Denkwürdige Stätte öffnet die Türen
Das geschichtsträchtige, erhabene Schloss Trachselwald schrieb nach dem Auszug der Kantonalen Verwaltung Ende 2009 ein weiteres Kapitel, bis es nach Jahren wieder einer ihm würdigen Nutzung zugeführt werden konnte. Mittlerweile hat es nicht nur geschichtlich, sondern auch touristisch vieles zu bieten. Am Tag der offenen Tore, Samstag/Sonntag 18./19. Mai, erwartet die Gäste ein Festwochenende mit zahlreichen einheimischen Anbietern und Ausstellern und mit der gesamten Erlebniswelt
Schloss Trachselwald.
Trachselwald · Gastronomie, Events, Abenteuer und über allem geschichtliche Begebenheiten, die unter die Haut gehen und von denen das Schloss Trachselwald heute noch Zeugnis gibt: Hoch über Trachselwald, mit stolzem Blick durch das Tal und über die Hügel, bietet das Schloss eine kompakte, vielfältige und gleichzeitig einmalige Erlebniswelt. Noch vor wenigen Jahren war seine Zukunft allerdings ungewiss, wurde die geschichtsträchtige Stätte zwischen Kanton und Gemeinde hin- und hergeschoben.
Stets allerding lag das historische Bauwerk auch nach der Verwaltungsreform in Händen, die sich dessen geschichtlichen und kulturellen Werts und der Einmaligkeit als Zeitzeuge bewusst waren. Heute hat Emmental Tourismus den Auftrag des Kantons, das Schloss zu bewirtschaften und die Räumlichkeiten zu vermieten.
Mit den Tagen der offenen Tür wird erstmals in vollem Umfang präsentiert, was die Stätte inzwischen alles zu bieten hat.
Doch ein Blick zurück auf die Geschichte, auch auf die jüngste, dürfte angebracht sein, um den Wert dieses neu belebten Kulturguts aufzuzeigen. Mit der Bezirksreform auf das Jahr 2010 hin verschwanden der Amtsbezirk Trachselwald und damit auch das Regierungsstatthalteramt (Trachselwald) im Schloss, das Grundbuchamt, Betreibungsamt, Amtsgericht und weitere Verwaltungsstellen aus der unmittelbaren Region. Trotz damals bereits rund dreijährigen Bemühungen durch eine Arbeitsgruppe blieb die Zukunft des Schlosses Trachselwald vorerst ungewiss.
Gemeinden und Regierungsstatthalteramt waren sich allerdings einig, dass möglichst vieles von der geschichtlich überaus wertvollen Stätte erhalten bleiben sollte. Und: Man setzte alles daran, diese für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Burgdorf und Trachselwald als einzige überlebt
Die Burg Trachselwald hat – neben dem Schloss Burgdorf – als einzige der vielen Burgen des Emmentals die Jahrhunderte überlebt. Das Schloss erhebt sich 70 Meter über dem Dorf Trachselwald. Von aussen dominieren der Turm des Bergfrieds und das ursprüngliche Wohnhaus, der Palas. Die ältesten erhaltenen Teile des heutigen Schlosses können noch in die Zeit der Freiherren von Trachselwald, in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts, datiert werden. Dazu gehören der Bergfried, die hofseitige Hälfte des Palas und die Fundamente der Ringmauer. 1408 wurde das Schloss an die Stadt Bern verkauft, welche hier die Verwaltung der entstehenden Landvogtei einrichtete.
Ort der Tragödien
In mehreren Etappen wurde der Amtssitz im 16., 17. und 18. Jahrhundert bequemer eingerichtet und neuen Zwecken angepasst. Im Bergfried wurde ein Gefängnis eingerichtet. Insgesamt 71 Landvögte regierten im Laufe der Zeit auf dem Schloss. Unter einigen hatte das Volk ganz besonders zu leiden, so unter dem verhassten Landvogt Tribolet. Der letzte Landvogt auf Schloss Trachselwald, Daniel Samuel von Rodt, musste vor der Bevölkerung fliehen und das Schloss fluchtartig verlassen. Glücklicherweise blieb bei der Plünderung des Schlosses durch die Landbevölkerung das markante Gebäude erhalten.
