser. «Ich fahre zu gerne Rad. Ich trainiere auch weiterhin regelmässig, manchmal einfach, um den Kopf zu lüften. Es wird sicher keine 20-Stunden-Trainingswochen mehr geben. Ich kann mir vorstellen, gelegentlich ein Rennen plauschmässig zu bestreiten.»
Besonders freut sich Andreas Moser darüber, dass seine beiden Söhne ebenfalls eine grosse Leidenschaft für das Mountainbiken entwickelt haben. «Sie wachsen mit dem Biken auf. Ich staune über die grossen technischen Fortschritte, welche sie in kürzester Zeit erzielen.» Steht Moser nicht in seiner neuen Funktion als Assistent des neuen Mountainbike-Weltcup-Teams im Einsatz, freut er sich darauf, seine Kinder an Nachwuchsrennen begleiten zu können und dort einfach «nur» als Zuschauer und Ratgeber vor Ort zu sein. «Dem Mountainbike-Sport werde ich ein Leben lang verbunden sein», ist sich Moser sicher.
Kurz gefragt
Bester Mountainbiker ever? Für mich ist dies ganz klar Nino Schurter.
Gerade so gut wie Mountainbiken? Mit meinen «Giele» Freeriden. Okay, das ist auch Biken. Nun, für mich gibt es halt fast nichts, das so gut ist, wie das Mountainbiken.
Vorbild? Als junger Bursche hatte ich viele Vorbilder. Als diese dann jeweils positiv auf Doping getestet wurden, war ich dermassen enttäuscht von ihnen, dass ich später kein Vorbild mehr hatte.
Platten? Davon hatte ich in meiner Karriere ganz viele. In den letzten Jahren ging die Anzahl aber stark zurück, weil das Material immer besser wurde.
Verletzungen? 2003 hatte ich ganz viele heftige Verletzungen am Bein. Diese wiederum sorgten dafür, dass ich viel Gewicht verlor, was mir beim Biken half. Neben vielen kleinen und harmlosen Sturzverletzungen blieb ich sonst verschont.
Backen? Als gelernter Bäcker/Konditor backe ich in meinem «Bäckerstübli» in Madiswil am Wochenende Züpfen und Brote, die ich verkaufe. Das Backen ist eine grosse Leidenschaft von mir.
Netflix? Habe ich nicht. Meine «Giele» und ich sind eher die «You Tuber». Wir schauen uns dort oft Sportfilmchen an.
Kreuzworträtsel? Das mache ich nie.
Süssigkeiten? Mag ich sehr, besonders Studentenschnitten.
Jahreszeit? Ich habe es sehr gerne warm. Alle vier Jahreszeiten haben allerdings ihren Reiz – auch auf dem Mountainbike.
Feriendestination? Meine Familie ist oft und gerne in den Schweizer Bergen unterwegs.
Gartenarbeit? Ab und zu mähe ich den Rasen oder kehre das Laub zusammen. Für den Unterhalt ist aber meine Frau zuständig.
Covid-19? Meines Wissens bin ich verschont geblieben. Darüber bin ich sehr glücklich.
Von Stefan Leuenberger