• Setzen sich für das Weiterbestehen der Druckerei Schürch und des «Unter-Emmentaler» ein: Das Besitzerpaar Elisabeth und Olivier Simon. · Bild: Leroy Ryser

11.06.2020
Huttwil

Das Erbe mit Herz und Kopf weiterführen

Elisabeth und Olivier Simon und ihre drei Kinder sind die Besitzerfamilie des «Unter-Emmentaler» und der Druckerei Schürch in Huttwil. Für das Ehepaar aus Sierre bedeutet die Lokalzeitung eine Herzensangelegenheit. «Es ist uns ein grosses Anliegen, das Erbe mit Herz und Kopf weiterzuführen», bemerkt Elisabeth Simon, deren Vorfahren mütterlicherseits das Unternehmen gegründet und aufgebaut haben.

 

Huttwil · «Ich habe bereits als kleines Kind meinem Grossvater bei der Arbeit in der Druckerei zugeschaut, wenn ich bei ihm in den Ferien war. Das waren für mich immer wichtige und prägende Erlebnisse», erzählt Elisabeth Simon, die zusammen mit ihrem Mann Olivier und den drei Kindern (zwei Töchter und ein Sohn) Inhaberin der Druckerei Schürch in Huttwil sowie der Lokalzeitung «Unter-Emmentaler» ist. Es sei ihr deshalb ein grosses Anliegen, dieses Erbe mit Herz und Kopf weiterzuführen», erläutert sie ihre Motivation, das Unternehmen durch die schwierige Corona-Zeit in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. 1993 stirbt die Mutter von Elisabeth. Ihr Vater leitet zusammen mit der Tochter bis ins Jahr 2000 den Betrieb. Im selben Jahr stirbt auch Elisabeths Vater. Seit 20 Jahren sind nun Simons Inhaber der Druckerei und der Lokalzeitung, deren Aktien vollumfänglich in Familienbesitz sind, worauf die Eheleute stolz sind.

Nicht immer gut geschlafen
Man sei so gut aufgestellt gewesen, finanziell stabil, mit einem guten Team, einer tiefen Fremdverschuldung, guter Auftragslage und erfreulichen Zahlen beim «UE», blicken die beiden ein paar Wochen zurück. «Die Ausgangslage für eine erfreuliche Zukunft war bestens», bemerkt Olivier Simon. Doch dann kam der Coronavirus und plötzlich war alles anders. Die Auftragslage in der Druckerei hat sich drastisch verschlechtert, die Inserate-Aufträge bei der Lokalzeitung sind eingebrochen, das Unternehmen musste Kurzarbeit anmelden und bangt nun um sein längerfristiges Überleben.
Die Situation mache ihnen Sorge, geben die beiden unumwunden zu. «In letzter Zeit haben wir nicht immer gut geschlafen», betont Elisabeth Simon. Man sei in regelmässigem Kontakt mit der Geschäftsleitung und erkundige sich nach dem Wohlbefinden der Mitarbeitenden. «Dazu überlegen wir ständig, was man in dieser Situation tun könnte», ergänzt Olivier Simon. Doch ein erfolgversprechendes Rezept gebe es nicht. Man mache, was man könne, setze alle möglichen Hebel in Bewegung und hoffe, dass man sämtliche Arbeitsplätze erhalten könne.

Viele Leute halten gerne eine Zeitung in den Händen
Die beiden sind nicht blauäugig, blicken der Zukunft realistisch entgegen. So sagt beispielsweise Olivier Simon: «Bei der aktuellen Lage macht man sich natürlich auch einige grundlegende Gedanken», erwähnt er und fügt hinzu: «Drucken ist ein uraltes Handwerk und da fragt man sich schon, ob dieses Handwerk überhaupt noch in die heutige, digitale Zeit passt.» Olivier Simon ist sich bewusst, dass die gesamte Druckbranche auch ohne Coronavirus einen schweren Stand hat und das Überleben einzelner Unternehmen eine grosse und aufwändige Herausforderung darstellt.
«Eine Zeitung allerdings», ist er überzeugt, «halten viele Leute nach wie vor gerne in den Händen, das wird sich auch in Zukunft nicht ändern.» Es werde künftig vermutlich weniger Tageszeitungen geben, dafür mehr kleine, lokale Zeitungen. Diese müssten aber inhaltlich und optisch gut gemacht sein und dadurch die Leute ansprechen. Wie der «Unter-Emmentaler». «Deshalb müssen wir schauen, dass wir mit unserer Zeitung einen grösseren Leserkreis erreichen», bemerkt er. Huttwil gehöre mittlerweile zum Oberaargau, deshalb sei es wichtig, diese Region einzubinden, findet auch Elisabeth Simon. «Wir wollen umfassend über die Region Huttwil berichten, den Lesern aber auch mitteilen, was in andern Gebieten läuft», sagt sie. Die beiden machen unmissverständlich klar, dass sie an eine Fortsetzung der über 140-jährigen Geschichte der Lokalzeitung glauben und sich dafür einsetzen werden. Denn die Region hat es ihnen angetan. «Wir lieben Huttwil und seine Landschaft, seine mit viel Geschmack renovierten Bauernhöfe, die moderne Bewirtschaftung seiner Betriebe und die koketten Dörfer. Wir freuen uns an den kulturellen und sportlichen Aktivitäten und ihrer Dynamik. Ganz besonders freuen wir uns darüber, dass die kleinen und mittleren Unternehmen sich gut entwickeln und damit der ganzen Region Auftrieb geben.

Abstecher nach Tokio
Daneben beschäftigen sich die beiden aber noch mit weiteren Projekten. Das Ehepaar bewirtschaftet an seinem Wohnort in Sierre einen Rebberg, der viel zu tun gebe, wie die 66-jährige Elisabeth Simon sagt, die schon in jungen Jahren in Rebbergen zu Hause war und bei der Trauben-Ernte mitgeholfen hat und dadurch eine Leidenschaft für diese Tätigkeit entwickelte. Doch damit begnügt sich das rüstige und umtriebige Paar, das gemeinsam in Montana aufgewachsen und seit 39 Jahren verheiratet ist, aber noch nicht. Sowohl Elisabeth wie auch ihr zwei Jahre jüngerer Mann sind beide ausgebildete Architekten, die ihren erlernten Beruf weiterhin ausüben. Hauptsächlich mit Umbauten für private Kunden beschäftige man sich, bemerkt Olivier Simon.
Und dann wären da noch vier Enkelkinder, zu denen sie ebenfalls gerne schauen. Eines allerdings befindet sich ein Stück weit vom Wallis entfernt, wohnt doch ihr Sohn in Tokio (Japan), wo er für eine amerikanische Firma arbeitet. Noch letzten Herbst hätten sie ihn besucht. Dabei seien sie immer wieder überrascht von den riesigen Kontrasten zwischen Armen und Reichen, zwischen Modernem und Altem in diesem speziellen Land, betonen die beiden. «Aber auch die strengen Hierarchien, die in fast allen Lebensbereichen herrschen, sind für uns Westeuropäer sehr ungewohnt. Ich besuche Japan jeweils sehr gerne, freue mich aber immer wieder, hier in der Schweiz arbeiten zu können», gibt Elisabeth Simon lachend zu verstehen.

Von Walter Ryser