• Abschluss und Neuanfang: Mit einem Händedruck übergibt Hansjörg Muralt (links) das Amt als Gemeindepräsident an Walter Rohrbach. · Bild: Walter Ryser

01.12.2016
Huttwil

Defizit wuchs im Verlaufe des Abends

Das Gemeindebudget für das Jahr 2017, dessen Defizit im Verlaufe des Abends immer grösser wurde, sowie die Verabschiedung von Gemeindepräsident Hansjörg Muralt standen im Zentrum der von 85 Stimmberechtigten besuchten Gemeindeversammlung von Huttwil.

Noch bevor die 85 stimmberechtigten Huttwiler (2,45 Prozent der total 3471 Stimmberchtigten) an der Gemeindeversammlung im Saal des Hotel Kleiner Prinz über das Budget für das Jahr 2017 befinden konnte, gestand Gemeinderat Marcel Sommer (Ressort Finanzen), dass man beim Erstellen des Budgets einen gravierenden Fehler gemacht habe. So befinde sich ein Betrag von 229 100 Franken auf der Ertragsseite, der hier schlicht und einfach nichts zu suchen habe. Man sei von Stimmbürger Erich Stamm darauf aufmerksam gemacht worden. Erst kurz vor der Versammlung habe Marcel Sommer davon erfahren.
Was ist geschehen? Sommer erklärte, dass an der Gemeindeversammlung im Juni 2015 beschlossen worden sei, die Spezialfinanzierung EDV des Berufsschulhauses aufzulösen. Diesen Betrag habe man ins Budget 2016 einfliessen lassen. Und nun tauche dieser Betrag auch im Budget 2017 noch einmal auf, weil man schlicht vergessen habe, diesen zu stornieren.

Fluchtweg in der alten Turnhalle
Damit verschlechterte sich das vorliegende Budget auf einen Schlag, oder anders gesagt, das budgetierte Defizit wuchs in minutenschnelle von 337 440 auf 566  540 Franken an.
Doch nicht genug damit: Aus der Versammlung meldete sich Martin Stuker und beantragte, einen Betrag von 32 000 Franken im Budget 2017 vorzusehen. Damit solle in der alten Turnhalle ein Fluchtweg realisiert werden. Die Gebäudeversicherung Bern (GVB) hatte die Gemeinde darauf aufmerksam gemacht, dass aus feuerpolizeilichen Gründen in der alten Turnhalle keine Veranstaltungen für mehr als 200 Personen durchgeführt werden dürfen. Für eine Belegung mit 400 Personen wie früher müsste ein zusätzlicher Fluchtweg mit Fluchttüre realisiert werden, weil die Anordnung und Benutzung der Küche im Fluchtwegbereich nicht den Vorschriften und Bestimmungen der GVB entspreche.
Für Stuker ist es jedoch unerlässlich, dass die Gemeinde über eine zusätzliche Lokalität verfüge, in der Veranstaltungen und Events mit bis zu 400 Personen durchgeführt werden können. Seiner Argumentation schloss sich die Mehrheit der Anwesenden an, was zur Folge hatte, dass sich das vorliegende Budget noch röter gestaltete.
So wuchs das Defizit im Verlaufe der Versammlung auf stolze 598 540 Franken an. Gemeindepräsident Hansjörg Muralt entgegnete lediglich, dass die Realisierung dieses Fluchtweges damit noch nicht bewilligt sei. Dieser Entscheid obliege dann dem Gemeinderat, der das Begehren prüfen und behandeln werde. Das tiefrote Budget schmeckte einigen Huttwilern aber gar nicht. Adrian Schütz, Präsident der SVP-Ortssektion, rügte den Gemeinderat und sagte, dass er für dieses Budget sicher nicht die Note 6 verdient habe. «Betriebswirtschaftlich gesehen ist dieses Budget völlig ungenügend», kritisierte er. Er bezeichnete das Verhalten der Gemeinde als «Konsum auf Pump», zeigte sich aber zugleich versöhnlich und empfahl den Anwesenden, das Budget gleichwohl zu genehmigen. «Aber es kann nicht schaden, wenn man am Ende mit einem schlechten Gewissen den Saal verlässt», gab Schütz zu verstehen. Mit 71 Ja- gegen vier Nein-Stimmen wurde das Budget der Gemeinde Huttwil für das Jahr 2017 angenommen.
Marcel Sommer gab gegenüber den Anwesenden zu verstehen, dass sich der Gemeinderat der unbefriedigenden Ausgangslage bewusst sei. Mit dem neuen Gemeinderat wolle man den Finanzhaushalt der Gemeinde, der auch für die kommenden Jahre weitere Defizite vorsieht, genauer unter die Lupe nehmen. Erich Stamm zeigte sich von Sommers Worten aber wenig angetan und forderte deshalb unmissverständlich, dass der neue Gemeinderat etwas «Handfestes» präsentieren müsse und nicht bloss das Prinzip Hoffnung. «Ich möchte endlich einmal hören, welche Massnahmen man in Betracht zieht, um dem ungenügenden Selbstfinanzierungsgrad entgegenzuwirken», forderte er den Gemeinderat zum Handeln auf.
Danach wurde aber noch gefeiert.
Der scheidende Gemeindepräsident Hansjörg Muralt wurde von seinen Ratskollegen gebührend  verabschiedet. Eingeleitet wurden die vielen lobenden Worte mit einer musikalischen Darbietung von Schülern des Wahlfaches Musik.
Muralt bedankte sich für die Anerkennung und sprach von einer spannenden, interessanten und lehrreichen Zeit, die er an der Spitze der Gemeinde habe verbringen dürfen.

Von Walter Ryser