• In Zukunft soll im Forum Sumiswald keine «Pflästerlipolitik» mehr betrieben werden, sondern effiziente Massnahmen Anwendung finden. · Archivbild: UE

  • Verwaltungsratspräsident Hans Grunder möchte noch dieses Jahr eine neue Strategie entwickeln. · Bild: Marion Heinigef

  • Verwaltungsrat Clemens Bracher machte an der Informationsveranstaltung klar, dass die Technik im Forum ein Pulverfass sei. · Bild: Marion Heiniger

  • Der neue Gastwirt Christian Jakob zauberte aus einem Restaurant mit Kantinencharakter eine gemütliche Beach Bar. · Bild: Marion Heiniger

  • Das neue Restaurant «La Onda Beach Bar» wurde nach der Informationsveranstaltung von den Besuchern in Augenschein genommen. · Bild: Marion Heiniger

  • Das neue Restaurant «La Onda Beach Bar» wurde nach der Informationsveranstaltung von den Besuchern in Augenschein genommen. · Bild: Marion Heiniger

31.01.2022
Emmental

Das Forum will weg von der «Pflästerlipolitik»

Das Forum in Sumiswald ist marode. In allen Bereichen besteht Handlungsbedarf. Das hat auch der neue Verwaltungsrat erkannt. Seit Jahren kämpft die Freizeitanlage mit tiefroten Zahlen. Genauso lange versucht man, das Forum wieder auf die Beine zu bekommen, bisher mehr oder weniger erfolglos. Nun möchte der Verwaltungsrat das Ruder herumreissen und stellte an der vergangenen Informationsveranstaltung vor einem grossen Publikum das weitere Vorgehen vor.

Sumiswald · «Wir möchten weg von der ‹Pflästerlipolitik›, doch es wird kostspielig», warnte der Verwaltungsratspräsident Hans Grunder die zahlreich erschienenen Anwesenden an der vergangenen Informationsveranstaltung im Forum Sumiswald. Die Infrastruktur des Kurs- und Sportzentrums ist veraltet, die Technik ein Pulverfass, das Hallenbad eine Zeitbombe. Das marode Forum soll wieder auf Vordermann gebracht und gewinnbringend geführt werden – so der Plan. Um zu verstehen, wie es so weit kommen konnte, schauen wir kurz in der Geschichte des Forums zurück. 1973 wurde das Hallenbad gebaut. Kosten: 2,4 Millionen Franken. Ein beträchtlicher Teil (1,9 Millionen Franken) kam durch Beiträge und Spenden aus der Bevölkerung, dem Gewerbe und der Industrie zusammen. Rund 25 Jahre später entstand darum herum ein Kurs- und Sportzentrum. Kostenpunkt: 22,5 Millionen Franken. Der Kanton steuerte 8,7 Millionen Franken bei. Im Dezember 1998 nahm das Forum seinen Betrieb auf. Schon im Frühling 2002 musste der Trägerverein beim Gericht ein Gesuch um Nachlassstundung einreichen. Der Betrieb war zwar selbsttragend, jedoch lasteten die Schuldzinsen schwer. Daraufhin verzichteten die Banken auf rund 7 Millionen Franken und erklärten sich einverstanden, dass eine Auffanggesellschaft die Liegenschaften mit allen Einrichtungen für 1,4 Millionen Franken kauft. Diese wurde im Jahr 2004 gegründet und übernahm den Betrieb. Doch der Schuldenberg wuchs und wuchs. Ende 2020 musste wiederum ein Konkurs abgewendet werden. Das Sumiswalder Stimmvolk sprach ein zinsloses Darlehen von 850 000 Franken (650 000 Franken gingen umgehend an die Gläubiger) mit der Auflage, dass der gesamte Verwaltungsrat ausgewechselt werden müsse. Doch der gross angekündigte Neustart mit dem neuen Geschäftsführer Walter Freund, der das Forum wieder richten sollte, war kein Jahr später schon wieder zu Ende. Der Verwaltungsrat trennte sich von seinem Geschäftsführer im gegenseitigen Einvernehmen. Es wurde Stillschweigen vereinbart. Zeitgleich war auch eine grosse Personalfluktuation zu beobachten. Momentan wird das Forum interimistisch durch Stephanie Tschäppät, Leiterin Reception/Eventbetrieb, und Dennis Lehmann, Leiter Hausdienste/Infrastruktur, geführt.

