Den Oberaargauer Sport durchforstet
Unter der Initiative des Donnerstag-Clubs entsteht derzeit ein Nachschlagewerk über den Oberaargauer Sport. Auch wenn das Buch erst im Jahr 2021 erscheinen soll, befasst sich das Redaktionsteam bereits jetzt mit dem Schreiben einzelner Kapitel. Ausserdem wurde viel Material aus der Frühzeit des Sports erfasst.
Remo Rudiger, Präsident vom Donnerstag-Club Oberaargau ist zufrieden, wenn er über den Fortschritt seines interessantesten und grössten Projektes sprechen kann. «Wir haben das Redaktionsteam zusammengestellt und schon viel Material gesammelt. Unsere Arbeiten sind tatsächlich weit fortgeschritten», erklärt er. Seit der Donnerstag-Club die Finanzierung für das Oberaargauer Sportbuch sicherstellen konnte (der «Unter-Emmentaler» berichtete), ist einiges geschehen. In über 100 Jahrgängen vom «Langenthaler Tagblatt» und vom «Der Oberaargauer» wurde nach Berichten über den Regionalsport gesucht, ausserdem wurden die regionalen Sportvereine angefragt, ob geschichtliche Dokumente über ihren Verein vorhanden sind. Simon Kuert, Langenthals Stadthistoriker, trägt derzeit in seiner Funktion als Koordinator und Chefredaktor die Dokumente zusammen, wertet sie aus und sucht in weiteren Dokumenten nach frühgeschichtlichen Ereignissen im Oberaargauer Sport. «Ich habe beispielsweise per Zufall ein Bild vom Eidgenössischen Schwingfest im Jahr 1919 gefunden, welches in Langenthal stattgefunden hat. Solche Funde sind schon sehr spektakulär», erklärt Simon Kuert. Gerade Bilder seien, weil das Medium erst nach der Jahrhundertwende aufkam, schwierig zu finden. Auch deshalb ist die Suche noch nicht abgeschlossen, ein Grossteil der nötigen Dokumente ist aber bereits vorhanden.
Geschichte ist eher unbekannt
Im Allgemeinen sind Simon Kuert und seine Redaktionskollegen auf aussergewöhnliche Fakten gestossen. «Ich war überrascht, dass einzelne Sportarten die Jahre überdauert haben. Am Anfang standen Schützen- und Turnvereine, dann kamen Hornusser- und Schwingorganisationen. Schon früh gab es zudem einen Radfahrerverband, Laufveranstaltungen und einen Fussballclub. Gerade jene Sportarten waren sehr populär und sind es teilweise auch heute noch», erklärt Simon Kuert. Die Entstehungsgeschichte des Sports sei zudem interessant, auch weil eine politische Verbindung nicht abgestritten werden kann. «Sportvereine entstanden damals auf dem Grund der Liberalen Strömung, die 1848 zum Bundesstaat führte. Je nach Kanton waren Sportvereine zudem noch vermehrt mit dem kirchlichen Leben verbunden», erklärt Simon Kuert. Während seinen Recherchen habe deshalb auch er einiges neues erfahren oder Wissen aufgefrischt. «Es war spannend, zu sehen wie, wann und warum beispielsweise Arbeiterturnvereine wie der Satus entstanden. Auch die Tatsache, dass Sport bis zum ersten Weltkrieg ausschliesslich von Männern ausgeübt wurde, erscheint heute als speziell», so der Langenthaler Historiker weiter.
Remo Rudiger zeigte sich derweil überrascht, wie breit gefächert der Sport schon früher ausgeübt wurde und auch noch heute verübt wird. Die Lancierung, von Ehrenpräsident William Trösch angetrieben, habe sich deshalb gelohnt, ist Rudiger überzeugt. Das Interesse ist vorhanden. «Selbst in diesem kleinen Schweizer Teilgebiet wurden deshalb viele erfolgreiche Sportgeschichten jeglicher Art geschrieben. Bis heute sei die Anzahl Erfolgsmeldungen für dieses kleine Gebiet immens. Und darüber darf man auch schreiben.»
Events, Personen und Anekdoten
Diese Erfolge aufzuarbeiten, daran arbeitet nun ein Redaktionsteam mit mehreren langjährigen, erfahrenen Berichterstattern und Chronisten. «Viele Menschen treiben heute Sport, ohne die Geschichte des Sports zu kennen. Das ist eigentlich schade», sagt Simon Kuert. Mit dem Oberaargauer Sportbuch wolle man dem ebenfalls entgegenwirken. Das Sportbuch soll daher nicht nur den Ist-Zustand zeigen, sondern vielmehr als Zeitdokument für die nächsten Jahre dienen. Daneben sollen beispielsweise Illustrationen und Karikaturen den Inhalt auflockern, geplant sind ebenfalls Anekdoten und Portraits von wichtigen Sportpersönlichkeiten und Funktionären. Ebenfalls thematisiert werden Grossanlässe der Region wie die Radquer-WM in Melchnau oder die beiden Eidgenössischen Schwingfeste, die in Langenthal stattgefunden haben, daneben fand 1897 die erste Schweizer Militärreitsport-Meisterschaft und einige Jahre später eine der ersten Radschweizermeisterschaften im Oberaargauer Zentrum statt. Das zeige zweifellos, ist Remo Rudiger überzeugt, dass der Sport eine grosse Tradition hat und deshalb ein entsprechendes Interesse an diesem Buch vorhanden sein wird – «selbst im Online-Zeitalter». Die Vorfreude auf das Buch, das just zum 40-Jahr-Jubiläum des Donnerstag-Clubs im Jahr 2021 erscheinen soll, steigt deshalb mit jedem weiteren Schritt kontinuierlich an. «Bei mir ist es vor allem die Freude darauf, etwas geschaffen zu haben, dass es so noch nicht gibt», sagt Simon Kuert stolz. Das Buch soll einer ganzen Generation einerseits zur Unterhaltung, aber auch zur Information dienen, und im Gegensatz zu einer Zeitung einen nachhaltigenWert schaffen. Nachschlagewerke rund um die Schweizer Sportgeschichte sind rar, der Oberaargau – und damit der Donnerstag-Club – wird in diesem Bereich zweifellos eine Vorreiterrolle einnehmen.
Von Leroy Ryser