• Über 170 Personen haben an der Feier zum nationalen Geburtstag auf dem Flüehli in Rütschelen teilgenommen und lauschten der Rede von Andreas Aebi. · Bild: Leroy Ryser

  • Der Marsch ab Schulhaus wurde von der Musikgesellschaft angeführt. · Bild: Leroy Ryser

  • Auch die Rütscheler Singlüt halfen bei der musikalischen Umrahmung des Events mit. · Bild: Leroy Ryser

03.08.2020
Oberaargau

Das Willensland Schweiz gelobt und gefeiert

Während der Bundesfeier in Rütschelen hielt Nationalrats-Vizepräsident Andreas Aebi eine begeisternde Lobeshymne auf die Schweiz. Das Konstrukt mit all seinen Besonderheiten sei weltweit einzigartig, funktioniere aber nur, weil sich die Bürger für das Gemeinwohl einsetzen.

Rütschelen · Um 20.30 Uhr war bei immer noch sommerlich warmen Temperaturen Abmarsch: Vom Rütscheler Schulhaus aus liefen rund 70 Personen, darunter die Musikgesellschaft, die Rütscheler Singlüt und Nationalrat Andreas Aebi, zum Aussichtspunkt Flüehli, wo die Bundesfeier von Rütschelen stattfand. Unterwegs spielte die Musikgesellschaft die Lieder «Bärner Musikanten» und «Gruss an Bern», während fleissig geplaudert wurde. Gemeinderat Fritz Leuenberger sollte später bemerken, dass der konstante Anstieg das Musizieren nicht einfach mache, weshalb er seine Musik-Kameraden lobend mit einem Dank erwähnen wollte.
Viel zu loben und danken hatte aber nicht nur der Gemeinderat, sondern auch der weitum bekannte Redner. Andreas Aebi, seit 13 Jahren Nationalrat, Landwirt, OK-Chef des Eidgenössischen Schwingfestes 2013 in Burgdorf, Familienvater, SVP-Politiker und in diesem Jahr sogar Vizepräsident des Nationalrates, hielt in der Folge eine begeisternde Lobeshymne auf die Schweiz – und immer wieder auch auf Rütschelen. Gleich zu Beginn sagte der 61-Jährige: «Ich habe eine volle Agenda und alles ist abgesagt. Ich freue mich deshalb sehr, hier sein zu dürfen.» Gleich ging es auch dem Publikum – über 170 Personen – welches die Leistung des durchführenden Dorfvereines mit spontanem Applaus lobte, als zwischendurch zur Sprache kam, dass der Event nur unter besonderem Einsatz und unter Einhaltung von zusätzlichen (Corona-)Regeln zustande kommen konnte.

Verantwortung für das Gemeinwohl
Eben ein solches Engagement sei in der Schweiz aber besonders wichtig, betonte Redner Andreas Aebi später. Es gehe darum, Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen, schliesslich sei dies die Grundlage, auf der die «Willensnation Schweiz» basiere. «Es ist der Wille eines jeden souveränen Bürgers, der dazu beiträgt.» Hier würden Konstrukte funktionieren, über welche andernorts nur der Kopf geschüttelt werde, so der Alchenstorfer weiter. «Wir sind durchaus etwas spezieller, verglichen mit anderen Ländern», sagte er und nannte ein Beispiel: «Während zwei Zürcher Ständeräte über eine Million Schweizer vertreten, vertreten zwei gleichwertige Glarner Ständeräte eine Region, die weniger Einwohner hat, als der Oberaargau.» Solche Tatsachen seien andernorts undenkbar und tragen hier zum Erfolg der Schweiz bei. Föderalismus als Staatsform sei fast unmöglich umsetzbar, klappe in der Schweiz aber besonders gut.

Das Beste geben
Auch dies gründe aber auf einem verantwortungsvollen Volk und dass es dies sei, habe es beispielsweise im Jahr 2012 bei der Volksinitiative für eine Woche mehr Ferien für alle getan. «Im Ausland würde es überall heissen: Wir nehmen sechs Wochen Ferien für alle. Wir Schweizer haben aber fürs Gemeinwohl entschieden, dass wir das nicht tragen können und sind bei fünf Wochen geblieben.» Diese politische Kultur müsse denn auch gefordert werden, ebenso wie die Selbstverantwortung. «Und genau das tun wir – obwohl es nicht einfach ist», sagte Aebi und nannte prompt ein weiteres Beispiel: «Als ich hier in Rütschelen im Militär war, brachte ein Vater aus dem Emmental seinen Sohn mit dem Auto hierher. Als dieser ausstieg habe ich gehört, wie der Vater ihm sagte: «Gib dein Bestes, damit du auch sagen kannst, woher du kommst. Das fand ich besonders toll.» Dazu passe auch das politische Motto, welches im Bundeshaus in Latein präsentiert wird: «Einer für alle, alle für einen». Eben dies gehöre zu diesem Land.

Zweiter Lockdown wäre nicht tragbar
Dieses brauche indes auch in Zukunft ein funktionierendes Milizsystem, ausserdem könne es sich einen zweiten Lockdown nicht leisten, meinte der Redner dann zum Schluss. «Es hat mir Angst gemacht, zu sehen, wie viel Geld in der Krise ausgegeben wurde. Wir stehen gut da, aber diese Menge an Geld muss erst wieder erwirtschaftet werden.» Ausserdem forderte er die Rütscheler dazu auf, «so weiter zu machen» und die Schönheit des Ortes und die gepflegte Umgebung im Dorf zu schätzen.
Immerhin an diesem Abend wurde dies rege getan, vielleicht auch weil dieser Event inmitten des Corona-Sommers Normalität versprühte, so gut es nur ging. Zwar sangen die Rütscheler Singlüt neben dem «Oberaargauer Lied» auch das Chanson «Sisch nümme die Zyt», aber trotz Abstandhalten und diversen besonderen Sicherheitsvorkehrungen, schien es fast, als wäre wieder diese Zeit. «Ich bin froh hatten die Rütscheler den Mut, den Event durchzuführen», sagte Andreas Aebi gegenüber dem «Unter-Emmentaler», die über 170 Besucher des Anlasses unterstrichen dies zudem deutlich.
Trotz drohendem Regen blieben die Besucher denn auch noch etwas länger sitzen, genossen die Festwirtschaft und die Gemeinschaft an diesem warmen Sommerabend am Nationalfeiertag.

Von Leroy Ryser