Das Forum ist ein einziges Flickwerk
Verwaltungsrat Clemens Bracher versuchte, den Anwesenden die prekäre Situation des Forums darzustellen. Die Infrastruktur sei veraltet, teilweise revisionsbedürftig oder gar defekt. So kämpfe man beispielsweise mit Lochfrass und Rost, der durch den Dampf des Hallenbades verursacht werde. «Die Lebensdauer der meisten Komponenten ist längs erreicht. Die Technik ist ein Pulverfass», fasste Clemens Bracher zusammen. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel wurden in der Vergangenheit nur noch dringend notwendige Reparaturen vorgenommen. Dank regionaler Handwerker konnte das Forum als Flickwerk aufrechterhalten werden. Schwer belastet auch die Coronakrise, welche im Jahr 2020 den Umsatz halbierte und den Verlust auf beinahe eine halbe Million katapultierte. Dank des Militärs, das im Forum eine Quarantänestation einrichtete, schliesst die Rechnung 2021 voraussichtlich ausgeglichen ab. Doch nach wie vor fehlen an allen Ecken und Enden die finanziellen Mittel, um das marode Zentrum wieder auf Vordermann zu bringen. Nun also möchte der Verwaltungsrat weg von der «Pflästerlipolitik» und hin zu effizienten Massnahmen.

Umliegende Gemeinden sollen zahlen
Die Gemeinde Sumiswald beteiligt sich als Hauptaktionär mit rund 36 Prozent Aktienanteil mit jährlich 150 000 Franken an den Betriebskosten, den Rest muss das Forum selbst stemmen. Nun plant Verwaltungsratspräsident Hans Grunder Gespräche mit den umliegenden Gemeinden, welche im Moment das Hallenbad für das Schulschwimmen nutzen. Hier sieht Hans Grunder Potenzial. Dabei soll zuerst eine Opportunitätsrechnung (Möglichkeitsrechnung) erstellt werden, die aufzeigen soll, was es die Gemeinden kostet, wenn es das Forum nicht mehr geben würde. Die Resultate und mögliche Finanzierungsmodelle für die Investition und den Betrieb werden anschliessend mit den umliegenden Gemeinden und unter Einbezug der Gemeinde Sumiswald besprochen. Dazu würden ebenfalls Eigentums- und Betriebsmodelle gehören, erklärte Hans Grunder. Dieser Prozess soll bis Ende 2022 andauern. Ebenfalls ein Thema, welches der Verwaltungsrat in Angriff nehmen wird, ist die Sport- und Eventhalle. «Es besteht eine grosse Diskrepanz zwischen der Übernutzung am Abend durch die Vereine und der Unternutzung tagsüber, da wir keine Schulnutzung haben», erläutert Hans Grunder. Ein mögliches Nutzungskonzept soll mit allen interessierten Kreisen diskutiert werden.

Sorgenkind Hallenbad
Das grösste Sorgenkind jedoch ist das Hallenbad. «Die Schwimmbadtechnik ist alt und es ist jederzeit möglich, dass das Bad zugemacht werden muss. Es ist eine Zeitbombe», stellt Hans Grunder die Situation ungeschönt dar. Kostenpunkt für die Sanierung: 8 bis 10 Millionen Franken. Hierbei wäre es Grunder wichtig zu wissen, wie die Bevölkerung zum Forum Sumiswald steht, damit man das weitere Vorgehen definieren könne. Doch nicht nur das Hallenbad muss dringend saniert werden. Auch der Sauna- und Wellnessbereich entspreche den heutigen baulichen Massnahmen nicht mehr, zudem musste der Bereich kürzlich geschlossen werden, als bei einem medizinischen Vorfall bemerkt wurde, dass die Alarmierung nicht gut genug funktionierte. «Das Evakuierungs- und Rettungskonzept stammt aus dem Jahr 2003 und muss dringend überarbeitet werden. Es ist ein unhaltbarer Zustand», so Hans Grunder. Hier dürfe nicht gespart werden, ist der Verwaltungsratspräsident überzeugt und stellte in Aussicht, dass das neue Konzept bereits im März umgesetzt werden könne.

