Das Alter als grosse Herausforderung
Das Alter stellt jeden einzelnen von uns, aber auch die gesamte Gesellschaft vor Herausforderungen. Beim 20. Altersforum der
Region Oberaargau wurde mit Gemeinde- und Behördenvertretern darüber diskutiert, wie diese Herausforderungen gemeistert werden können. «Es gilt Rahmenbedingungen für eine altersfreundliche Umgebung zu schaffen», lautete das Fazit von Claudia Kratochvil-Hametner, Politologin und stellvertretende Direktorin des Schweizerischen Gemeindeverbandes.
Oberaargau · Wir werden immer älter und damit steigt der Anteil jener Menschen, die im Alter auf Unterstützung oder Pflege angewiesen sind. «Gemäss der aktuellen demografischen Entwicklung sollten wir rund 900 Pflegeheime bauen», sagte Peider Nicolai, Leiter Stiftung Lindenhof Langenthal, zum Auftakt des 20. Altersforums der Region Oberaargau, das in seiner Institution stattfand. Nicolai ist angesichts seiner Aussage überzeugt, dass mit unserem Gesundheitssystem etwas nicht mehr stimmt. Deshalb sagte er gegenüber den Anwesenden: «Wenn wir künftig im Alter länger überleben wollen, dann müssen wir die Gesetze dringend ändern.» Er machte klar, dass sich das Angebot in der Altersversorgung danach richten müsse, was gefragt sei. «Das erleben wir tagtäglich, unsere Bewohnerinnen und Bewohner wünschen sich Herzlichkeit, Sicherheit und Präsenz», gab er zu verstehen.
Für Gemeinden kein prioritäres Thema
Welche Alterslandschaft sich die Gemeinden im Oberaargau wünschen, versuchte die Region Oberaargau anhand einer Umfrage zu ergründen. Iris Zumstein, Gemeindepräsidenten von Attiswil und Präsidentin der Kommission Altersplanung in der Region Oberaargau, erläuterte die Ergebnisse dieser Umfrage. Sie hielt fest, dass das subregionale Altersleitbild in den Gemeinden gut verankert sei, geschätzt und als bedeutend eingestuft werde, von den politischen Behörden aber oft nicht prioritär behandelt werde. Auch äusserten sich die Gemeinden dazu, welche Unterstützung sie von der Region im Bereich der Altersplanung wünschen. Da wurden Informationsveranstaltungen für Gemeinden, das regelmässige Versenden von Newslettern, eine bessere Vernetzung der Subregionen, ein Runder Tisch, aber auch eine Anlaufstelle zur Umsetzung der Altersleitbilder in den Gemeinden als mögliche Instrumente erwähnt.
Verstärkte Zusammenarbeit
Claudia Kratochvil-Hametner sprach sich diesbezüglich für eine engere Zusammenarbeit unter den Gemeinden aus. Die Politologin und stellvertretende Direktorin des Schweizerischen Gemeindeverbandes fragte sich, ob es sinnvoll sei, wenn jede Gemeinde ein eigenes Altersleitbild entwerfe oder eine eigene Altersfachstelle betreibe. Sie plädierte deshalb für eine stärkere Vernetzung und Koordination im Gesundheits- und Sozialbereich. Zentral ist für sie, «dass wir Rahmenbedingungen für eine altersfreundliche Umgebung schaffen». Verbundlösungen würden künftig an Bedeutung gewinnen, ist sie überzeugt. «Gemeinsam handeln in der Region lohnt sich», forderte sie die Gemeindevertreter auf, bei der Altersplanung enger zusammenzuarbeiten. Denn laut Kratochvil lassen sich mit einer regionalen Altersplanung Synergien und Ressourcen besser nutzen, wodurch die Gemeinden entlastet würden.
Unterschiedliche Lösungsansätze
Für Claudia Kratochvil bleibt allerdings die grösste Herausforderung die Finanzierung der aktuellen Altersplanung sowie der Umgang mit gesellschaftlichen Veränderungen. Dazu gebe es unterschiedliche Lösungsansätze, führte sie aus und erwähnte, dass die vorhandenen Angebote auf den veränderten Bedarf angepasst oder neue Angebote realisiert werden müssten. Auch gelte es, Projekte im Freiwilligenbereich vermehrt zu fördern sowie eine verstärkte strategische Planung und Zusammenarbeit anzustreben. «Eine regionale Altersplanung ist dann erfolgreich, wenn alle verfügbaren Kräfte zusammenarbeiten, ein stabiles Netzwerk besteht und die politische Unterstützung vorhanden ist», betonte sie. Mit der Koordination der lokalen und regionalen Akteure, der Sensibilisierung der Bevölkerung und dem Einbezug der Senioren werde ein gemeinsames Verständnis für die Alterspolitik entwickelt. «Auf dieser Basis können bestehende Angebote noch besser auf die Bedürfnisse älterer Menschen ausgerichtet und weiterentwickelt werden», schloss sie ihre Ausführungen.
Zum Schluss des Altersforums gewährte SVP-Grossrat Kurt Wenger (Meikirch) Einblick in die Arbeit der Gesundheits- und Sozialkommission (GSoK) des Kantons Bern. Dabei erwähnte er, dass soeben die Beratung für die erste Lesung im Grossen Rat zum «Gesetz über die Leistung für Menschen mit Behinderungen (BLG)» erfolgt sei. Hier geht es in erster Linie darum, dass die Betreuung von behinderten Menschen im familiären Umfeld vernünftig entschädigt werden soll. Zudem finde aktuell eine thematische Vertiefung in die SP-Initiative «Elternzeit» statt, die neben dem eidgenössischen Mutter- und Vaterschaftsurlaub zusätzlich eine Elternzeit von 24 Wochen auf kantonaler Ebene fordert.
Für Kurt Wenger ist klar, dass sich der Kanton Bern eine solche «Elternzeit» gar nicht leisten kann und deshalb für dieses Anliegen eine schweizweite Lösung erforderlich ist.
Von Walter Ryser