Im 19. Jahrhundert wurde das Schloss nur notdürftig modernisiert. Sein heutiges, mächtiges Aussehen erhielt es von 1954 bis 1956, als es rigoros renoviert wurde. Unangetastet blieb bei dieser umfassenden Renovation einzig der Bergfried, der heute stummer Zeuge unzähliger menschlicher Tragödien ist. Unter vielen anderen wurde der Anführer der Bauernaufstände von 1653, Niklaus Leuenberger, in Trachselwald festgehalten, bevor er in Bern hingerichtet wurde.
Auch Vertreter der im Emmental verbreiteten und lange verfolgten Glaubensgemeinschaft der Täufer wurden im Trachselwalder Bergfried eingesperrt. Noch sind ihre kleinen, kalten, kargen Schläge erhalten; ebenso die Folterkammer neben der Zelle des legendären Niklaus Leuenberger.
Das Schlossgut beherbergte von 1835 bis 1876 eine Armenerziehungsanstalt, für deren Gründung sich Albert Bitzius eingesetzt hatte. An ihre Stelle trat von 1892 bis 1928 die kantonale Zwangserziehungsanstalt für Jugendliche, zu deren Zöglingen unter anderem der Volkskundler Emanuel Friedli und der Schriftsteller Carl Albert Loosli gehörten. Ab 1803 war das Schloss zudem Sitz des Regierungsstatthalteramtes. Markus Grossenbacher war der 16. und letzte Statthalter, der die Berner Regierung im Amt Trachselwald vertrat und der im Schloss seine Amtsgeschäfte führte.
Historisch unersetzlich
Noch um die Jahrtausendwende nahm das Schloss Trachselwald an Attraktivität und Besucherinteresse stark zu, stand zuletzt auch im Zentrum des Täuferjahrs 2007. Für das Emmental war der touristische Wert des Schlosses Trachselwald schon damals sehr wichtig.
Mit der geplanten Bezirksreform und den damit verbundenen gestrafften Verwaltungen wollten die Befürworter ab 2010 Verwaltungskosten sparen. Die Kosten für die dazu notwendigen Um- und Neubauten klammerten sie aus, denn aus dem Verkauf der leer werdenden Schlösser und historischen Gebäude versprachen sie sich satte 40 Millionen Franken. Rechtzeitig wurden die damaligen Ämter denn auch dazu angehalten, sich mit dem künftigen Nutzen der Schlösser zu befassen und vor allem eine potenzielle Käuferschaft zu finden.
Fünf historisch besonders wertvolle Liegenschaften, darunter auch das Schloss Trachselwald, bot der Kanton direkt den Standortgemeinden an. Aus dem erhofften Gewinn für die Staatskasse wurde nichts. Der Verkauf der Schlösser kam nur schleppend voran, und noch heute «plangt» der Kanton Bern auf den grössten Teil seiner erhofften 40 Millionen Franken.
Leicht machten es sich die Arbeitsgruppe, später der Ausschuss um das Schloss Trachselwald unter dem Präsidium von Markus Grossenbacher nicht. Unzählige Sitzungen und Abklärungen auch von Einzelpersonen – unter ihnen der damalige Trachselwalder Gemeindepräsident Christian Kopp – führten zwar zu klaren Vorstellungen einer zukünftigen Nutzung des Schlosses. Das Projekt scheiterte aber schliesslich am erhofften Stiftungskapital, für welches die Gemeinden des ehemaligen Amtsbezirks Trachselwald und zwei benachbarte Gemeinden hätten aufkommen sollen. Schlussendlich ging die historische Stätte an den Kanton zurück, der zusammen mit Emmental Tours AG die heutige Nutzungsvereinbarung traf.
Von Liselotte Jost-Zürcher