Den olympischen Spirit erlebt und weiterleben
Carole Howald, Curlerin aus Langenthal – Die Langenthalerin Carole Howald durfte für «Swiss Olympic» an einem Kongress der Internationalen Olympischen Akademie teilnehmen. Diese zweiwöchige Session ist absichtlich für junge Teilnehmer aller Länder ausgelegt, die den Olympischen Geist in ihre Heimat mittragen und Kontakte knüpfen sollen. Die 26-jährige Curlerin ist mit vielen neuen Erfahrungen und sichtlich begeistert zurückgekehrt.
Curling · Geplant hatte sie es nicht. Und Zeit hatte sie eigentlich auch nicht. Und schon gar nicht wusste sie, was die olympische Akademie überhaupt ist. Und dennoch war Carole Howald plötzlich als «Young Participant» (Dt: Junger Teilnehmer) eines Kongresses von der internationalen olympischen Akademie in Olympia, Griechenland, angemeldet. «Wir wurden vor der Schweizermeisterschaft darüber informiert, dass junge Sportler, Sportstudenten oder Funktionäre für diesen zweiwöchigen Event gesucht werden. Für mich war das gar nie ein Thema, weil ich Prüfungen hatte», erinnert sich die 26-Jährige. Kurz darauf wurde sie aber direkt und persönlich vom nationalen Curling-Trainer angefragt, weil er sie für die richtige Teilnehmerin hielt. «Er meinte, ich könne mich ja einfach bewerben – ob ich dann auch genommen werde, sei ja nicht sicher», erinnert sich die Langenthalerin. Und als sie sich über diesen Anlass genauer informiert hatte, war ihr klar, dass sie es dennoch versuchen möchte. «Es ist eine einmalige Möglichkeit. Deshalb habe ich es versucht.» Prompt wurde sie von Swiss Olympic zur Teilnahme ausgewählt. «Ich musste daraufhin Prüfungen verschieben und absagen, damit es klappen konnte», sagt die Sportstudentin. Heute blickt sie mittlerweile auf zwei ereignisreiche Wochen zurück, die sie nicht missen möchte. Obwohl sie eigentlich kaum Zeit dafür hatte, ist sie heute froh, dass sie sich diese genommen hat.
Enger Zeitplan
Gestartet hat der diesjährige Kongress der internationalen olympischen Akademie (IOA) am 1. Juni in Athen. Dort ist sie mit anderen jungen Teilnehmern aus rund 90 Ländern zusammengetroffen, ausserdem wurde sie von Jérémy Maillefer aus Lausanne als zweiten Schweizer begleitet. In der Folge erhielt sie ein Faltbüchlein mit dem Programm der nächsten Tage. «Da war mir rasch klar: Ein bisschen Ferien machen wird das nicht», sagt Carole Howald lachend. Der Zeitplan sei eng strukturiert gewesen, täglich seien mehrere Stunden für Seminare und Workshops reserviert gewesen, sportliche Wettkämpfe standen indes ebenso auf dem Programm, um den olympischen Geist nicht nur zu besprechen, sondern auch zu erleben. «Wir haben zahlreiche Vorträge von bekannten Persönlichkeiten gehört, Museen besucht, sehr viel diskutiert und Lösungen zu verschiedenen Themen gesucht.» Die meisten dieser Events haben unter den Themen «Olympismus» oder «Friedensförderung im Namen des Sports» gestanden, daneben hätten auch alle Teilnehmer ihre Länder vorstellen und ihre Probleme im Zusammenhang mit Olympismus darlegen können. «Es war beeindruckend zu sehen, welche Probleme andere Länder und Kulturen im sportlichen Leben kennen. Da wurde mir einmal mehr deutlich aufgezeigt, wie privilegiert unsere Situation in der Schweiz ist.» Eindrücklich seien indes auch Erfahrungsberichte gewesen, schliesslich hätten einzelne Teilnehmer Olympische Spiele sogar als Teilnehmer erleben dürfen. Etwas, das der Schweizer Curlerin und Weltmeisterin ihres Sports bisher noch verwehrt blieb.
Beeindruckender Moment in Olympia
Persönlich überwältigt war sie indes vom Ort Olympia. Mit der rund 170 Personen grossen Gruppe hat sie das Ur-Stadion der Olympischen Spiele besucht. «Wir sind der Rennbahn entlang gelaufen, wie es die ersten Sportler getan haben. Das war für mich ein sehr bewegender Moment», sagt Carole Howald. Über die Geschichte von Olympia und Griechenland habe sie in diesen Tagen viel erfahren, sodass dieser Moment in ihrem Gedächtnis haften blieb. «Ganz allgemein war die Atmosphäre sehr speziell. Als wir uns nach zwei Wochen verabschiedeten, flossen zahlreiche Tränen.» Immerhin sei die Gruppe auch zwischenmenschlich zusammengewachsen, in diesen zwei Wochen konnten zahlreiche Kontakte nicht nur auf sportlich-politischer, sondern auch auf persönlicher Ebene geknüpft werden.
Mit unzähligen Eindrücken und heller Begeisterung ist Carole Howald am 15. Juni zurückgereist. Ihr Auftrag ist damit aber noch nicht ganz abgeschlossen. «Einerseits mussten wir vor Ort die Schweiz vertreten und über unsere Strukturen referieren, andererseits mussten wir auch möglichst viel mitnehmen und an Swiss Olympic weitergeben», sagt Carole Howald. Deshalb würden nun noch Zusammenfassungen erarbeitet und Eindrücke verarbeitet, die sie in mündlicher und schriftlicher Form an die Verantwortlichen der Schweizer Organisation weitergeben muss.
Viele Pläne und Ideen
Sowieso will Carole Howald ihre Reise aber nicht einfach nur «abhaken» und beiseite legen. Einerseits sei sie erstaunt wie wenig in der Schweiz über die olympische Akademie bekannt ist, andererseits ist sie überzeugt, dass auch der olympische Gedanke wieder vermehrt thematisiert werden sollte. «Aktuell habe ich enorm viele Ideen und Pläne, die ich gerne verwirklichen würde, um dies zu ändern», sagt Carole Howald begeistert. Die Eindrücke müsse sie zuerst einmal sacken lassen und schrittweise verarbeiten. Gerne würde sie aber mit ehemaligen Teilnehmern Kontakt aufnehmen, sowieso wolle sie den olympischen Gedanken in ihrem sportlichen Alltag stärker gewichten. «Natürlich kannte ich den olympischen Gedanken schon immer. Es geht nicht immer nur um Medaillen. Es gibt auch nicht nur die schöne Seite von Olympischen Spielen. Und es gibt auch nicht nur den Event. Es geht auch darum, mit Sport den Frieden zu fördern, Kontakte zu knüpfen und einander auch nach den Spielen zu unterstützen. Ich denke, darauf bin ich nach diesen zwei Wochen stärker sensibilisiert.» Aktuell steht für die Sportstudentin aber neben nachzuholenden Prüfungen auch die Vorbereitung für die neue Curling-Saison bevor, und ausserdem will sie sich verstärkt für die Zukunft des Langenthaler Eissportes einsetzen. Und trotzdem sagt sie überzeugt, dass auch ihre Pläne, rund um ihre neu gesammelten Erfahrungen, einen wichtigen Platz haben werden. Fazit: In all ihren Lebenssituationen möchte sie den ursprünglichen olympischen Gedanken verstärkt hinaustragen.
Von Leroy Ryser