• Huttwil hat seine altehrwürdige, bereits 95-jährige Wettersäule bei der Druckerei Schürch AG wieder. Wunderschön renoviert und voll funktionsfähig vermittelt sie seit wenigen Tagen wieder das Wettergeschehen in Huttwil und tritt damit erneut in Konkurrenz mit den Meteorologen um die besten und genauesten Wettervorhersagen. Anlässlich einer kleinen Feier wurde die Wettersäule eingeweiht oder ihr Comeback gefeiert. · Bild: zvg

11.10.2019
Huttwil

Das «i-Tüpfchen» der neuen Strasse

Huttwil hat seine altehrwürdige 95-jährige Wettersäule bei der Druckerei Schürch AG wieder. Wunderschön renoviert und voll funktionsfähig gibt sie seit Donnerstag wieder die Geheimnisse des Wetters preis. Wer sie versteht, kann aus ihr lesen. Sie hat mindestens genauso recht wie die Meteorologen. Unter Beisein von Sponsoren, Behördenmitgliedern, Interessierten und insbesondere des «Machers», des Chronisten und Präsidenten des Verschönerungsvereins Huttwil, Beat Lanz, wurde die Wettersäule am Donnerstag eingeweiht.

Huttwil · Einmal mehr dürfte es dem Huttwiler Chronisten Beat Lanz zu verdanken sein, dass dem Städtli eine Sehenswürdigkeit, eine alte Kostbarkeit, erhalten bleibt. Vielmehr eine, die insbesondere dank den Hauptsponsoren, der Burger-, Herder- und Einwohnergemeinde, einer Generalrevision unterzogen werden konnte. Denn als die Wettersäule wegen der Ortsdurchfahrtssanierung weichen musste, war bereits klar, dass man die Gelegenheit nutzen wollte, um sie bis zur Fertigstellung der Strasse zu renovieren.
Von Anfang an nahm sich Beat Lanz, Präsident des 1908 gegründeten Verschönerungsvereins Huttwil (VVH), mit viel Engagement der Sache an, kümmerte sich um die Renovation, zog den Wettersäulenspezialisten Karl Vögeli aus Degersheim bei, auf den er zufälligerweise durch eine Fernsehsendung gestossen war.
Schliesslich sorgte er dafür, dass das Geld für das Werk zusammenkam und koordinierte die aufwändige Renovation der Wettersäule zeitgleich mit der Strassensanierung.

Regionale Kunsthandwerker
Mit viel Liebe und Sorgfalt widmeten sich dem altehrwürdigen Stück auch regionale Kunsthandwerker, unter ihnen Ulrich Hausmann (Steinarbeiten), der Kunstschmied Roland Fornaro, der den neuen Meridian-Ring herstellte, Rosario Martignano, der den Ring vergoldete und schlussendlich auch die Bauarbeiter der Firma Gränicher, Huttwil, dank deren Sorgfalt und «Extraleistungen» die Wettersäule ihren neuen (alten) Platz fand.
Als Karl Vögeli die Wettersäule zum ersten Mal sah, habe er festgestellt: «Ihr habt hier etwas Spezielles!» Und auch in einem speziell guten Zustand. Mit anderen Worten: Es lohnte sich, das Werk in Angriff zu nehmen. Die Offerten ergaben allerdings eine stattliche Gesamtsumme, welche die Renovation kosten würde. «Den Betrag hätte der VVH nicht stemmen können», so Beat Lanz bei der Einweihung. Also klopfte er erfolgreich bei den Sponsoren an.
Die Wettersäule, wie sie einst nur gros-se Städte und Fremdenkurorte hatten, wurde 1924 realisiert. Es war eine Zeit, als Huttwil durch den Bahnanschluss an Langenthal, 1889, den Anschluss an die grosse Welt und damit auch den Aufschwung gefunden hatte. Davon wollte man profitieren, dem Volk aber auch etwas bieten. Die Idee für eine Wettersäule stammte laut Beat Lanz von den Vorstandsmitgliedern des Verschönerungsvereins.
Sie schufen etwas Schönes, Spezielles. Die Wettersäule ist im europäischen Wettersäulen-Inventar aufgeführt, ihre Renovation allein schon wegen des geschichtlichen Werts und ihrer Einmaligkeit gerechtfertigt – auch in der heutigen digitalen Welt.
Als Beat Lanz bekannt wurde, dass die Bahnhofstrasse saniert wird, setzte er sich mit dem Planer in Verbindung und stellte ihm seine Idee vor. Denn die renovierte Wettersäule sollte wieder freistehen, so wie sie es bis 1947 tat. «Es erstaunte und freute mich sehr, dass sämtliche Organisationen einschliesslich der Denkmalpflege meine Idee positiv aufnahmen. Damit kommt unsere Wettersäule jetzt wesentlich besser zur Geltung als vorher.»
Letztmals war sie 1992 renoviert worden. Damals wurde sie wegen der Warenanlieferungen der Druckerei nach hinten versetzt.

Erde und ihre Elemente
Die Wettersäule stellt zuoberst die Erdkugel mit dem goldenen Meridian-Ring dar. Gegen Norden zur Strasse gerichtet, thront unter der Kugel die Versinnbildlichung des «Blasers», also des Elements Luft, nach Osten das Element Erde, dargestellt durch ein Bündel Kristalle, auf der Westseite das Feuer in Form eines Flammenbündels und südlich das Wasser, symbolisiert durch einen Fisch mit aufsteigenden Luftblasen. Auf allen Seiten sind Geräte und Tafeln sichtbar: Das Thermometer, der Barograph und das Quecksilber-Barometer, unter dem Wasser-Symbol die Sponsoren-Tafel und die «Konstanten»-Tafel mit den Angaben über die Geographische Länge, Breite, Höhe über Meer und den mittleren Werten wie Barometerstand, Jahrestemperatur und jährliche Niederschlagsmenge.

Beni Büttiker als Betreuer
Als Betreuer der Wettersäule wurde Beni Büttiker bestimmt, ein gelernter Uhrenmacher und gleichzeitiges Vorstandsmitglied des VVH.
Beat Lanz wusste viel zu erzählen. Ein Geheimnis aber behielt er für sich. «Ich wollte nicht, dass die nächsten Versetzer der Wettersäule so enttäuscht sind wie wir. Wir haben die alten Fundamente genau untersucht. Nichts, aber auch gar nichts kam zum Vorschein.»
So legte er mit Hilfe der Strassenbauer eine Kiste mit aktuellen Dokumenten ein, ein «Sarkophag» für die Nachwelt. Über den Inhalt der Kiste gab er keine Auskunft. Die schmucke Wettersäule sei «Das i-Tüpfchen der neuen Strasse», sagte der anwesende Huttwiler Bauverwalter Beat Rickenbacher. Er mag mit seinen Worten den Nagel auf den Kopf getroffen zu haben.
Mit einem üppigen Apéro wurde die Einweihungsfeier abgeschlossen. Immer wieder aber lösten sich Leute aus der Gruppe und umringten das in neuem Glanz erstrahlende, top Funktionierende Huttwiler Wahrzeichen.

Von Liselotte Jost-Zürcher