Dem Oberwaldschiessen droht das Aus
Weil den Wyssacher Feldschützen die finanziellen Mittel fehlen, um gemäss den gesetzlichen Vorschriften neue Kugelfänge zu montieren, haben sie eine Volksinitiative lanciert. Diese soll ihnen einen Beitrag von 36 000 Franken zusichern.
Wyssachen · Die Schiessplätze bereiten den regionalen Vereinen und Gemeinden weiterhin Sorgen. Bis 2021 darf per gesetzlicher Bestimmung nicht mehr in den Boden geschossen werden. Einzelne Schiessplätze müssen sogar saniert werden, bei anderen genügt die Aufrüstung auf einen modernen Kugelfang, der das Blei vor dem Eintritt ins Erdreich abfängt.
Das bereitet offenbar auch den Organisatoren vom Oberwaldschiessen Bauchschmerzen. Der geschichtsträchtige Schiessplatz zählt insgesamt 21 Scheiben, muss der Boden saniert und vom Blei befreit werden, wird es teuer. Die Sanierung ist aber nur ein Teil des drohenden Problems. Ohne die Montage von neuwertigen Auffangbecken darf nicht mehr geschossen werden, das Oberwaldschiessen würde damit im Jahr 2020 zum letzten Mal stattfinden. Dagegen will sich die Feldschützengesellschaft Wyss-achen wehren, weshalb sie bei der Gemeinde um Unterstützung angefragt haben. Diese sicherte immerhin 10 000 Franken zu, zugleich deckt dies aber nicht die kompletten Ausgaben.
Um beispielsweise vier Kugelfangkästen zu montieren dürften die Kosten selbst für Occasionsmaterial über 40 000 Franken steigen.
Historisches Kulturgut
Verpflichtet, diese Erneuerung zu tragen, ist die Gemeinde derweil nicht. Durch eine Zusammenarbeit mit Huttwil stellt sie bereits sicher, dass weiterhin genügend Schiessplätze vorhanden sind, damit die Wyssacher das Obligatorische schiessen können. Dass die Gemeinde erst kürzlich 75 000 Franken für die Sanierung in Huttwil gesprochen hat, weckt aber auch im Oberwald Begehrlichkeiten.
An der Hauptversammlung der Feldschützen hat der Gemeinderat durch den Gemeindepräsidenten Hans Peter Baltensperger über den Unterstützungsbeitrag von 10 000 Franken informiert. Noch bevor die Bitte um mehr Geld vom politischen Gremium untersucht werden konnte, wurde jedoch eine Volksinitiative vorbereitet. Diese fordert einen Gesamtunterstützungsbetrag von 112 000 Franken für beide Schiessplätze, 36 000 Franken sollen jenem im Oberwald zugute kommen. Den Schützen liegt es verständlicherweise am Herzen das von ihnen propagierte Kulturgut zu erhalten, ohne die Unterstützung der Gemeinde wird dies aber kaum möglich sein. Die 127 Unterschriften wurden bereits gesammelt und am 18. März der Gemeinde übergeben.
Verständlicherweise hoffen die Schützen nun auf die Unterstützung vom Wyssacher Volk, bis zuletzt auch an der Gemeindeversammlung, wo eine Volksinitiative behandelt würde, käme sie zustande. Bereits hier liegt aber die Krux begraben. Die Volksinitiative ist gemäss dem Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) ungültig, so ist es nämlich nicht möglich, mit einer Initiative zwei verschiedene Geschäfte zu behandeln. Ausserdem ist die Unterstützung für Huttwil bereits unter Dach und Fach. Werden die Beiträge aufgeteilt, genügt die Grösse des Betrages aber nicht, um eine Volksinitiative zu lancieren. Alles unter 75 000 Franken liegt nämlich in der Kompetenz des Gemeinderates. Aktuell wird deshalb geprüft, wie man mit diesem Geschäft weiter umgehen soll.
«Wir waren überrascht»
Gegen eine verstärkte Unterstützung wehrt sich grundsätzlich auch der Gemeinderat nicht, Gemeindepräsident Hans Peter Baltensperger wollte aber die Gleichbehandlung der Vereine wahren. «Wir haben die Argumente der Initianten wahrgenommen, müssen aber darauf hinweisen, dass wir alle Vereine gleich unterstützen wollen.» Ein solcher Beitrag, ohne gesetzliche Verpflichtung zu leisten, führe aber durchaus zur Ungleichbehandlung. «Wir waren etwas überrascht von der Volksinitiative, weil wir eigentlich so verblieben sind, das Thema im Gemeinderat ein zweites Mal zu behandeln», sagt Baltensperger weiter. In einer nächsten Sitzung wird die Situation nun weiter beurteilt, noch ist keine Lösung in Sicht.
Aussagen zurückgezogen
Die Schützen selbst haben den «Unter-Emmentaler» derweil auf die Volksinitiative aufmerksam gemacht, zogen es aber vor, die schriftlich gemachten Aussagen später wieder zurückzuziehen. Ihnen war unter anderem die zu wenig ausführliche Argumentation ihres Anliegens, die fehlende Anonymität und die Gleichbehandlung beider Meinungen ein Dorn im Auge. Der «Unter-Emmentaler» respektiert diese Meinungsänderung.
Zu hoffen bleibt indes für alle Parteien, dass immerhin der Boden nicht sanierungsbedürftig ist. Ein Gutachten wird zuletzt darüber entscheiden, ob das in den Boden geschossene Blei noch entfernt werden muss, alleine diese Untersuchungen werden nicht gerade kostengünstig. Ist die Sanierung zudem nötig, wird es erst richtig teuer und für den kleinen Verein und die Gemeinde nur schwer finanzierbar. Sowieso ist vorerst unklar, ob der Schiessstand im Oberwald auch nach 2021 eine aktive Zukunft haben wird.
Von Leroy Ryser