Restaurant mit Probelauf
Ein weiteres Sorgenkind ist das Restaurant. Während früher jährlich Umsätze zwischen zwei und drei Millionen Franken erwirtschaftet wurden, war es in den vergangenen vier Jahren nur noch rund eine Million. «Bei Lohnkosten von rund einer halben Million Franken und Warenkosten zwischen 300 000 und 400 000 Franken bleibt am Ende nicht viel übrig», rechnet Hand Grunder vor. In letzter Zeit habe das Restaurant sogar bis zu 200 000 Franken Verlust schreiben müssen. Die meisten Reklamationen, welche an das Personal getragen wurden, habe denn auch das Restaurant betroffen. «Es war der Wurm drin bis ‹hingenuse›», so Grunder. Doch das soll sich nun ändern. Für die Gastronomie wurde bereits eine Lösung gefunden, wenn auch nur auf Probebasis. Das Restaurant wird ab sofort durch das Gastrounternehmen VCJ Catering GmbH aus Weier geführt – zunächst als Versuchsbetrieb bis Ende April. Es soll die Grundlage liefern für ein zukünftiges und definitives Gastromodell. So wurde im Restaurant in den letzten Wochen gebaut, gestrichen und neu eingerichtet. «Wir wollten weg von der Kantinenatmosphäre, die Gäste sollen wieder gerne herkommen», erklärte der neue Gastwirt Christian Jakob. Tatsächlich präsentiert sich das neue Forum-Restaurant, die «La Onda Beach Bar», mit einem südländischen Touch, exotische Pflanzen sorgen für ein stilvolles Ambiente. «Es soll ein Ort sein, an dem man sich wieder treffen, am «Töggelikasten» spielen oder gemütlich zusammen ein Glas Wein trinken kann, einfach ein ‹place to be›», pries Christian Jakob sein neues Restaurant an. Ein Wechsel des bestehenden Gastroteams ist bisher nicht geplant, es wird lediglich durch zusätzliches Personal der VCJ Catering GmbH ergänzt. Um der Bevölkerung von Sumiswald für ihre Unterstützung des Forums zu danken, stellte Christian Jakob zum Schluss seiner Ausführungen jedem Bürger eine 10-Prozent Rabattkarte für die «La Onda Beach Bar» in Aussicht.

Neue Strategie noch dieses Jahr
Bereits seit drei Monaten ist der Verwaltungsrat an der Erarbeitung einer nachhaltigen Strategie für den Erhalt des Forums. Darin enthalten ist eine externe Begleitung, ein Einbezug von Kanton und Bund sowie wichtigen Kunden, kantonalen und schweizerischen Sportverbänden, der Regionalkonferenz Emmental, dem Gemeinderat Sumiswald sowie von Emmental Tourismus und der Herzroute. Während dieser strategischen Überlegungen wird neben vielen Möglichkeiten auch untersucht, welche Aufgaben das Forum im klassischen Sinne des Service Public (öffentliche Dienstleistungen und Infrastruktur) wahrnimmt und welche Aufgaben anderen, nicht der Öffentlichkeit dienenden Zwecken dient. Dabei spielen das Hallenbad, aber auch die grosse Sporthalle eine wichtige Rolle. Beim heutigen Zwischenstand kann zumindest unverbindlich gesagt werden, dass die Kernaufgabe, das heisst der Übernachtungssektor mit entsprechender Nutzung der Sportanlagen, wiederum das Kerngeschäft bilden soll.
Der Verwaltungsrat rechnet damit, dass er verschiedene Varianten bis Mitte Jahr dem Gemeinderat Sumiswald präsentieren kann. Auch dieser Prozess soll bis Ende 2022 abgeschlossen sein. Als oberste Priorität gelte deshalb, neben der Strategie-Entwicklung den Betrieb und die dazu nötige Liquidität bis 2023 sicher zu stellen. Bis auf weiteres werde deshalb auch die interimistische Führung bestehen bleiben, stellte Hans Grunder in Aussicht.

Von Marion Heiniger