Das Stadttheater löst den SC Langenthal ab
«Welch ein Theater!», so nennt sich die bis 9. April 2017 dauernde Sonderausstellung im Museum Langenthal zum Jubiläum «100 Jahre Stadttheater». Die Vernissage lockte viel Publikum an – und dieses zeigte sich fasziniert.
Tage nach der Finissage der Sonderausstellung «70 Jahre SC Langenthal» fand im Museum Langenthal die Vernissage von «Welch ein Theater!» statt. Die Ausstellung zum Jubiläum «100 Jahre Stadttheater Langenthal» ist spannend. Sie bietet Nostalgisches. So etwa eine Windmaschine, mit der man früher durch rhythmisches Drehen der Kurbel Windgeräusche erzeugt hat. Zu bewundern gibt es auch einen alten Souffleurkasten und besondere Lichtmaschinen.
Bei der Begrüssung zur Vernissage dankte Jana Fehrensen, Stiftungsratspräsidentin Museum Langenthal, den Verantwortlichen für das Aufräumen nach der SCL-Ausstellung und den Aufbau der Theater-Ausstellung in kurzer Zeit. Stolz zeigte sie den SCL-Dress mit der Rückennummer 1, den ihr nach der Finissage der SCL-Ausstellung Angela Kölliker, Leiterin Marketing und Kommunikation, als Zeichen der Wertschätzung geschenkt hat.
52 alte Bühnenbilder gefunden
Nun war die Reihe an Reto Lang, Leiter Stadttheater Langenthal, der an jene Zeiten erinnerte, als das Städtebundtheater Biel-Solothurn in Langenthal pro Saison zwölf Gastspiele gab. Lang wies darauf hin, dass es früher Sache des Theaters war, für die Bühnenbilder zu sorgen. So seien im Zuge der aktuellen Stadttheater-Sanierung prompt 52 alte Bühnenbilder zum Vorschein gekommen. «90 Prozent davon sind hoch schützenswert», so Lang, der für diese Ausstellung empfahl, das Kleintheater gleich rechts des Einganges zu besuchen, das dem Theater, das wir kannten, nachgebaut sei. Hier könne man von einem der sechs alten Sitze aus auf einer Leinwand Erinnerungen an unvergessliche Produktionen während 100 Jahren geniessen. Stadttheater-Leiter Reto Lang hatte noch eine Überraschung im Köcher. Im ersten Stock entsteht auf einem Parcours mit dem Titel «Der Weg des Regisseurs – eine Werkstatt» eine Aufführung. Alle sind aktive Theatergestalter und können sich in Abteilungen wie Bühnenbild, Kostüme, Backstage, Regiebüro und Probebühne einbringen. Zuletzt steht man als Regisseur im grellen Rampenlicht. Dies bei donnerndem Applaus.
Geringe Kosten für die Gemeinde
Stadtchronist Simon Kuert liess die 100-jährige Geschichte des Stadttheaters Langenthal Revue passieren, die mit dem Legat des 1909 verstorbenen Zürcher Stadtbaumeisters Arnold Geiser begann, der das erste Krematorium der Schweiz schuf und seinem Heimatort Langenthal für den Bau eines Konzert- und Theatersaales 100 000 Franken vermachte, was heute rund 1 Million Franken entspräche. Das Ganze war mit terminlichen Auflagen verknüpft, die Langenthal knapp einzuhalten vermochte. «Arnold Geiser war ein begnadeter Sänger», wusste Simon Kuert, der vorrechnete, wie der Bau finanziert wurde. Neben dem Legat Geiser von 111 000 Franken (inklusive Zinsen) seien freiwillige Beiträge von Bürgern (148 000 Franken) eingegangen. Der Männerchor habe 7000 Franken beigesteuert. Dank des Beitrags der Initianten für die Liegenschaft (20 000 Franken) seien 286 000 Franken eigene Mittel vorhanden gewesen. 370 000 Franken hätten die reinen Baukosten betragen. So hätten sich Baukosten von «nur noch» 84 000 Franken für die Gemeinde Langenthal ergeben.
«Weil am Theaterbau praktisch alle Langenthaler Firmen beteiligt waren, war die Arbeitslosigkeit während des Ersten Weltkriegs im damals 6000 Seelen zählenden Dorf geringer als anderswo», so der Stadtchronist. Von der Einweihung des Theaters am 17. Dezember 1916 mit dem Festspiel «Die Ruinen von Athen» (Libretto August von Kotzebue, Musik Ludwig van Beethoven) zeugt ein Programmblatt. Für die ersten Produktionen sorgten – wie von Geiser erhofft – Langenthaler Chöre, die sogleich die Oper «Das Glöckchen des Eremiten» aufführten. Am 17. März 1919 tagte erstmals der neue Grosse Gemeinderat im Theater. In Langenthal seien, so Kuert, teils gewagte Stücke inszeniert und gar als «Gefahr für die Sittlichkeit» betrachtet worden. Deshalb sei es vorgekommen, dass «berühmte Langenthaler» in der Pause den Heimweg antraten. 1930 bis 1950 sei das Langenthaler Theater zu einer Art Kongresszentrum geworden – für eidgenössische Tagungen und Jubiläumsfeiern.
Nach den Reden von Fehrensen, Lang und Kuert sahen sich die zahlreichen Vernissage-Besucher – unter ihnen Stadtpräsident Reto Müller (SP) und Gemeinderätin Helena Morgenthaler (SVP, Ressort Kultur und Sport) im Museum um, wo es viel zu entdecken gab. So ein aus dem Übungssaal stammendes Fresko von 1917. Titel: «Und alles lebt im Liede noch». Anderswo wird «nach 75 Jahren» auf die neue Programm-Struktur hingewiesen: «Wer vieles bringt, wird vielen etwas bringen.» Und nebenan «nach 90 Jahren»: «Produktionsstätte des professionellen Theaters Überland, Uraufführungsort des Tourneen-Theaters Überland.» Jemand sitzt auf der Polstergruppe Louis XVI aus der Requisitenkammer und blättert in alten Theater-Programmheften. Über dem Sofa steht ein Satz von Kabarettist Emil Steinberger zu Ehren des Stadttheater Langenthal, das kommenden Spätherbst nach der Sanierung in neuem Glanz eröffnet wird: Ich wünsche den Langenthalerinnen und Langenthalern, dass sie nach der Renovation mit einem ganz grossen Strahlen und einem lauten «Ohhh» den Saal betreten können.
Gut zu wissen: Die bis 9. April 2017 dauernde Sonderausstellung «Welch ein Theater!» im Museum Langenthal ist jeweils mittwochs und sonntags von 14 bis 17 offen. Programm: www.museumlangenthal.ch
Von Hans Mathys